Ich mag ja Deutschland und mache gerne Urlaub in meinem Heimatland. Aber… so ein richtiges Reisegefühl stellt sich bei uns doch erst ein, wenn wir die erste Landesgrenze überquert haben. Wenigstens ein bisschen was davon hatten wir jetzt bei unserem herbstlichen Trip ins Allgäu, denn von Roßhaupten und Füssen aus ist es überhaupt nicht weit bis nach Österreich.
Tag 4 war der letzte volle Tag unseres kleinen Herbsturlaubs im KönigsCard-Land (Details zur Einladung im letzten Absatz). Und weil man von Roßhaupten keine halbe Stunde bis zur österreichischen Grenze fährt, und weil es auch jenseits dieser in Tirol eine Menge KönigsCard-Angebote gibt, haben wir uns einfach so einen vollen Tag in Österreich gegönnt.
Stippvisite in Reutte
Ohne Maut-Vignette (!) können wir bis Reutte fahren. Die kleine Stadt selbst erscheint uns nicht besonders hübsch auf unserer Stippvisite. Für eine nette Fußgängerzone oder schöne Plätze bleibt zwischen den Bergen offenbar kein Raum (oder wir haben einfach nicht gründlich genug gesucht).
Mehlspeisen und Kuchen in der Konditorei Valier
Was wir glücklicherweise finden, ist die Café Konditorei Valier am Untermarkt. Das Ambiente changiert irgendwo zwischen modern-funktional und traditionell-gemütlich. Hier gibt es nicht nur eine große Kuchenauswahl (die Sachertorte schmeckt sehr gut). Auch die für Österreich so typischen Mehlspeisen stehen auf der Speiekarte. Anna nimmt einen Germknödel (und ist sehr zufrieden), die Jungs teilen sich eine Portion Kaiserschmarrn (ihr Urteil: „Opas schmecken besser!“ – aber der haut auch so viel gute Butter an die heimischen Schmarrn, dass er wahrscheinlich noch mehr als die hier verlangen 7,50 Euro dafür berechnen müsste).
Burgenwelt Ehrenberg
Von Reutte aus ist es nicht weit bis zur Burganlage Ehrenberg. Vom Ort aus ist sie ausgeschildert, und von der Bundesstraße aus geht es direkt auf einen großen Parkplatz (Tagesticket 4 Euro).
Es ist ein wunderschöner Herbsttag mit blauem Himmel, der einzige in diesen Herbstferien für uns.
Trotzdem wollen die Jungs unbedingt zuerst ins Museum. Das ist keinesfalls ein staubiges Burgstüberl mit altem Zeug in Glasvitrinen, wie man sie andernorts mitunter noch zu sehen bekommt. Stattdessen betreten wir eine modern konzipierte Erlebnis-Ausstellung, die unter dem Motto „Dem Ritter auf der Spur“ gerade für Familien mit kleinen Kindern viel zu bieten hat.
„Ritter Rüdiger“ mit Ohrwurmpotenzial
„Niederschwelliges Angebot“ nennt man das in der Sozialarbeit, und manche Bildungs-Snobs (wie ich) sehen das schnell kritisch, wenn beim Edutainment die historische Korrektheit zugunsten der Unterhaltung auf der Strecke bleibt. „Ritter Rüdiger mit der langen Nase“ hat für mich persönlich einen so großen Nervfaktor (vor allem aufgrund des Ohrwurms, der in fast jedem Ausstellungsraum an der Kinderstation ertönt), dass ich mich gar nicht näher mit den Inhalten beschäftigt habe, ehrlich gesagt.
Die Jungs fühlten sich für die überzeichnete Figur schon zu groß, und da diese Schatzsuche im Museum extra kostet (2 Euro), habe ich sie nicht überredet.
Wir haben aber viele Kinder im Kindergartenalter und so 1., 2. Klasse gesehen, die mit Spaß bei der Sache waren.
Vom Pferdeknecht zum Ritter
Wir haben uns stattdessen auf Heinrich konzentriert, der als Pferdebursche das Herz einer adligen jungen Frau erringt. Da er als Ehegatte für sie freilich nicht in Frage kommt, begibt er sich auf Pilgerreise nach Jerusalem, um ausreichend Ruhm und Ehre zu erlangen.
Das ist Storytelling at its best: Seine „Briefe“ an die Geliebte zu Hause sind ebenfalls in jedem Ausstellungsraum zu finden und setzen die verschiedenen Bereiche des mittelalterlichen Lebens zu einer Geschichte zusammen. Burgenbau, Handel und Versorgungslage, Pest und Pilgertum sind nur einige der Themen, die die Ausstellung auf der Ehrenburg mit viel Liebe zum Detail und interaktiven Ausstellungsstücken lebendig macht.
Insgesamt ein schickes und stimmungsvolles Museum, in dem auch Mittelalter-Freaks wie wir noch etwas Neues lernen können.
Eintritt: 8 Euro für Erwachsene, 4,20 Euro für Kinder von fünf bis 15 Jahre, Familienticket (2+2) 19 Euro. Mit der KönigsCard kostenlos!
Öffnungszeiten: Täglich 9 bis 17 Uhr… Wie viel Zeit braucht man: In weniger als einer Stunde zu schaffen, bei etwas geschichtlichem Interesse besser zwei Stunden einplanen.
Schatzsuche auf der Burg Ehrenberg
Etwa eineinhalb Stunden später stehen wir wieder draußen auf dem unteren Burgplatz. Die Jungs liebäugeln mit dem Spielplatz, aber meine Freundin Anna und ich wollen jetzt endlich hoch in die Sonne.
Um die Jungs zum Wandern zu motivieren, investiere ich 5,80 Euro in die Outdoor-Schatzsuche, die ebenfalls im Museumsshop erhältlich ist: „Die Suche nach dem magischen Ehrenberg-Schwert“. Dafür gibt es ein Heftchen mit Stickern, die in der richtigen Zusammensetzung zu einer Schatzkarte geklebt werden müssen. Um herauszufinden, welche Aufkleber wo gebraucht werden, müssen die Kinder Fragen beantworten, deren Lösungen auf den Infotafeln auf dem Weg nach oben versteckt sind.
Ich finde ehrlich gesagt, dass man sich das Stickerheft getrost sparen kann, denn die Geschichten und Legenden auf den Tafeln wirken auch ohne Quizfragen motivierend genug (UND es gibt nach erfolgreicher Queste zur Belohnung eine CD an der Museumskasse, auf der der Ritter-Rüdiger-Ohrwurm-Wahnsinn weitergeht).
„Highline179“ und Panoramablick am Ehrenberg
Der Aufstieg zur „richtigen“ Burgruine (denn das Museum befindet sich in einem jüngeren Bau) verläuft über einen breiten Wanderweg, der sich für meinen Geschmack reichlich steril in Serpentinen nach oben windet. Aber er bietet Ausblicke in die bildschöne Bergwelt, und oben angekommen kriege ich mich kaum noch ein vor lauter Alpenidyll. Wenn ich jetzt noch richtig schön fotografieren könnte…
Wer möchte, kann auch die „highline179“ ausprobieren, die Hängebrücke, die sich von hier aus über das enge Tal spannt. Mit 406 Metern Länge ist sie die längste Seilhängebrücke der Welt. Unten vom Museum aus sieht sie wesentlich spektakulärer aus als nachher von oben, finde ich – aber ich Höhenmuffel hab natürlich auch nur auf dem Berg gestanden und runter geguckt, nicht auf der sachte schwingenden Brücke…
Die Hängebrücke zu betreten kostet acht Euro, für Kinder bis 14 Jahre 5 Euro, Familienticket (2+2) 24 Euro (ermäßigte Tickets gibt es nur im Besucherzentrum, nicht oben an den Automaten). Nicht in der KönigsCard enthalten.
Drüben auf der anderen Seite gibt es dann noch das Fort Claudia aus dem 17. Jahrhundert.
Burgruine Ehrenberg
Wir bleiben also diesseits des Tals und erkunden die wunderbar abenteuerliche Ruine der Burg Ehrenberg, die frei zugänglich ist (abgesehen vom Parkgeld).
Ihre Geschichte lässt sich über zahlreiche Infoschilder nachvollziehen, auf der unsere Jungs die letzten Hinweise für ihre Schatzsuche zusammenklauben. Das ganze Ensemble der Ehrenberger Klause (also alle Bollwerke zusammen, mit der der Alpenpass gesperrt und überwacht werden konnte) war einst eine der wichtigsten Zollstationen weit und breit.
Im hinteren Burghof stolpern die Kinder schließlich über das magische Schwert, das mit dem Lösungswort beschriftet ist.
Die Sonne senkt sich langsam hinter die sachte bepuderten Gipfel, und bevor es da oben allzu kalt wird, machen wir uns auf an den Abstieg. Eine Viertelstunde später stehen wir wieder vorm Museum und nehmen (die eine oder andere von uns zähneknirschend) die Ritter-Rüdiger-CD entgegen.
Ausstellung „Der letzte Wilde“ über den Lech
Ganz kurz vor Toresschluss schlüpfen wir dann noch in die kleine Natur-Ausstellung „Der letzte Wilde“, die sich dem Lech und seinem Lebensraum widmet. Auch hier bin ich durchaus angetan von der modernen Konzeption. Da mich Biologie und Geologie von Natur aus weniger interessieren als Geschichte, kann ich hier besser nachvollziehen, wie motivierend ein aufwändigeres Ausstellungsdesign wirken kann.
Ganz toll finde ich zum Beispiel die verschiedenen Flusskiesel, die durch Handauflegen von ihrer Herkunft und Entstehungsgeschichte zu erzählen beginnen. Auch die Jungs lauschen ein paar Minuten interessiert, bevor sie sich an der Strömungsanlage ans Experimentieren machen.
Eintritt: Erwachsene 5,50 Euro, Kinder 3 Euro, Familienticket (2+2) 12,80 Euro. Kombiticket „Der letzte Wilde“ und Burgmuseum einzeln 10,80 Euro, Familienticket 25,50 Euro. Für Inhaber der KönigsCard frei! Öffnungszeiten: täglich 10 bis 17 Uhr. Wie viel Zeit braucht man: Wenn man sich alles genau angucken möchte, braucht man ungefähr eine Stunde, schätze ich.
Der Vollständigkeit halber: Sonst noch am Ehrenberg
Es gibt auf dem Gelände der „Burgenwelt Ehrenberg“ (unter diesem Namen wird das ganze heute vermarktet) auch noch das Restaurant Salzstadel, über das ich allerdings nichts sagen kann, da wir nicht dort gewesen sind.
In der ehemaligen Kaserne aus dem 17. Jahrhundert kann man heute Ferienwohnungen und Pensionszimmer mieten.
Und es gibt noch die barocke Festung Schlosskopf, die über einen längeren Wanderweg erreichbar ist. Meine Verlegerin sagt, dass das der hübschere Weg ist, und wer genügend Zeit und lauffreudige Kinder mitbringt, wird bestimmt Spaß an der Runde haben. Sie ist auch in dem „Wander- und Erlebnisführer für Familien“ mit dem Titel „Allgäu mit Kindern“* enthalten (an dessen Neuauflage ich mich minimal beteiligt habe).
Buchempfehlungen zum Thema Mittelalter für Kinder
Übrigens: Wenn ihr für eure Kinder im Grundschulalter ein Vorlesebuch über Ritter sucht, das möglichst historisch korrekt ein Gefühl fürs Mittelalter vermittelt und dabei eine spannende Geschichte lesenswert erzählt, kann ich euch die Geschichte von Knappe Tom empfehlen: „Wie der tapfere Tom auszog, um Knappe zu werden“* von Terry Jones. Das humorvolle, aber keinesfalls alberne Buch des Historikers und Monty Pythen-Mitbegründers darüber, wie ein englischer Bauernjunge und später zwei sehr unterschiedliche Weggefährtinnen in die Verwicklungen des 100-jährigen Krieges geraten, haben meine Kinder (und Martin) geliebt und von Kindergarten bis 4. Klasse als abendliches Vorlesebuch drei Mal durchgelesen!
Weniger anspruchsvoll und auch im Kindergartenalter schon gut zu lesen ist natürlich „Der kleine Ritter Trenk“* von Kirsten Boie, das nicht zuletzt durch die Adaption fürs Fernsehen große Bekanntheit erlangt hat.
Mehr Familienurlaub im Allgäu
Hier geht es direkt weiter zu unseren anderen Erfahrungsberichten zum Familienurlaub im Allgäu.
- Allgäu: Bilderbuch-Familienurlaub im Herbst (mit der Königscard)
- Tag 1: Im Kletterpark und auf der Alpspitze
- Tag 2: In Roßhaupten mit Drachen und in Lechbruck mit Flößern
- Tag 3: Füssen ohne Schloss Neuschwanstein
- Tag 4: Kaiserschmarrn in Reuthe und die Burgwelt Ehrenberg
Transparenz-Hinweis: Dieser Artikel konnte dank einer individuellen Recherchereise auf Kosten der KönigsCard entstehen. Meine Eindrücke und meine Meinung gebe ich trotzdem authentisch und ungeschönt wieder. Es handelt sich daher um Unterstützung zur freien Recherche für journalistische Arbeit und nicht um Werbung.
Hilfe, ich bin jetzt fast neugierig auf Ritter Rüdiger!
Hihi, einfach mal hinfahren und Ohren aufsperren! :) Oder bei youtube nach „Ritter Rüdiger mit der langen Nase“ suchen und ersten Treffer anhören. ;)
also in Reutte gibts viel aber der Kaiserschmarrn kommt schon aus Wien Leute :-) muss ich ja als Wienerin wissen! Vielleicht gibts ihn dort aber „importiert“ :-) Netter ARtikel danke fürs Teilen
Na ja, für uns Deutsche ist ja Österreich kollektiv Kaiserschmarrnland. :) Dass sie eigentlich nur nach Wien gehören, ist mir neu. Aber gut, hier in Norddeutschland täte man sich ja auch schwer mit der Suche nach Eisbein und Sauerkraut.
Hallo zusammen,
vielen Dank für den tollen Beitrag und die schönen Fotos.
Der nächste Familienurlaub steht vor der Tür! Mein Mann, ich und unsere zwei Kinder freuen uns schon riesig, denn es geht nach Österreich. Auf der Suche nach Hotels bin ich auf diese Seite gestoßen: [Link zum Hotel entfernt.]
LG
Nadine
Liebe Nadine, ich glaube an das Gute im Menschen und bin fest entschlossen, dir kein absichtliches Linkdropping zu unterstellen. ;)
Wer sein Hotel auf family4travel vorstellen möchte, kann mich gerne anschreiben, vielleicht kommen wir dann ins Geschäft.
Allen Österreich-Urlaubern wünsche ich schöne Ferien!!