Die Auchindrain Township ist ein kleines Freilichtmuseum ganz in der Nähe des Städtchens Inveraray in Schottland. Auf dem Weg an die Westküste, nach Oban oder auf die Hebriden gibt die authentische Highland-Siedlung ein wunderbares, absolut empfehlenswertes Ausflugsziel ab. Wir haben das Museum mit Kindern besichtigt – unser Erfahrungsbericht.
Unser Besuch im Freilichtmuseum Auchindrain war Teil unserer Schottland-Rundreise im Mai 2018: „Schottische Inseln: Familienurlaub auf Islay, Jura, Mull und Co“. Wir waren als vierköpfige Familie unterwegs, unsere Jungs waren zu dem Zeitpunkt 13 und 11 Jahre alt.
Lohnt sich ein Ausflug zum Auchindrain Freilichtmuseum?
Diese Frage haben wir uns längere Zeit gestellt und fatalerweise auf unseren ersten beiden Schottland-Reisen mit „wahrscheinlich eher nicht“ beantwortet. In der Tat hat Auchindrain einige Konkurrenz von Ausflugszielen in direkter Nähe.
Nur zehn Kilometer und über die gut ausgebaute Landstraße A83 auch nur rund zehn Minuten Fahrzeit sind es bis ins hübsche kleine Städtchen Inveraray, das mit einem Bilderbuchschloss und dem erlebnispädagogisch aufbereiteten Inveraray Jail punktet. Ebenfalls in Reichweite befindet sich das berühmte Tal von Kilmartin mit all seinen prähistorischen Sehenswürdigkeiten. Wer von Inveraray auf dem Weg nach Oban ist, hält vielleicht lieber oben am Loch Awe bei Kilchurn Castle und an der ebenfalls sehenswerten St. Conan’s Kirk.
Auchindrain fällt da leicht hinten runter, und auch wir haben es wie gesagt erst im dritten Anlauf geschafft. Aber ein Besuch lohnt sich absolut! Auch und gerade mit Kindern. „Auf Grund seines außergewöhnlichen Erhaltungsgrades gilt Auchindrain als wertvollstes erhaltenes Museum zur Dokumentation historischer Siedlungen in Schottland“, sagt der Wikipedia-Artikel und zitiert damit die Royal Commission on Ancient and Historical Monuments of Scotland.
Und ganz nebenbei hatten wir bei der Besichtigung ziemlich viel Spaß.
Auchindrain – wie zur Hölle spricht man das aus?
Die erste Hürde, vor der man steht, wenn man der Familie einen Ausflug dorthin vorschlagen möchte, ist die korrekte Aussprache des Ortsnamens. Um es gleich vorwegzunehmen: Wir haben mit dem jungen Mann am Ticketschalter geübt, und nur zwei Familienmitglieder haben etwas ansatzweise Zufriedenzustellendes hervorbringen können.
Der Name ist gälisch, natürlich. Übersetzt bedeutet er so viel wie „Schwarzdorn-Feld“. Die traditionelle Schreibweise war Achadh an Droighinn.
Das „ch“ spricht man weich, wie in „Milch“. Das Wort ist viersilbig, die Betonung liegt auf der dritten. Der Anfangsbuchstabe ist kein klares A, eher ein dänisches Å. So, und jetzt probieren wir das mal: A-chen-DREI-en. Natürlich mit schottisch gerolltem rrrr. Und jetzt alle!
Natürlich weiß in der Gegend auch jeder, wo man hin will, wenn man wie die Engländer nach dem Weg nach Otschndreyn fragt. ;)
Was ist das Freilichtmuseum Auchindrain?
Das Besondere an dem Freilichtmuseum ist, dass es sich um eine authentische Siedlung handelt, die hier „natürlich so gewachsen“ ist. Es wurden keine Gebäude in anderen Dörfern abgetragen und hierher versetzt. Auchindrain war früher ein typisches kleines Dorf, das der Zufall so erhalten hat, dass man es 1975 ohne großen Aufwand als Freilichtmuseum eröffnen konnte.
Erste urkundliche Erwähnung findet die Siedlung im 17. Jahrhundert, man geht jedoch davon aus, dass es sie auch vorher schon gab. Der Duke of Argyll, der im nahen Schloss von Inveraray residiert, wird 1776 als Grundeigentümer genannt. Zwischen 1790 und 1840 machte er die kleine Siedlung zu seinem Lieblingsprojekt, mit dem er (unter anderem auch Königin Victoria) zeigte, wie vorbildlich er sich um seine Untertanen kümmerte. Er sorgte dafür, dass die Lehmhütten durch Steinhäuser ersetzt wurden. So bekam Auchindrain das typische Gesicht eines Dorfs der schottischen Highlands im 19. Jahrhundert, das es dann auch bis ins 20. und 21. behielt.
Von den Highland Clearances blieb Auchindrain verschont, die Landflucht schlug aber trotzdem zu. 1937 lebte nur noch ein einziger Bewohner in dem Dorf: Eddie MacCallum. Nach seinem Tod 1963 kam ziemlich bald die Idee auf, den Anachronismus als Museum zu eröffnen.
Was kriegt man im Freilichtmuseum Auchindrain zu sehen?
Heute ist das kleine Museum in der schottischen Peripherie als Lernort und Ausflugsziel auf dem neuesten Stand der Technik. Die Besichtigung der Siedlung ist unterstützt durch Multimedia: Jeder Besucher erhält ein Tablet, das – auch auf Deutsch – an jeder Stelle des Rundgangs die dazugehörigen Informationen abspielt.
Zwölf Gebäude umfasst das Gelände, dazu mehrere Ruinen. Die Häuser sind über die sanfte Hügelkuppe verstreut und mit einem sauber angelegten Spazierweg verbunden. Nicht alle können auch von innen besichtigt werden, die meisten aber schon.
Ziel ist es, den Besuchern einen Eindruck des alltäglichen Lebens in einem Highland-Dorf im 19. Jahrhundert zu vermitteln. Entsprechend sind auch Gemüsegärten und einige Felder bewirtschaftet. Freilaufende Hühner vervollständigen das Bild.
Der Hof ganz hinten links ist der des letzten verbliebenen Einwohners. Er ist im Originalzustand belassen. Auf Sofa und Bett wachsen Moos, aber ansonsten wirkt die Einrichtung, als habe der alte Eddie seine antiquierte Wohnung nur eben für einen kurzen Spaziergang verlassen.
Unsere Highlights im Auchindrain Freilichtmuseum
Für mich ist das interessanteste am Besuch des Freilichtmuseums, hier wirklich nachvollziehen zu können, unter welch primitiven und kräftezehrenden Umständen die Menschen hier mit dem Land gerungen haben, um satt zu werden. Da ich selbst aus einer Bauernfamilie stamme und gerade ab der Zeit des 19. Jahrhunderts einige Vergleichswerte habe – auch aus deutschen Freilichtmuseen –, war das doch eine erhellende Erkenntnis.
Sehr spannend finde ich auch die Geschichte der Bell a’Phuill, die als „weise Frau“ in der kleinsten, aber immer anständig weiß getünchten und sauber gedeckten Kate am Ort lebte. Obwohl sie als unverheiratete Mutter eines Sohnes so überhaupt nicht den moralischen Ansprüchen des viktorianischen Großbritanniens entsprach, genoss sie den Respekt der Gemeinschaft und wurde vom Duke of Argyll mit Tee und Kohle versorgt.
Die Jungs sind freilich vor allem von der Technik des Tablets fasziniert. Wie mit einer Wünschelrute laufen sie zu den Punkten, an denen die Ortserkennung automatisch Texte, Karten und kleine Videosequenzen einblendet. Die Texte selber finden sie dann wieder eher langweilig, und wir Eltern müssen sie ein wenig zu ihrem Glück zwingen, um aktiv mitzudenken und ihre eigenen Schlüsse zu ziehen.
Mit Abstand größtes Highlight für Kinder war aber natürlich die Museumskatze, die uns vor Bells Hütte aufgabelte und sich ausgiebig streicheln ließ. Ihr Name ist der gälische Ausdruck für „schwarze Katze“ – auch das haben wir mit dem Herrn am Ticketschalter geübt, aber vergeblich…
Besucher-Informationen: Eintritt, Öffnungszeiten und so weiter
Das Auchindrain Freilichtmuseum liegt zwischen Inveraray und Furnace direkt an der A83 Richtung Kintyre und ist leicht zu finden. Es gibt einen ausreichend großen, kostenlosen Parkplatz.
Geöffnet ist das Museum von Anfang April bis Ende Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr (im Winter eingeschränkt an Wochentagen und ohne Tablets, dafür stark reduzierter Eintritt).
Erwachsene zahlen 8 Pfund Eintritt, Kinder von fünf bis 17 Jahren 5,50 Pfund. 20 Prozent Familien-Rabatt gibt es kurioserweise nur, wenn beide Eltern dabei sind und mehr als ein Kind mitbringen.
Mehr Informationen auf Englisch gibt es auf der (schick gemachten, aber unglaublich langsamen) Homepage des Museums. Dort kann man sogar die ganze Tablet-Tour online machen, sehe ich gerade.
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Über 30 Erfahrungsberichte über Ausflugsziele und allgemein das Reisen in Schottland mit Kindern habe ich hier zusammengefasst und aufgelistet:
Schottland mit Kindern: Unsere gesammelten Erfahrungen
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Packliste für Schottland: Das muss mit in den Familienurlaub
Im Mai 2019 ist der Reiseführer „Schottland mit Kindern. 66 Wander- und Entdeckertouren in den Highlands und auf den Inseln“ erschienen, den ich zusammen mit Stefanie Holtkamp für den Naturzeit-Verlag geschrieben habe.
Transparenz-Hinweis: Wir waren im Rahmen einer Recherche-Tour für unseren Familien-Reiseführer im Auchindrain Freilichtmuseum und brauchten deshalb keinen Eintritt zahlen. Unsere Meinung beeinflusst das natürlich nicht, wir sind schließlich Profis. :)
Ich denke, dieser Artikel ist wirklich gut geschrieben und ich bin froh, auf diesen Blog gestoßen zu sein. Ein Daumen hoch von mir. Ich kann einen Kommentar gehabt haben, aber ich denke, dass es spät ist. Unnötige Debatte: p
Ich nehme dieses Kompliment mal dankend an, auch wenn ich angesichts des – von mir gelöschten – Links auf eine Großgärtnerei eher davon ausgehe, dass es sich um copy/paste-Kommentar-Spam zum Sammeln von Backlinks handelt. :)