Die Saison am Plattensee geht ganz offiziell bis zum 31. August. „Da ist überall noch Party und das pralle Leben, und dann – schwupp – am 1. September wird der Balaton dicht gemacht“, hat uns Georg erklärt, unser Couchsurfing-Gastgeber in Budapest. Da hatten wir das Drama schon selbst erlebt und wussten, dass seine Worte keineswegs übertrieben sind. Als schlagendes Argument für diese Urlaubsregion off season spricht der Preis: Ungarn ist sowieso schon günstig, und außerhalb der Saison spuckebillig. Für alle, die sich also dennoch für einen Familienurlaub am Plattensee im Herbst entscheiden, haben wir ein paar Tipps für Unternehmungen. Und hier gibt es noch fünf Warnungen dazu – es gibt nämlich auch ein paar Dinge am Balaton, die gar nicht gehen…
Unsere Top 5 am Balaton im Herbst
Top 1: Tapolca – Zauberhafte Grottenfahrt unter der Stadt
Eigentlich sollte im Jahr 1902 bloß ein neuer Brunnen in der Stadt nahe des Balaton-Nordufers gebohrt werden. Was man dabei fand, war ein Höhlensystem, das sich ganz bequem zur Touristenattraktion ersten Ranges umfunktionieren ließ. Die Karsthöhle ist mit kristallklarem Thermalwasser geflutet und bildet einen natürlichen Rundweg von etwa 250 Metern. Besucher befahren diesen hübsch illuminierten Parcours selbstständig in kleinen Aluminium-Barken. Das Vergnügen dauert vielleicht eine halbe Stunde (wenn man sich Zeit lässt und niemanden hinter sich hat, der drängelt, was im Sommer bestimmt häufiger der Fall ist). Außerdem soll sich der Aufenthalt dort unten durch die reine, feuchte Luft auch noch positiv auf die Gesundheit auswirken. Ein großer Spaß für die Kinder, und für mich ganz persönlich der Höhepunkt unserer Woche am Balaton.
Wo: Tapolca liegt am Nordufer des Balaton. Die Höhlenfahrt ist weiträumig durch eindeutige Piktogramme ausgeschildert. Adresse fürs Navi: Kisfaludy Sándor utca 3. Günstige Parkplätze direkt vor der Eingangstür.
Wie teuer: Erwachsene zahlen 1.200 Forint (etwa 3,90 Euro), Kinder 700 Forint (etwa 2,30 Euro).
Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 17 Uhr, ab November ist eine Stunde früher Schluss.
Und sonst: Das Stadtzentrum von Tapolca ist nicht weiter sehenswert, aber der Mühlenteich lohnt einen kleinen Spaziergang. Auch er ist zuverlässig ausgeschildert, etwa zehn Fußminuten vom Höhlensee entfernt, und hier befinden sich außer Teich und Mühle in einem hübschen Park auch Restaurants, die von außen ganz nett aussehen (nicht getestet) und ein schöner Spielplatz (getestet und für gut befunden).
Top 2: Keszthely -zig seltsame Museen und ein richtig Gutes
Die Kleinstadt am Westufer ist mit rund 23.000 Einwohnern das lokale Zentrum, und natürlich hält Keszthely auch für Urlauber jede Menge Unternehmungen bereit. Neben den üblichen Belustigungen sind das hier vor allem „Museen“ – in Anführungsstrichen, wohlgemerkt. Da sind das Puppen- und Trachtenmuseum mit Schneckenparlament, das Bacchus Weinmuseum, das Cadillac-, das Marzipan-, das Radio- und TV-Museum, das historisch verbrämte „Erotische Panoptikum“, ein Wachsfigurenkabinett, das Spielzeug-, das Folterinstrumente- und das „Nostalgie- und Kitsch-Museum“ sowie eine Ausstellung über Jagd und historische Modelleisenbahnen. Angesehen haben wir uns keins von denen, aber die Aufmachung der Plakate versprach bei den allermeisten keine Gefahr der geistigen Überforderung.
Ein ernstzunehmendes Museum aber ist darunter, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte, wenn man etwas über seine Urlaubsregion erfahren möchte. Das Balaton-Museum ist eines der besten Museen, die mir auf unserer Reise bisher untergekommen sind (und die Zahl ist mittlerweile gut zweistellig). Ein übersichtliches, sauber durchgezogenes Konzept, viele Exponate, die sich mit allen Sinnen erfahren lassen, eine ausgewogene Balance zwischen Multimedia-Entertainment und handfester Bildung – so mag ich das. Die Themengebiete umfassen die Natur und Lebenswelt des Balaton, die faszinierende Entstehungsgeschichte des riesigen Sees, eine archäologische Abteilung und die Darstellung der Siedlungsgeschichte bis hin zur ausführlichen Thematisierung des Tourismus. Ich bin begeistert; das Gästebuch ist jedoch voll mit Beschwerden, dass die Texte nur auf Englisch, nicht auf Deutsch übersetzt sind. Wer auch im fernen Ungarn mit diesem Anspruch Kultureinrichtungen betritt, sollte sich vielleicht eher an die auf seichte Touristen-Unterhaltung ausgerichteten „alternativen Museen“ von Keszthely halten.
Wo: Das Museum befindet sich einen kurzen Fußweg vom Zentrum entfernt (max. 10 Minuten). Adresse fürs Navi: Múzeum utca 2; der Eingang befindet sich in der Kossuth Lajos utca. Parken lässt es sich überall in der Stadt sehr günstig in den Seitenstraßen.
Wie teuer: Der Eintrittspreis im Balaton-Museum beträgt für Erwachsene umgerechnet rund 2,60 Euro, der für Kinder 1,30 Euro. In Begleitung von Kindern zahlen Erwachsene den Kinderpreis.
Öffnungszeiten: Im September und Oktober ist das Museum dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, ab November nur bis 16 Uhr, im Sommer täglich bis 18 Uhr.
Und sonst: Keszthely ist der hübscheste Ort, den wir am Balaton gefunden haben, und mit 23.000 Einwohnern auch einer der größten. Es gibt eine hübsche, saubere und selbst in der Nachsaison belebte Fußgängerzone. Einen Blick wert ist der Palast der Feštetićs, dem Adelsgeschlecht, das die Stadt in früheren Zeiten in den Wohlstand führte. Das Innere kann besichtigt werden (haben wir nicht gemacht), und in den frei zugänglichen Parkanlagen lässt es sich wunderbar flanieren. Einen schönen Spielplatz gibt es am Ende der Fußgängerzone direkt neben der Kirche, etwa auf halber Höhe zwischen Palast und Museum.
Top 3: Nordufer – im Land der Vulkane
In der gesamten Region rund um den Balaton ging es früher heiß her. Die vulkanischen Aktivitäten liegen zwar schon eine Weile zurück – schlappe fünf Millionen Jahre etwa. Noch heute jedoch sind die Nachwirkungen zu spüren, beispielsweise in den vielen heißen Quellen. Vor allem dem Gebiet nördlich des Plattensees haben die Vulkane ihren Stempel aufgedrückt. Sehenswert ist die Basalt-Orgel des Hegyestű-Berges. Wer einmal am nordirischen Giant’s Causeway gewesen ist, den haut die Felsformation zwar nicht mehr vom Hocker, aber eindrucksvoll ist sie doch, die Felswand aus sechseckigen Steinsäulen. Sie entstand in einem Prozess wiederholten Abkühlens von Lava im Vulkankrater. Der eigentliche Vulkanberg ist im Laufe der Jahrmillionen längst erodiert, aber das massive Basaltgestein aus dem Inneren des Kraters – die erkaltete Lava eben – steht heute noch wie eine Eins.
Vom Parkplatz aus, den man erst nach Entrichtung des Eintrittsgeldes nutzen kann, ist es ein kaum zweiminütiger Fußmarsch bis dorthin. Eine Treppe führt hinauf zu einem Aussichtspunkt, von dem man bei gutem Wetter herrlich über den See blicken können muss (Achtung: Der Abgrund ist nicht wirklich gesichert, kleine Kinder unter Aufsicht halten!). Eine weitere Treppe führt bis ganz nach oben auf die Vulkanklippe (allerdings geht der Ausblick dort in die andere Richtung und ist von Bäumen versperrt). Die so genannte Ausstellung in der Holzhütte am Parkplatz kann man sich sparen, sie ist ausschließlich auf Ungarisch und beschränkt sich auf altmodische Darstellungen der Geologie.
Wo: Der Hegyestű hat keine wirkliche Adresse. Die nächstliegende Ortschaft heißt Monoszló, spätestens von dort aus ist die Touristenattraktion ausgeschildert. Wer sein Navi zur Sicherheit mit den Koordinaten füttern möchte: 46.889872, 17.646881.
Wie teuer: Erwachsene zahlen 600 Forint (knapp 2 Euro), Kinder 400 (etwa 1,30 Euro).
Öffnungszeiten: Täglich 9 bis 17 Uhr geöffnet, in der Saison bis 19 Uhr.
Und sonst: Die markanten Vulkankegel im Tapolca-Becken werden Zeugenberge genannt und lohnen den einen oder anderen Foto-Stopp.
Top 4: Hévíz – der Winter-Badesee
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Plattensee befindet sich in dem Kurort Hévíz eine sehr kleine Schwester des Balaton: der berühmte Thermalsee. Eine heiße Quelle in 38 Metern Tiefe speist den mit 4,4 Hektar europaweit größten und doch übersichtlichen Heilwassersee. Im Sommer kostet das Baden bei Temperaturen von bis zu 36 Grad sicher einige Überwindung, dafür ist das Badewasser selbst im Winter noch bei mindestens 23 Grad angenehm. Es enthält einen Cocktail medizinisch wirksamer Bestandteile, die nicht ganz ohne sind. Auch wenn das Prädikat „leicht radioaktiv“ die besorgte Mutter erst einmal zurückschrecken lässt, ist gegen ein kurzes Planschvergnügen (nicht länger als eine halbe Stunde am Stück, rät man vor Ort) nichts einzuwenden. Vor allem Rheumatiker, aber auch Menschen mit dermatologischen und gynäkologischen Problemen kommen aus ganz Europa, um die heilende Wirkung des Wassers in Anspruch zu nehmen. Die Umgebung ist idyllisch, lila Seerosen blühen, und über der Oberfläche wabert eine Dunstglocke heilsame Dämpfe zu uns, die wir jenseits des Zaunes stehen. Gerne hätten wir uns den Spaß mal gegönnt, aber Silas kann noch nicht zuverlässig schwimmen, und der See ist überall mindestens 1,50 m tief. Zwar gibt es überall im Ort Moosgumminudeln und andere Schwimmhilfen zu kaufen, aber aus logistischen und finanziellen Gründen entscheiden wir uns schweren Herzens, das Spektakel nur von draußen zu beobachten. Der dampfende See mit dem hölzernen Badegebäude in seiner Mitte ist auch so sehenswert genug.
Wo: Hévíz liegt an der westlichen Schmalseite des Balaton. Der Thermalsee ist nicht zu verfehlen. Die Parkgebühren auf dem Parkplatz direkt gegenüber sind nicht weiter erwähnenswert.
Wie teuer: Wer im See baden möchte, muss sich durch eine kompliziert wirkende Preistabelle kämpfen. Da wir letztlich nicht drin waren, beruht unsere Rechnung nur auf der Interpretation jener Tabelle. Demnach zahlen Familien umgerechnet knapp 17 Euro für beide Eltern plus 3,24 Euro pro Kind. Erwachsene Einzelpersonen jedenfalls müssen umgerechnet 12,65 Euro für eine Tageskarte hinlegen.
Öffnungszeiten: Täglich von 9 bis 17 Uhr.
Und sonst: Hévíz ist ein belebter kleiner Ort, der entsprechend des Kurbetriebs ganz klar auf älteres Publikum zielt. Ein Bummel durch Fußgängerzone und Kurpark lohnt sich, wenn man nichts besseres zu tun hat. Ein Besuch im Café direkt am Übergang von Park und Innenstadt lohnt sich nicht, wenn man Wert auf Ambiente und/oder genießbaren Kuchen legt.
Top 5: Marcali – Thermalbad als Highlight unserer Jungs
Wem Hévíz mit Kindern zu kompliziert ist, der muss am Balaton trotzdem nicht auf warmes Badevergnügen verzichten. In Marcali, von dem berühmteren Kurort rund 35 Kilometer in südlicher Richtung entfernt, befindet sich ein überdachtes Thermalbad. Innerhalb der Saison (die in der gesamten Region strikt vom 31. Mai bis zum 31. August dauert) ist auch das Freibad mit ansprechendem Kinderplanschbecken und Riesenrutsche geöffnet. Danach bleibt immerhin noch das Hallenbad. Das verfügt über ein 25-Meter-Becken für Schwimmer (Achtung: Hier herrscht Badekappenpflicht, aber die kann kostenlos beim Bademeister geliehen werden), ein „Übungsbecken“ mit maximaler Wassertiefe von einem Meter und ein Heilwasserbecken mit 37 Grad warmem Thermalwasser. Letzteres wird direkt aus der Quelle gezapft und ist nicht ganz so berühmt wie das von Hévíz, soll aber eine mindestens ebenso heilsame Wirkung bei rheumatischen, gynäkologischen und auch neurologischen Beschwerden haben. Zwar ist die Infrastruktur hier (wie auch in der ähnlich strukturierten, aber schweineteuren Grimming-Therme in Österreich) nicht wirklich auf Kinder ausgelegt, aber dennoch haben wir nicht das Gefühl, dass man sich an jungen Besuchern stört. Unsere Jungs sind glücklich, weil sie das „Kinderbecken“ an einem Wochentag Ende September stundenlang komplett für sich alleine haben. Zum Aufwärmen schlüpfen sie immer mal wieder ins warme Quellwasser, wo die Kurgäste gerne für sie zur Seite rücken. Martin zieht währenddessen im Schwimmerbecken seine Bahnen, und ich erprobe die im Eintrittspreis enthaltene Sauna und das Dampfbad (ungewohnt für nordisch-locker sozialisierte Menschen: Hier wird züchtig im Badeanzug sauniert). Achtung: Ab 16 Uhr wird’s voll, weil auch Einheimische vom Feierabend-Tarif profitieren.
Wo: Rózsa Str. 2/A in Marcali. Das Bad ist gut ausgeschildert, kostenlose Parkplätze gibt es direkt vor der Tür.
Wie teuer: Erwachsene zahlen 1400 Forint für eine Tageskarte (umgerechnet etwa 4,50 Euro), Kinder 950 Forint (etwa 3 Euro). Ab 16 Uhr zahlen Erwachsene den Kinderpreis und Kinder noch weniger.
Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 19 Uhr.
Und sonst: So ganz viel haben wir von Marcali nicht gesehen, aber ein sonderlich anziehender Ort scheint es nicht zu sein. Es gibt einen Park, in dem es sich ganz gut picknicken lässt.
Letztens bin ich auf die Idee gekommenen an den Balaton zu fahren, im Mai. Pfingsten ist Saisoneröffnung, wir wollten vorher hin. Aber nach der Lektüre beider Beiträge zum See lass ich das lieber. Ich hätte echt nicht gedacht, dass die Orte fast komplett ausgestorben sind, zumal es im September doch sicher noch ganz angenehm ist dort.
Ich tüftel mir mal einen anderen Plan zusammen :-)
Danke für die schön zu lesenden Beiträge,
Marc
[…] Wenn ihr in der Nachsaison am Balaton unterwegs seid, schaut mal auf den Blog family4travel von Lena, hier gibt es Tipps für den Urlaub im […]