[Reiseblogger-Kooperation] „Ihr fahrt nach Sachsen in Urlaub? Ernsthaft?! Na, da werdet ihr ja bestimmt schön braun…“ Ich weiß nicht, wie oft ich solche und ähnliche Sprüche gehört habe, wenn ich von unseren Plänen für die Herbstferien erzählt habe. Spätestens seit den Ausschreitungen in Chemnitz haben so viele meiner Mitmenschen ein festes Bild von Sachsen im Kopf, und Familienurlaub kommt darin gewiss nicht vor. Schade, denn das kleine Bundesland mit dem schlechten Ruf hat so viele schöne Ecken zu bieten und, ja, auch so viele nette und aufgeschlossene Menschen. Wir haben uns große Mühe gegeben, genau hinzugucken, und unterm Strich waren wir tatsächlich ziemlich begeistert.
First things first: Unser Familienurlaub in Sachsen war eine Kooperation mit der Tourismus-Marketing-Gesellschaft Sachsen (TMGS). Das heißt: Wir wurden eingeladen, um anschließend als Reiseblogger berichten zu können. So etwas ist durchaus üblich (auch im Print-Journalismus, lange bevor es Blogger gab). Ich gebe das immer spätestens unten im „Transparenz-Hinweis“ am Ende eines Artikels an. Diesmal sage ich es lieber gleich, denn ich habe Bedenken, dass es die mit den festgefahrenen Vorurteilen in den falschen Hals bekommen könnten. Denn die TMGS hat uns zwar die Unterkünfte ausgesucht und gebucht und das Programm in Absprache mit mir organisiert. Sie hat uns dabei aber genügend Raum für eigene Recherchen gelassen. Und inhaltlich darf sie mir in meine Berichterstattung gar nicht reinreden, sondern muss hoffen, dass das von ihnen auf die Beine gestellte Gesamtpaket in Kombination mit dem, was wir links und rechts wahrnehmen und verarbeiten, am Ende einen überzeugenden Output liefert.
Familienurlaub in Sachsen
Dieser Artikel hier ist ein erster Rundumschlag, den ich direkt nach unserem Recherche-Urlaub als Zusammenfassung und aktuellen Stimmungsbericht im Herbst 2018 geschrieben habe.
Seitdem sind weitere Berichte über unsere einzelnen Stationen entstanden, die sich ausführlicher mit unseren Reisezielen beschäftigen. Die gibt es hier:
- Leipzig mit Kindern: Unser Programm für einen Tagesausflug
- Neuseenland: Urlaub im Grünen ganz dicht bei Leipzig
- Belantis: Mit Kind und Teen im Freizeitpark bei Leipzig
- Familienurlaub im Vogtland: 8 Ideen für tolle Ausflugsziele
- Familienurlaub im Vogtland: Schöneck (mit Hotel-Tipp)
Das Leipziger Neuseenland
Erste Station unserer vollen Woche Familienurlaub in Sachsen ist das Neuseenland. Bevor die Tourismus-Damen mir die Region rund um Leipzig bei unserem ersten Gespräch auf der Berliner ITB vorgestellt haben, wusste ich nicht einmal, dass es sie gibt.
Da, wo vor der Wende und teilweise bis vor kurzem gigantische Bagger im Braunkohletagebau riesige Flächen in hässliche Mondlandschaften verwandelten, ist inzwischen ein recht ansehnliches Naherholungsgebiet entstanden. Die meisten Gruben sind geflutet und haben sich in Badeseen verwandelt. Drum herum ist alles grün. Die oft beschworenen und häufig verfluchten „blühenden Landschaften“ – hier sind sie Realität geworden.
Drei Tage lang wohnen wir im Ferienpark Auenhain am Markkleeberger See. Dort beziehen wir ein ausgesprochen hübsches Ferienhaus. Das Wetter ist bombastisch. Bei über 20 Grad mitten im Oktober hüpft Silas sogar noch mal in den Badesee, der praktisch direkt vor unserer Haustür liegt. Wir leihen uns Fahrräder und sausen über prima ausgebaute Radwege um die zahlreichen Wasserflächen und durch hübsch zurechtgemachte Städtchen.
Dabei fällt uns auch auf, wie gut es den Leuten hier im Leipziger Speckgürtel zu gehen scheint. So viele dicke Autos und Designer-Jacken sehen wir zu Hause im Schaumburger Land jedenfalls nicht. Schon ist das erste Vorurteil widerlegt.
Ausflug nach Leipzig
Vom höchsten Punkt unserer Fahrradtour können wir das Völkerschlachtdenkmal sehen: Bis Leipzig ist es nicht weit. Entsprechend verbringen wir einen vollen Tag in der (mit Ausnahme von Berlin) größten Stadt im Osten Deutschlands.
Leipzig begeistert uns. Alles wirkt so neu und sauber und irgendwie so kultiviert. Wir lernen viel über Geschichte und Charakter der kleinen Metropole, denn wir schließen uns einer ziemlich gut gemachten Stadtführung an („Leipziger Geschichte und Geschichten“). Unser Höhepunkt ist ein kulturell-kulinarischer, denn mittags speisen wir im gleichermaßen vornehmen wie rustikalen Ambiente von Auerbachs Keller.
Anschließend geht es in den Zoo. Der nächste von uns zu Hause aus ist der Weltklasse-Zoo in Hannover, und bei Oma und Opa um die Ecke ist der hoch prämierte Rostocker Zoo mit Darwineum. Obwohl wir dadurch arg verwöhnt sind, bezaubert uns der Leipziger Zoo mit seiner großen Menschenaffen-Anlage und dem subtropischen Gondwanaland. Ein Nachmittag ist eigentlich viel zu wenig!
Inzwischen habe ich auch einen ausführlichen Bericht über Leipzig mit Kindern geschrieben.
Ein Abstecher nach Chemnitz
Nach so vielen Highlights kommt mir der Verdacht, dass wir hier nur die absolute Schokoladenseite Sachsens vorgeführt bekommen. Und ich meine, klar, wenn man Urlaub macht, sich entspannen und eine gute Zeit verbringen will, dann will man doch auch genau die sehen. Die wenigsten Leute fahren nach Mallorca (um mal beim Klischee zu bleiben), um dann in den Hinterhöfen die vollen Mülltonnen zu fotografieren.
Trotzdem: Wenn meine Mission schon lautet, Sachsens Urlaubstauglichkeit zu testen, dann möchte ich auch einen Blick hinter die Kulissen werfen. So beschließen wir, unseren halben programmfreien Tag für einen Abstecher nach Chemnitz zu nutzen (no pun intended).
Auch über diesen Stadtspaziergang möchte ich noch einen ausführlichen Blogpost schreiben, irgendwann demnächst. Die Kurzversion lautet: Statt grauer Tristesse und gedrückter oder gar bedrohlicher Stimmung finden wir eine überraschend sehenswerte und bunte Stadt vor. Hätte ich echt nicht gedacht.
Natürlich waren wir auch nur im Stadtzentrum und dann am Kaßberg, weil ich von den Jugendstilvillen dort gelesen hatte. Hätte ich auf Teufel komm raus einen schlecht gelaunten Verriss schreiben wollen, hätte ich sicher in den Neubau-Platten der äußeren Bezirke reichlich Material gefunden. Aber ernsthaft, aus Urlaubersicht lohnt auch Chemnitz einen Ausflug!
Vier Tage Vogtland
Dann ist es Zeit für vier volle Tage Vogtland (oder na ja, dreieinhalb waren es nach Chemnitz noch). Die Region südlich von Gera und nördlich von Franken kannte ich als Schwiegertochter echter Thüringer nur insofern, als dass es dort bei dialektbedingten Verständigungsschwierigkeiten immer hieß: „Dann geh erst noch ins Vogtland, da verstehst du dann ja gar nichts mehr!“
So schlimm war es dann aber überhaupt nicht! Dialektmäßig nicht, und ansonsten schon gar nicht. In der Tat hat mir unser Vogtland-Teil von der Gegend und dem Programm her am besten gefallen.
Untergebracht sind wir in dieser Zeit im „IFA Schöneck Hotel & Ferienpark“, in Sachen Familienurlaub das erste Haus am Platze. Für unseren persönlichen Geschmack bedeuten solche Bettenburgen immer ein bisschen zu viel Trubel, aber dafür ist dann alles da, was man sich als Familie für einen Urlaub wünschen kann. Die Jungs lieben den Kletterpark direkt vor der Haustür, und die Aussicht vom Balkon ist wahrlich wunderbar.
Am tollsten finde ich die vielen kleinen Entdeckungen, die in diesen Tagen auf unserem Programm stehen. Ich hatte zum Beispiel keine Ahnung, dass die Gegend um Markneukirchen und Klingenthal so sehr vom Instrumentenbau geprägt ist, dass volle 126 Betriebe sich damit beschäftigen.
Ganz angetan bin ich auch von dem kleinen Vogtländischen Freilichtmuseum in Landwüst. Martin und Janis gehen völlig auf in der Raumfahrtausstellung in dem Nest mit dem zauberhaften Namen Morgenröthe-Rautenkranz. Silas liebt die Sommerrodelbahn (Janis auch).
Und alle sind wir hellauf begeistert von dem ebenso liebe- wie geschmackvoll eingerichteten kleinen Café „Ellies Kaffeestube“ in Schöneck, wo wir einkehren, um meinen 36. Geburtstag zu feiern.
Den ausführlichen Bericht übers Vogtland mit Kindern gibt es inzwischen auch.
Und was ist jetzt mit den Nazis?
Da redet sie die ganze Zeit davon, dass man Sachsen nicht auf sein Nazi-Problem reduzieren sollte, und dann macht sie es selber, indem sie doch immer wieder darauf zu sprechen kommt. Das nehmen mir die Sachsen jetzt sicher (mit einiger Berechtigung) übel.
Aber ich habe auch das Gefühl, vielen von ihnen ist gar nicht so bewusst, wie sehr sie in unseren (nordwestlichen) Breitengraden damit in Verbindung gebracht werden. Es ist vielleicht ein bisschen so wie in den Städten mit den vielen Hundehaufen auf den Bürgersteigen (Quedlinburg, Wismar und Nexø werden mir damit auf ewig schlecht im Gedächtnis bleiben, egal wie schön die Städte anderweitig auch sind). Man sagt sich: Ja, ist doof mit der braunen Sch*** hier an vielen Ecken, aber ist ja nicht meine, ich kann nichts dafür, und man weiß ja, wo die Haufen liegen und kann drumrum gehen, anderswo gibt es auch welche, und trotz allem ist es doch schön hier! Und irgendwann hat man sich so dran gewöhnt, dass man sie selbst nicht mehr wahrnimmt.
Das ist vielleicht die eine Hälfte der Wahrheit. Die andere ist, dass ich in einer Woche genau zwei Nazis gesehen habe, denen ich ihre Gesinnung an der Nasenspitze (oder besser gesagt an Bomberjacke, Lonsdale-Pulli und fehlender Frisur) angesehen habe. Die warteten in Leipzig am S-Bahn-Gleis auf denselben Zug wie wir, und das kann einem in Hannover oder sonstwo genauso passieren.
Warum man gerade jetzt in Sachsen Urlaub machen sollte
Natürlich ist das noch nicht das Ende vom Lied. Die Wahlergebnisse sprechen für sich, und dass da was im Argen liegt (freilich nicht nur in Sachsen, das ist da ja nur die Spitze eines Eisbergs), lässt sich nicht wegdiskutieren.
Aber so schlimm wie in dem resignierenden Post, den eine befreundete Bloggerin aus Dresden kurz vor unserem Sachsen-Urlaub auf Facebook teilte und der die Überschrift trug „Nein, wir sind nicht mehr“, so habe ich es einfach nicht erlebt.
Das führt jetzt vielleicht ein bisschen zu weit weg vom eigentlichen Thema, aber allen, die sich für die generelle Problematik des Zeitgeschehens interessieren, möchte ich den sehr langen, aber in meinen Augen hervorragend analysierenden Essay von Jonas Schaible empfehlen: „Wieso es keinen Rechtsruck gibt, aber die extreme Rechte trotzdem wächst“.
Und generell finde ich in solchen Fällen immer: Selber hinfahren, selber hingucken und sich selbst ein Bild machen!
Das hat dann auch einen positiven Nebeneffekt für die Sachsen, die lieber im eigenen Saft kochen und ihre Landesgrenzen selten verlassen (ich habe schon den unverifizierten Eindruck, dass es davon etliche gibt, denn die Hotelparkplätze unserer ausgebuchten Ferienunterkünfte waren beide zu etwa 90% mit sächsischen Kennzeichen gefüllt). Wenn die zu Hause mit Leuten „von draußen“ konfrontiert werden, die ein bisschen frischen Wind mitbringen, kann das jedenfalls auch nicht schaden. Und wenn es nur ist, dass man am Restauranttisch ins Gespräch kommt, weil die Kinder die französische Nachspeise so perfekt aussprechen und sie, darauf angesprochen, die Französischlehrerin mit dem kurdischen Namen loben und wir Eltern auf Nachfrage bestätigen, dass die prima Unterricht macht. Steter Tropfen höhlt den Stein.
(Außerdem: Wer ernsthaft behauptet, die Wahlergebnisse disqualifizierten Sachsen als Urlaubsziel, der darf dann auch erst recht nicht nach Österreich oder Italien fahren, oder nach Frankreich oder in die USA, oder oder oder. Das macht die Sache an sich nicht besser, aber wenn schon, dann wollen wir doch alle anpieksen, die es verdienen.)
Unser Fazit zum Familienurlaub in Sachsen
Ganz ehrlich: Ich hab schon angenommen, dass unsere Woche in Sachsen ganz nett werden würde – aber dass wir so begeistert sein würden von Land und Leuten, das habe ich nicht erwartet.
Sachsen bemüht sich, gerade für Familien mit Kindern ein gutes Urlaubsziel zu sein. Es gibt ein extra Siegel, mit dem sich einzelne Betriebe ihre Familienfreundlichkeit bestätigen und sich damit zertifizieren können.
Gerade für die „kleinen Ferien“ im Frühjahr oder Herbst finde ich einen Familienurlaub in Sachsen absolut empfehlenswert. Eine Woche mit Ortswechsel zwischen Stadt und Land scheint mir ideal. Eigentlich war unser Programm fast schon perfekt.
Auch Dresden ist natürlich empfehlenswert, die Sächsische Schweiz ebenfalls. Meine Eltern schwärmen von Görlitz, und Martin war neulich mit den Kumpels in der Oberlausitz Wandern und war da auch ganz begeistert. Ganz Deutschland hat so viele wunderschöne Ecken, die man sich unbedingt mal angucken sollte, und Sachsen bildet da keine Ausnahme.
(In diesem Sinne: Hier geht es zu unserer Deutschland-Karte mit all den Zielen, die wir deutschlandweit schon mit Kindern unter die Lupe genommen haben.)
In unserer Herbstferienwoche im Neuseenland, Leipzig und im Vogtland hatten wir jedenfalls riesig viel Spaß und können die Angelegenheit wärmstens empfehlen!
Mehr Tipps für Urlaub in Sachsen: Jenny kommt aus Dresden und hat 17 verlockende Ausflugsziele in Sachsen bei ihren Reiseblogger-Kollegen gesammelt. Wir haben das Neuseenland beigesteuert.
Transparenz-Hinweis: Es steht ja deutlich im Text, aber ich sag’s noch einmal: Wir waren auf Einladung der TMGS in Sachsen unterwegs mit der Absprache, über Familienurlaub in Sachsen zu bloggen. Was, wann und wie viel ich dazu veröffentliche, bleibt mir überlassen, weil das hier keine bezahlte Werbung, sondern eine redaktionelle Kooperation ist.
Liebe Lena, ich bin ja inzwischen ein ziemlicher Sachsen-Fan, auch wenn ich die Ecke, in der Du warst nicht kenne. Mit Ausnahme Leipzig (tolle Stadt) und Chemnitz. Dort war ich allerdings das letzte Mal vor über 30 Jahren als Chemnitz noch Karl-Marx-Stadt war. Wir sind gern in Dresden, der sächsischen Schweiz und wollen Stück für Stück noch mehr von Sachsen kennenlernen. Ich freue mich, dass es Euch gefallen hat, denn Du schreibst, was Du denkst und wenn es nach Wahlergebnissen geht, fallen noch einige Länder mehr als die von Dir genannten weg.
Liebe Grüße, Ines
Liebe Ines, unter anderem waren es deine Berichte vom Wandern in der Sächsischen Schweiz, die mir Lust auf die Gegend gemacht haben! ;)
Und das mit den Wahlergebnissen stimmt leider.
Schön, dass es Euch gefallen hat!
Wir waren in Sachsen irgendwann In Der Zeit Vor Kinder auf Urlaub und vor zwei Jahren kurz couchsurfen. War nett in beiden Fallen. Wir sind aber eher in wenig bekannten Ecken unterwegs. Burg Kriebstein nordöstlich von Chemnitz ist einen Besuch wert, und Ruine Frauenstein ganz nah an der tschechischen Grenze hat unseren Kindern auch gut gefallen. Und nicht so weit weg von Leipzig, eigentlich gar nicht in Sachsen, aber vielleicht für jemanden auf dem Weg liegt das kleine Städtchen Dornburg, dort gibt es gutes Eis und schöne übersichtlich kleine Schlösser, da kann man den Kindern schon am selben Nachmittag ein ganz grosses Stück Kunstgeschichte beibringen.
Danke für die ergänzenden Tipps, sehr schön! :)
Wir sind ja auch gerne in wenig bekannten Ecken unterwegs. Wobei, eigentlich kann man es reduzieren auf: Wir sind gerne unterwegs. :D
Sachsen ist so reich an Sehenswürdigkeiten! Das Land zieht an sich nicht umsonst viele Touristen! Tja, auch die Erlebnisse, wie ich sehe, sind echt herrlich! Danke für die Anregung für mich und meine Kinder! Ein Tipp zur Ferienwohnung wäre ja für uns empfehlenswert. Danke!
Wir haben in Markkleeberg im Ferienpark Auenhain im Leipziger Neuseenland ein richtig schönes Ferienhäuschen gehabt. Dazu berichte ich demnächst noch mal ausführlich.
Das grüne Herz war und bleibt immer noch sehenswert. Meinen Dank für die Idee für einen erlebnisreichen Familienurlaub! Mein Studienfreund, zu dem wir zu Gast fahren möchten, hat auch versprochen, uns mit dem Bergbau bekannt zu machen. Für die Meinen wäre so was bestimmt vom Interesse.
Liebe Lena,
Danke für den Bericht! Würdest du auch unbeschwert nach Sachsen reisen, wenn du selber hier geboren aber durch Migrationshintergrund sehr dunkelhäutig bist und deine Kinder ebenfalls?
Meine Kinder wachsen behütet auf und fühlen sich absolut deutsch. Bislang hat sie nie jemand auf ihren dunklen Teint angesprochen. Ich möchte nicht, dass sie dort ebensolche beängstigend und kränkenden Erfahrungen machen müssen. Deswegen meide ich diese wunderschöne Gegend in der ich vor 20 Jahren noch problemlos wandern konnte.
Gruß von Anna
Liebe Anna, das ist leider echt ein Thema. Auf der Facebook-Seite meines Blogs gab es darüber neulich eine Diskussion, bei der sich mehrere mit genau diesem Hintergrund zu Wort gemeldet haben – und eben berichtet haben, dass sie sich in Sachsen und anderen ostdeutschen Regionen nicht wohlgefühlt haben aufgrund optischer Andersartigkeit. Blöde Sprüche kamen wohl nur in wenigen Fällen (das habe ich nur von einem Freund mit afrikanischem Vater gehört, der in einer Gastwirtschaft nicht bedient wurde, allerdings in Magdeburg, wenn ich mich recht erinnere). Aber von abschätzigen Blicken und Andeutungen und fehlender Herzlichkeit bei Verkäufern, Kellnern und anderem Personal sowie Leuten auf der Straße haben mehrere berichtet. Ist vielleicht auch eine Frage der Erwartungshaltung. Aber ich verstehe jeden, der unter diesen Umständen keine Lust hat, seinen kostbaren Urlaub ausgerechnet in einer potenziell vielleicht doch feindseligen Umgebung zu verbringen. Ich finde das ganz schwierig und traurig. Einerseits würde ich sagen: Da muss man doch erst recht hinfahren und den Leuten vor Augen führen, dass Menschen nicht nach dem Hautfarbenton beurteilt werden können! Andererseits sieht das natürlich ganz schnell anders aus, wenn es um die eigenen Kinder geht, die nicht die Leidtragenden sein sollen.
Im Prinzip hast du recht. Man sollte erst recht dahin fahren, damit möglicherweise feindselig eingestellte Menschen auch mal sehen, dass man anders aussehen kann und trotzdem absolut deutsch ist. Wobei ich immer denke, Menschen mit so einer Einstellung wollen das auch denken und da hilft denen ein Exemplar (oje wie sich das schon anhört) nicht. Ich kann gut mit solchen Menschen umgehen, häufig fühle ich eher Bedauern für diese Leute als Angst oder Ärger. Aber ich könnte es nicht ertragen, wenn meine Kinder Ziel von feindlichen Blicken oder verbaler Anfeindung wären. Die wissen mit 6 und 9 nämlich noch gar nicht, dass es Menschen gibt, die andere wegen ihres Aussehens hassen. Hmm… irgendwie leben wir wohl in Büllerbü. Mir wird schon ganz anders, wenn ich ihnen erklären muss, wie die Welt so tickt. Aber langsam muss ich es wohl…
Danke jedenfalls für deine ehrliche Antwort.
Viele Grüße!