Die Bannockburn Experience hat nicht nur Fans. Auch ich weiß im Nachhinein nicht sicher, ob ich diese touristische Attraktion nun gut finde oder nicht. Fakt ist: Die Kinder hatten einen Heidenspaß. Unser Erfahrungsbericht zur Multimedia-Ausstellung der Schlacht am Bannockburn, die Schottland 1314 die Unabhängigkeit brachte.
Dieser Text ist Teil meiner Serie über unsere Schottland-Rundreise mit Kindern im Sommer 2017. Wir waren zu dritt, mit dabei waren meine Jungs Janis (13) und Silas (10).
Battle of Bannockburn Centre: Der erste Eindruck
Wir parken auf dem großen Parkplatz vor dem modernen Kasten, der die Bannockburn Experience enthält – immerhin kostenlos.
Drinnen stellt sich schnell heraus, dass wir noch warten müssen. Das Erlebnis gibt es nur gruppenweise zu festen Uhrzeiten. Auch in der Hauptsaison liegt mitunter eine ganze Stunde zwischen zwei Touren.
Battle of Bannockburn: Das Außengelände
Macht nichts: Dann sehen wir uns eben zuerst das Außengelände an. Immerhin handelt es sich hier um den Originalschauplatz der Schlacht. (Wobei die in der ganzen Ebene tobte.) Eine weitläufige Wiese ist mit befestigten Spazierwegen versehen. Dort, wo der Hang leicht abfällt und wir übers Land blicken können, thront ein Fahnenmast mit der schottischen Flagge. Genau hier soll sie auch damals gehisst worden sein.
Café und Shop im Battle of Bannockburn Centre
Nach zehn Minuten wären wir dann bereit für die Experience. Aber die Experience ist immer noch nicht bereit für uns. Die verbleibende Zeit schlagen wir uns im Shop um die Ohren (was wohl durchaus beabsichtigt ist).
Es gibt auch ein Café, das ganz hübsch eingerichtet ist. (Wenn man auf den nüchtern-modernen Stil steht, den das Gebäude auch von außen verkörpert.) Das erhöhte Preisniveau ermuntert mich aber nicht dazu, die Wartezeit dort zu verbringen.
Deutsche Audio-Guides für Kinder: Ja oder nein?
Dann ist es soweit. Wir schließen uns der Traube an, die sich vorm Eingang versammelt.
Die Jungs bekommen Audioguides, die ihnen eine deutsche Übersetzung abspielen sollen.
Schon bei der Ticketkontrolle spricht unser Guide die beiden an: „Are you sure you need those? You don’t understand me?“
„Yes, I understand you“, antwortet Silas selbstbewusst. „But I’m German.“
Der Guide freut sich. „If you understand me, you can put those things away. And you can play the game later. Do you want to join the Battle?“
Silas nickt begeistert.
Mit oder ohne Vorwissen in die Battle of Bannockburn Experience?
Die interaktive Wiederholung der Schlacht ist der Höhepunkt der Bannockburn Experience. Bis es soweit ist, öffnet sich aber erst einmal ein Vorhang auf einem Bildschirm. In einer netten kleinen 3D-Animation bekommen wir die Ereignisse nähergebracht, die zur Schlacht am Bannockburn führten.
Zum Glück haben wir uns vorher schon gut eingelesen in die schottische Geschichte. Aus diesen paar Minütchen Film im Stehen wären wir sonst nicht schlau geworden. Englischkenntnisse hin oder her.
Eher was für Schott*innen?
Überhaupt muss man sich bei der ganzen Angelegenheit bewusst sein, dass es von vorne bis hinten um ein sehr spezifisches Ereignis der britischen Geschichte geht, das beinahe ausschließlich Menschen in Schottland und England – vor allem in Schottland! – etwas bedeutet.
Als Entscheidungshilfe, ob sich ein Besuch der Bannockburn Experiece lohnt, kann man sich die Frage stellen: Würde ich mir eine interaktive Ausstellung zur Schlacht von Königgrätz ansehen? (Wer sich jetzt nicht sicher ist, was Königgrätz noch mal war, braucht eigentlich nur nach Bannockburn, wenn er oder sie verklärender glühender Schottland-Fan ist oder sich gerne mal ein Multimedia-Feuerwerk der Ausstellungstechnik ansehen möchte.)
Führung durchs Battle of Bannockburn „Museum“
Nach der filmischen Einstimmung begibt sich unsere Gruppe einen Raum weiter. Nun stehen wir mitten in einer virtuellen Schlacht. Von einem 3D-Bildschirm links legen Krieger in Lebensgröße ihre Langbögen auf uns an, von rechts kommen die Gegner herangestürmt.
Soundeffekte lassen akustisch Blut und Gedärm spritzen. Meine Jungs, 13 und 10, finden es cool. Ich finde es grenzwertig grausam. (Aber nun gut, es geht um die Darstellung einer Schlacht, in der Menschen getötet wurden.) Auf den Bildschirmen spritzt kein Blut. Der Soldat neben mir fällt mit einem Pfeil im Bauch einfach um.
Nachdem auch diese Vorführung vorüber ist, haben wir Zeit, uns individuell umzusehen. In der Mitte des Raumes befinden sich Nachbildungen der Waffen und Rüstungen. Alles darf angefasst werden (ist aber an der kurzen Leine festgebunden, um keine Spontankämpfe zu provozieren).
Auge in Auge mit Augenzeugen
Etwas abseits in separaten Gängen treffen wir mehrere Teilnehmende der Schlacht. Von Bildschirmen aus winken sie uns zu. Wenn wir uns auf dem Fußboden richtig positionieren und beim Zurückwinken den Bewegungsmelder treffen, beginnen sie mit dem Erzählen ihrer persönlichen Geschichte.
Alle Vorgestellten sind historische Personen, deren Schicksal Forschende rekonstruiert haben. James klagt sein Leid, wie der Hunger ihn zur Armee getrieben hat. Margaret erklärt schulterzuckend, die Engländer würden gut bezahlen, also diene sie ihnen auch als gebürtige Schottin im Tross. Über eine Art Not-Touch-Screen können wir verschiedene Fragen auswählen, die wir den geisterhaften Gestalten auf den Bildschirmen stellen.
Alle können wir nicht befragen, dazu reicht die Zeit nicht. Unser Guide trommelt die Gruppe zusammen. Es geht in den nächsten Raum. Wir nähern uns dem Höhepunkt. Gleich entscheiden wir die Schlacht von Bannockburn neu.
Selber mitkämpfen: Die interaktive Schlacht von Bannockburn
Beim Eintreten nennt der junge Mann jedem von uns eine Nummer, die wir uns merken müssen. Wer nicht mitspielen möchte, nutzt den Seiteneingang und kann nur zuschauend dabei sein.
Wir platzieren uns auf Hockern um einen großen runden Tisch. Der ist in Wirklichkeit ein Bildschirm, der das Gelände hier im Tal des Bannock repräsentiert. Und alle, die eine Nummer übernommen haben, sind soeben zu Befehlshabenden einer kleinen Einheit befördert worden.
Taktik für Anfänger
Die Hauptrollen – die der Kontrahenten König Edward II. und Robert the Bruce – hat unser Guide heute an zwei Brüder im Grundschulalter vergeben. Sie müssen als erstes taktische Entscheidungen treffen: Wo wollen sie sich postieren? Wollen sie lieber auf Sicherheit bedacht zurückbleiben? Oder wollen sie die Moral ihrer Soldaten stärken, indem sie ganz vorne mit dabei sind, wie Volksheld Robert the Bruce es getan haben soll? Unser heutiger Schottenkönig ist vorsichtiger: Er zieht sich auf einen Hügel zurück.
Der Reihe nach kommen dann alle anderen Mitspielenden dran. Insgesamt drei Mal dürfen wir eine taktische Entscheidung treffen. Ich befehlige eine Reiterstaffel auf Seiten Englands. „Wir“ sind der schottischen Armee zahlenmäßig mit fast 20.000 Mann weit überlegen. Silas kämpft irgendwo an meiner Seite mit seinen Fußsoldaten.
Janis ist auf der schottischen Seite gelandet und führt dort ebenfalls das Kommando über ein berittenes Heer. Von uns drei Deutschen trifft er mit Abstand die qualifiziertesten Entscheidungen. Es sind eigentlich nur simple Multiple-Choice-Antworten, die der Guide für uns in den Computer loggt. Für jüngere Teilnehmer und solche mit ausbaufähigen Englischkenntnissen vereinfacht der junge Mann die Fragen noch, sodass der Ablauf flutscht und keine ellenlangen Pausen entstehen.
Und plötzlich ist mein Teeny Kriegsheld
Mein 13-Jähriger füllt seine Rolle aber voll aus. Er begründet seine Entscheidung sogar noch, seinen König zu schützen. Ich sehe, wie in der Folge die Balkenanzeige seiner „Lebenskraft“ immer weiter nach unten geht, seine Einheit aber tapfer all den vormarschierenden englischen Einheiten standhält.
Als grün-romantische Pazifistin bin ich nun wirklich nicht anfällig für Kriegsheldenverehrung und all den Blödsinn. Aber ich erwische mich doch dabei, wie ich ein bisschen stolz bin auf meinen Sohn, der da mit wildentschlossen vorgerecktem Kinn zwischen fremden Menschen auf der anderen Seite des Raumes sitzt und gerade einen Krieg gewinnt.
Silas und ich sind zu diesem Zeitpunkt schon längst aus dem Spiel. Ich hab die Geländebegebenheiten nicht beachtet und meine Reiter zwischen Hügelkuppe und Bach eingeklemmt. Silas hat seine Soldaten souverän direkt in den Untergang geführt.
In der letzten Runde erlischt auch der Name von Janis‘ Heerführer, nachdem er sich noch einmal vor seinen Herrscher geworfen hat. Aber sein König lebt!
Schottland gegen England: Wer gewinnt diesmal?
„Endlich haben die Schotten mal wieder gewonnen“, bemerkt unser Guide nur mittelmäßig leidenschaftlich, während sich einige Besucher in die Arme fallen. Normal sei das nicht, bestätigt er auf Nachfrage. In neun von zehn Fällen siegten die Engländer, was bei den materiellen und personellen Voraussetzungen der Schlacht am Bannockburn ja auch nicht verwunderlich sei. Verwunderlich sei die historische Realität. Und dass Schottland mit seinen 5.000 Mann heute sogar mit einem anderen Ansatz als dem damaligen gewonnen hätte.
Natürlich nährt das Janis‘ Stolz gewaltig. Er verlässt die Ausstellung in der Überzeugung, dass er gerade die Ehre Schottlands gerettet hat.
Mein Fazit: Lohnt sich die Battle of Bannockburn Experience?
Wie schon in den ersten Sätzen gesagt, bin ich nach wie vor unschlüssig.
Als historisch Unbeteilige ist die Sache ein Spaß. Ich habe schon das eine oder andere gelernt, indem ich den Bildschirm-Menschen zugehört habe.
Aber es ist auch eine recht brutale Inszenierung – eines Ereignisses, das nun einmal eine brutale Schlacht war. Man darf sich ab und zu schon mal bewusst machen, dass die Geschichte nicht nur aus Abenden am Lagerfeuer und der „guten alten Zeit“ besteht, sondern sehr oft dreckig, blutig, schmerzhaft war.
Die Battle of Bannockburn Experience aus Kindersicht
Das sagt Janis (13): Ich finde es sehr gut. Nicht nur Kinder können hier Spaß haben, auch Erwachsene. Ich habe keinen gesehen, dem die Schlacht nicht Spaß gemacht hätte. Nur der englische König war am Schluss vielleicht ein bisschen niedergeschlagen, weil sein Bruder ihn besiegt hat. Die Ausstellung war auch ganz gut, aber ein bisschen mehr Zeit hätte ich gerne gehabt. Gelernt habe ich eigentlich nichts. Ich würde es jetzt nicht „Museum“ nennen, eher irgendwie „War Play House“ oder so. Wenn man den vollen Preis bezahlen müsste, fänd ich es ein bisschen teuer für das, was man kriegt. Insgesamt finde ich es aber sehr empfehlenswert.
Das sagt Silas (damals 10, heute 11): In diesem Museum gibt es faszinierende Technik, aber man lernt nicht wirklich was. Ich würde es nicht für Kinder unter zehn empfehlen, weil es an manchen Stellen echt blutrünstig ist. Man sah zwar kein Blut, aber man sah schon die Pfeile im Bauch der Leute, die in 3D quasi neben einem standen. Wenn man nicht weit weg wohnt oder sowieso dran vorbeikommt, lohnt sich der Besuch. Ich würde aber jetzt nicht eine ganze Stunde dafür fahren.
Praktische Infos zur Battle of Bannockburn Experience
Adresse (fürs Navi): Glasgow Road, Whins Of Milton, Stirling, Stirlingshire, FK7 0LJ
Öffnungszeiten: Das Visitor Centre ist täglich (außer an ganz hohen Feiertagen) ab 10 Uhr geöffnet. Die letzte Tour startet um 16 Uhr.
Update: Tatsächlich sind die Eintrittspreise 2024 laut Website niedriger als 2017. Ich weiß nicht, ob das eine Reaktion auf zurückgehende Besucherzahlen ist, oder ob der Inhalt abgespeckt wurde. Es macht mich aber etwas stutzig.
Eintritt: Ein Familienticket (2+4) kostet im Jahr 2024 24 Pfund. Einzeln zahlen Erwachsene 8,50 Pfund und Kinder bis 16 Jahre 7 Pfund. Mitglieder des National Trusts (for Scotland oder auch England) haben freien Eintritt.
Tickets reservieren: ist laut Homepage sinnvoll, da die Plätze jeder Führung begrenzt sind. Wir sind mitten in der Hauptsaison einfach so aufgetaucht und sind trotzdem in der nächsten Tour untergekommen.
Kinder auf dem Schlachtfeld: sind meiner Meinung nach nur so eine mittelgute Idee. Der National Trust empfiehlt den Besuch erst ab sieben Jahren. Ich ab zehn.
Dauer: Die Führungen inklusive interaktiver Schlacht dauern 75 Minuten.
Mehr Infos: Betreiber-Webseite (auf Englisch).
Mehr Schottland mit Kindern
Viele weitere Tipps für Familien gibt es in unserem Reiseführer „Schottland mit Kindern„.* Das kompakte Buch deckt den Westen Schottlands ab der Linie Glasgow – Inverness ab und schließt auch viele Inseln mit ein. Für unsere Wander- und Entdeckertouren gibt es detaillierte Wegbeschreibungen zu den schönsten Orten für Kinder – samt Karte.
Aktuell arbeiten wir an der zweiten Auflage und kontrollieren dafür alle Touren. Wichtige Änderungen notieren wir bis zum Druck der Neuauflage im Blog des Naturzeit-Verlags.
Auch hier im Blog gibt es in mehr als 30 Beiträgen reichlich Informationen über Reise- und Ausflugsziele vor allem im Südwesten Schottlands. Einen Überblick mit Links zu allen Artikeln gibt es hier:
Schottland mit Kindern: Unsere gesammelten Erfahrungen
Transparenzhinweis: Als Blogger hatten wir für die Zeit unserer Schottland-Rundreise eine kostenlose Presse-Mitgliedschaft im National Trust und mussten in der Battle of Bannockburn Experience deshalb keinen Eintritt zahlen. Von dieser Tatsache haben wir unsere Meinung nicht beeinflussen lassen.
Danke für diesen Bericht – wir planen gerade unsere Schottlandreise für 2025 und ich hatte das online schon gesehen und mich gefragt, was man darunter verstehen soll! für meinen Mittelalter und Kampfbegeisterten 9-jährigen Sohn wird das sicher toll ^^
Viel Spaß! Ja, es kann genau das Richtige sein. Man sollte nur wissen, was einen erwartet.