Lausanne ist die erste Station auf unserer Backpacking-Tour durch die Schweiz. Das liegt daran, dass Janis, unser Ältester, hier in den Osterferien an einem Schüleraustausch teilnimmt und wir die Bahnfahrt der Gruppe begleiten – was überhaupt der Grund ist, wieso wir zwei Wochen in diesem doch extrem teuren Urlaubsland verbringen. Drei Nächte quartieren Silas und ich uns bei Couchsurfern in Lausannes Vorort Pully ein und erkunden von da aus die Stadt am Genfer See. Aus unseren Erfahrungen habe ich 6 Tipps für Lausanne mit Kind extrahiert, die sich zum Nachmachen für Reisende mit Kindern (und ohne) eignen.
Dieser Blogbeitrag ist Teil meiner Serie Backpacking mit Kind in der Schweiz.
Lausanne mit Kind
Unser Schweiz-Abenteuer beginnt gleich mit einem Höhepunkt. Wie ich schon im Vorfeld erzählt habe, ist unsere Couchsurfing-Gastgeberin eine alte Freundin: Wir kennen Carlene bereits aus Belfast, wo sie wohnte, bevor sie in der Schweiz ihre eigene Familie gründete.
Das ist fast sieben Jahre her, aber als am Bahnhof eine rothaarige Frau auf uns zukommt, erkenne ich sie trotzdem auf Anhieb. Die Begrüßung ist herzlich, und sofort – typisch Couchsurfing – fühlen wir uns, als hätten wir uns ungefähr letzte Woche Donnerstag erst gesehen. Silas schiebt den Buggy, in dem der kleine Aidan sitzt, und gemeinsam schlendern wir Richtung See, wo Carlene mit Mann und Kind in einem Mehrfamilienhaus wohnt.
Lausanne-Tipp 1: Spaziergang am Genfer See in Pully
Pully liegt nicht weit von Lausanne entfernt. Vom Hauptbahnhof ist es eine Station, kaum fünf Minuten Bahnfahrt. Der Vorort liegt direkt am Wasser. Von Carlenes Balkon aus sehen wir zwischen den Dächern der Nachbarhäuser den Genfer See glitzern.
„Hier ist es schöner als in Ouchi“, sagt unsere Gastgeberin. Dort, wo Lausanne selbst ans Ufer stößt, sei alles recht verbaut, meint Carlene. „Hier kann man direkt am Ufer bis nach Lutry und noch weiter laufen.“
Am nächsten Morgen machen Silas und ich genau das. Der bildschöne Genfer See mit dem Alpenpanorama im Hintergrund ist das schönste an der Stadt – gerade, wenn man Lausanne mit Kind erkundet.
Es ist Sonntag. Wir sind früh wach, und so lassen wir die Familie ausschlafen und spazieren Richtung Wasser und dort nach Osten, stadtauswärts. Ein Dunstschleier liegt über dem See, aus dem geruhsam Enten und Blesshühner auftauchen. Ab und zu begegnen uns Jogger und Hundebesitzer. „Bonjour“, grüßen sie freundlich, denn in Lausanne spricht man Französisch.
Mit jeder Minute gewinnt die Sonne an Kraft. Bald schon ziehen wir unsere Strickjacken aus und binden sie uns um die Hüften. Dass die Temperaturen Mitte April schon so mild sind, ist eher ungewöhnlich. Dass wir uns gut 1000 Kilometer südlich von zu Hause befinden, macht sich aber definitiv bemerkbar.
Direkt in Pully besichtigen wir den Schiffsanleger, von wo aus Passagierschiffe quer über den See schippern. Silas findet einen Spielplatz mit Kletterpyramide. Dann laufen wir am Ufer entlang, bis wir Lutry erreichen. Hier gibt es auch eine ausgewiesene Badestelle, sogar mit Sprungturm.
Silas, der den Ostseestrand* gewöhnt ist, rümpft die Nase. Das Wasser des Genfer Sees ist zwar herrlich klar, aber statt Strand gibt es nur Steine, an der Badestelle eine Betonmauer mit Einstiegsleiter. So richtig schön ist das nicht. Aber wir sind ja zum Glück nicht zum Baden am Genfer See.
Lausanne-Tipp 2: Stadtbummel bergauf
Nach dem Frühstück nehmen wir die S-Bahn ins Stadtzentrum. Eigentlich wäre es schlauer, den Bus bis zur Kirche St-Francois zu nehmen. Aber hier draußen frisst der Ticketautomat an der Bushaltestelle nur Münzen, und die besitzen wir an unserem ersten Tag in der Schweiz noch nicht. Also nehmen wir den Zug und steigen am Hauptbahnhof wieder aus. Der liegt in Lausanne etwas außerhalb, etwa auf halber Strecke zwischen Innenstadt und Seeufer in Ouchi.
Der Marsch hinauf ins Zentrum gestaltet sich dank diverser Schaufenster und hübscher Fassaden aber abwechslungsreich – und anstrengend, denn es geht stetig bergauf. Generell ist Lausanne eine Stadt, in der es immer entweder rauf oder runter geht, selten geradeaus.
Wir finden es spannend, die doch recht andersartigen Häuser zu betrachten. Die bunten Fensterläden erinnern uns an Frankreich, die schattigen Gassen an Norditalien, manche Fassaden eher an Süddeutschland. Lausanne ist keine herausragend schöne Stadt, sage ich mal ganz ketzerisch. Aber sie hat Charakter. Und je weiter wir das Stadtzentrum hinter uns lassen und immer höher Richtung Park steigen, desto hübschere Ecken finden wir, mit blühenden Kastanien, kleinen Parks voller Frühlingsblumen und stattlichen Villen.
Lausanne-Tipp 3: die Kathedrale Notre-Dame
Die Kathedrale nahe des Stadtzentrums von Lausanne ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt. Über die unangenehm hohe Autobrücke Pont Charles Bessières laufen wir auf die Türme zu und steigen noch einmal etliche Stufen hinauf. Der Aufwand lohnt sich: Schon von der Terrasse vor dem Gotteshaus haben wir eine gute Übersicht über die Stadt und können bis zum Wasser und den Alpen gegenüber gucken.
Wer noch mehr sehen möchte, kann auch (kostenpflichtig) auf den Kirchturm steigen.
Die Besichtigung der Kirche ist gratis. Der gotische Bau gilt als einer der schönsten der Schweiz. Uns haben vor allem die Kirchenfenster fasziniert, die die gesamte Geschichte der Stadt dokumentieren. Wikipedia belehrt uns: Kunsthistorisch wesentlich bedeutender als die Glasmalereien aus dem 19. und 20. Jahrhundert ist die große Rosette im Querhaus, die aus dem frühen 13. Jahrhundert stammt. Ja, finden wir, die ist auch recht schick…
Generell ist das Christentum in Lausanne ziemlich alt. Bereits seit dem sechsten Jahrhundert steht an diesem Ort eine Kirche.
Mehr als die Informationen des Wikipedia-Artikels erfahren wir allerdings nicht. Zwar sind die Wände im Eingangsbereich der Kathedrale mit etlichen Infotafeln bestückt – aber die sind ausschließlich auf Französisch.
Lausanne-Tipp 4: Stadtwald Sauvabelin
Eigentlich lautet unsere selbstgewählte Mission, Lausanne mit Kind zu erkunden. Aber die Sonne scheint so herrlich, dass es Silas und mich unerbittlich raus ins Grüne zieht. Wir sind generell nicht so die Großstadttouristen und fühlen uns zwischen Häuserschluchten – die in Lausanne aufgrund des Gefälles oft tatsächlich solche sind – weniger wohl als in der Natur. So steuern wir den größten grünen Fleck auf unserem Stadtplan an: den Parc de l’Hermitage mit dem sich anschließenden Stadtwald Sauvabelin.
Das Areal teilt sich in mehrere Bereiche. Unten hat das Gelände noch parkartigen Charakter und nennt sich Parc de l’Hermitage. Vor allem jenseits der großen Straße handelt es sich eher um einen Stadtwald als einen Stadtpark. Da jene auch von einem Bus (Linie 16) befahren wird, bietet sich der Abstecher auch für jene an, die Lausanne mit Kind in weniger Zeit erkunden möchten (oder falls besagtes Kind noch nicht so weite Strecken schafft).
Wir genießen zunächst einmal die Aussicht auf Lausanne, das sich zu unseren Füßen bis zum Wasser hin ausbreitet. Dann steuern wir die „Hermitage“ an, weil wir neugierig sind, was sich wohl dahinter verbirgt. Wie uns ein (tatsächlich mehrsprachiges) Schild verrät, handelt es sich um eine Villa, die eine Industriellen-Familie erbauen ließ und in der heute ein Café untergebracht ist. Hier oben säße man wirklich schön, und ich halte sofort Ausschau nach einem freien Tisch, der an diesem sonnigen Sonntagnachmittag aber kaum zu ergattern ist.
Nach einem Blick auf die rechte Tafel der ausgehängten Speisekarte finde ich das gar nicht mehr schlimm: Ein Cappuccino kostet 5 Franken, die heiße Schokolade 6,50 und Hauptgerichte beginnen bei 28 Franken. Ich bin schockiert – werde mich aber im Laufe der kommenden zwei Wochen an solche Anblicke gewöhnen, denn dieses Preisniveau ist überall in der Schweiz völlig normal (ein Franken entspricht ungefähr 96 Euro-Cent).
Ein bisschen weiter bergauf finden wir ein weiteres Café-Restaurant mit ähnlichem Preisniveau (trotz Plastikstühlen) und gleich zwei schöne Spielplätze. Dann stoßen wir auf die Straße, überqueren sie an einem großen Ausflügler-Parkplatz mit Bushaltestelle, und biegen links in den Wald ab. Ich habe inzwischen meine Offline-Wanderkarte angeschmissen (die App heißt Osmand, und ich kann sie wärmstens empfehlen!). Auf bedauerlicherweise geteerten „Wanderwegen“ halten wir auf den Lac du Sauvebelin zu, der uns als Wendepunkt dienen soll.
Lausanne-Tipp 5: Lac du Sauvabelin
Zunächst entdecken wir einen großen hölzernen Aussichtsturm im Wald. Der Tour de Sauvabelin ist noch bis Ende Juni wegen Wartungsarbeiten geschlossen, entnehmen wir einem Schild. Danach dürfte man von dort oben wirklich einen hochherrschaftlichen Rundumblick haben.
Dann sind wir auch schon bei unserem Ziel, dem Lac du Sauvabelin.
Silas und ich gucken etwas sparsam, denn das Gewässer ist mit rot-weißem Flatterband umgeben und sieht so natürlich aus wie ein Regenrückhaltebecken.
Trotzdem tummeln sich hier wahre Menschenmassen. Alle Tische des Ausflugslokals sind besetzt, die Schlange vor dem Imbisswagen umfasst bestimmt 20 Personen. Anscheinend hatten nicht nur wir die Idee, den Fixpunkt im Lausanner Naherholungsgebiet zu unserem sonntäglichen Ausflugsziel zu machen.
Silas drängelt sich zwischen die schweizer Kinder Richtung Spielplatz und ergattert einen Platz im hölzernen Krähennest. Die Spielgeräte sind brandneu und die Örtlichkeit wirklich hübsch angelegt. Das Cafégebäude hat augenscheinlich schon etliche Jahre auf dem Buckel, aber offenbar ist das gesamte Gelände gerade neu gestaltet worden. Deswegen auch das Flatterband: neuer Rasen ist eingesät.
Wir reihen uns in die dichte Prozession der Spaziergänger ein und flanieren einmal um den kleinen Teich. Auf der anderen Seite des Gewässers finden wir mehrere Tiergehege vor: Kaninchen, Kühe, Schafe, Rehe, Wildschweine. Alles ist gratis zugänglich.
Lausanne-Tipp 6: Laufen statt Busfahren
Als wir den doch recht überlaufenen Ausflugsort verlassen wollen, hat sich die Schlage vor dem Imbisswagen auf wenige Leute verkürzt. Silas bettelt um ein Eis am Stiel. Auch das kostet fast doppelt so viel wie zu Hause, und so schlage ich ihm einen Deal vor: Er bekommt eins, aber dafür sparen wir das Busticket und laufen zurück nach Pully. Der 10-Jährige lässt sich von mir auf dem Handybildschirm nachweisen, dass unsere Unterkunft gerade einmal vier Kilometer entfernt liegt. „Und es geht ja bergab“, meint er schulterzuckend. Meinem Wanderkind fällt die Entscheidung daher leicht.
Wir werden mit mehr als dem gesparten Busgeld dafür belohnt. Unsere App zeigt uns den kürzesten Weg, aber mit wenig Aufwand und fast ohne Umweg finde ich Alternativen mit viel Grün. Auf diese Weise sehen wir nicht nur schöne Wohngegenden mit prachtvollen Gärten, sondern landen auch mitten in einer kleinen Schlucht, die ein Bach ins Gelände geschnitten hat. Eben noch von Mehrfamilienhäusern umgeben, stehen wir plötzlich wieder mitten im Grünen und treffen sogar einen Fischreiher.
Auf den letzten Metern bereut Silas seine Entscheidung schon noch (immerhin haben wir inzwischen gut und gerne zehn Kilometer auf der Uhr, und das mehr als die Hälfte der Zeit bergauf).
Aber dann erreichen wir auch schon Pully, wo Carlene mit dem Abendessen auf uns wartet.
Fazit: Lausanne mit Kind
Unser Fazit für Lausanne mit Kind ist ein bisschen durchwachsen. Die Stadt ist keine von denen, die uns auf ewig als zauberhaft im Gedächtnis bleiben wird. Es ist schön, Lausanne gesehen zu haben. Aber ein Tag reicht uns auch. Für unseren zweiten Tag vor Ort setzen wir (trotz des recht teuren Zugtickets) lieber einen Ausflug nach Montreux an (und bereuen das kein bisschen, denn in diese kleine Stadt verliebe zumindest ich mich regelrecht).
Es gibt viele Sehenswürdigkeiten von Lausanne, die wir völlig ignoriert haben. Vor allem das Olympia-Museum ist bekannt, denn Lausanne ist mit dem Sitz des Kommitees (und jenem Museum) die Olympia-Stadt schlechthin. Gut möglich also, dass wir das Thema ein bisschen verfehlt haben bei unserem Besuch von Lausanne.
Was uns gefallen hat, das ist das viele Grün in der Stadt. Dass wir so schnell draußen waren, entweder am See oder auf dem Berg. Das macht schon Spaß.
Ist man als Backpacker in der Schweiz unterwegs, macht es Sinn, Lausanne mit Kind zu besuchen (weil Städte dann einfach leichter zugänglich sind als die kleinen Dörfer in der Natur). Aber dass man die Stadt beim Familienurlaub in der Schweiz jetzt zwingend auf die Liste setzen müsste, finde ich jetzt nicht unbedingt.
Um mit etwas versöhnlicheren Worten abzuschließen: Lausanne ist ganz nett, finden wir. :)
Mehr über die Schweiz mit Kindern
Weitere Berichte von unserem Backpacking-Trip durch die Schweiz mit Kind gibt es hier:
- AbenTEUER Schweiz: 2 Wochen Backpacking mit Kind zwischen Genfer See und Berner Oberland
- Genfer See: 6 Tipps für Lausanne mit Kind
- Genf low budget: Sightseeing mit Kind in der teuersten Stadt Europas
- Bern mit Kind: Einstein und Altstadt
- Schweizer Jugendherbergen: Unsere Übernachtung in Interlaken
- Interlaken: Zwischen Alpen und Asien
- Berner Oberland: Ausflug nach Thun mit Kind
- Sigriswil: Familien-Wandern über dem Thuner See
- Waadtländer Jura: Ausflug in die „kleinen Berge“
- Backpacking mit Kind in der Schweiz: Unsere Erfahrungen und Tipps
2019 haben wir einen weiteren Urlaub in der Schweiz verbracht. Auch davon habe ich Reiseberichte geschrieben:
- Osterferien: Roadtrip zwischen Schwarzwald und Schweiz
- Tessin: Locarno mit Kindern (in der Jugendherberge)
- „Glamping“ in der Schweiz: Mobile Homes auf den TCS-Campingplätzen
- Schokoladenfabrik besichtigen: Unser Ausflug zu alprose in der Schweiz
- Bosco Gurin: Idylle im höchsten Dorf des Tessin
- Lugano mit Kind: Die größte Stadt des Tessin
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