Andere Länder, andere Sitten. Klar. Wer in den Spanien-Urlaub fährt, der erwartet ja in aller Regel auch keine deutschen Verhältnisse. Diese klischeehafte „Man spricht Deutsch und serviert Jägerschnitzel“-Erwartungshaltung mag es vereinzelt geben. Aber wer es bis hierher in ein Reiseblog geschafft hat, dem ist von vornherein klar, dass Reisen in Spanien ein bisschen Anpassung erfordert. Nur: Wo? Inwiefern? Worauf muss man sich beim Reisen in Spanien einstellen? Welche Stolperfallen gibt es, auf die man sich besser gleich gefasst macht? In diesem Artikel teilen wir unsere Travel-Hacks, unsere Reise-Tipps für Spanien für Familien mit Kindern (und ohne). Es geht vor allem um Kleinigkeiten, die vielleicht nicht in jedem Reiseführer stehen.
Wir: voll die Spanien-Experten [nicht]
Zumindest zum Zeitpunkt unserer Reise sind wir eine herkömmliche Familie mit Vater, Mutter und zwei Jungs (damals acht und fast elf). Es gibt ganz bestimmt Leute, die sich in Spanien besser auskennen als wir. Tatsächlich sind wir nur ein einziges Mal da gewesen: 2015 auf unserem großen Europa-Roadtrip. Aber damals haben wir das Land immerhin insgesamt knapp sechs Wochen bereist. Trotzdem haben wir längst nicht alles gesehen.
Unsere Spanien-Rundreise: Die Route
Wir sind Ende April in Barcelona angekommen (mit der Fähre von Sardinien aus). Sechs Wochen waren wir auf der Iberischen Halbinsel unterwegs. (Zwei Wochen davon allerdings in Portugal – auch wunderschön!) Hier ist unsere Route:
Dass die so merkwürdig verschnörkelt ist und nicht wirklich zum exakten Nachmachen einlädt, hat mehrere Gründe. Wir sind Couchsurfer. Das heißt, wir verabreden gerne Besuche bei Einheimischen. Das System ist inzwischen leider ziemlich tot. Schon damals war es zumindest als Familie Glückssache, in dem Gastfreundschaftsnetzwerk einen Treffer zu landen. Weil uns die tiefgreifenden Begegnungen mit echten Menschen wichtig waren, haben wir unsere Routenplanung nach den Terminkalendern unserer Gastgeber bestimmt. So haben wir zum Beispiel (leider!) Galizien fast komplett ausgelassen, um rechtzeitig in der eigentlich recht unspektakulären Kleinstadt Duenas zu sein, bevor die Familie dort in ihren eigenen Urlaub fährt. Da uns diese Besuche von jeweils zwei, drei Tagen unglaublich intensive Einblicke in die spanische Kultur (oder besser gesagt: die verschiedenen spanischen Kulturen) ermögicht haben, würde ich es aber immer wieder so machen.
Von Barcelona aus jedenfalls ging es nach Valencia. Nächste Station war die Kleinstadt Ocana, von wo aus Tagesausflüge sowohl nach Toledo als auch Madrid gut möglich sind. (An den meisten Stationen hatten wir aber Ferienwohnungen oder Quartiere über AirBnB gebucht. Couchsurfing ist großartig, aber non-stop wäre das auf einer Langzeitreise viel zu anstrengend.) Da wir eine feste Verabredung in Lissabon hatten, waren wir dann erst einmal – nach der Durchquerung der Extremadura – in Portugal unterwegs. Ende Mai haben wir uns dann drei Wochen lang Andalusien zur Brust genommen.
Noch einmal durch Portugal haben wir uns dann geschnörkelt (weil Portugal auch einfach ein wunderschönes Reiseland ist). Erst oben im Nordwesten sind wir danach wieder auf spanischem Boden gelandet. Dort haben wir uns wie gesagt viel zu wenig Galizien angeguckt. Mit kurzem Stopp in Santiago de Compostela sind wir dann noch einmal ins Landesinnere abgebogen. Gerade die Provinz fanden wir dabei irre spannend. Das ländliche Spanien abseits der Tourismusgebiete hat so wenig mit unseren Klischee-Bildern des Spanien-Urlaubs zu tun und sehr viel mehr mit den Auswirkungen des Euro-Rettungsschirms und Co. Obwohl die Sehenswürdigkeiten in dieser Gegend nicht wirklich dicht gepackt sind, war es die vielleicht interessanteste Etappe unserer Spanien-Rundreise. (Wobei es wirklich schwierig wäre, das gegen die wunderschönen Sehenswürdigkeiten Andalusiens aufzuwiegen. Dass wir beides haben konnten, war einfach genial.)
Recht intensives Sightseeing haben wir im Baskenland betrieben. Die letzten Tage unseres Spanien-Roadtrips haben wir so gebaut, dass eine Couchsurfing-Verabredung schon auf französischer Seite der Pyrenäen klappte. So haben wir (viel zu) kurz noch die zu Unrecht hierzulande unbekannten Berge der Picos de Europa kennengelernt. Dann ging es ab in die Pyrenäen. Und von da aus Mitte Juni über die Grenze nach Frankreich (und von da aus nach Hause).
Unsere Streckenführung ist sicherlich keine Route zum Nachmachen. Aber wir haben viele sehr spannende Ecken von Spanien gesehen.
Spanien-Rundreise individuell: Entfernungen mit dem Auto
Was man nicht vergessen darf: Spanien ist ein riesiges Land. Die Straßen sind weitgehend okay, man kann schon gut Strecke machen. Aber Städte und Orte sind einfach sehr weit voneinander entfernt.
Andalusien und das Baskenland in einem einzigen Urlaub zu verbinden, macht ungefähr genauso viel Sinn, wie Sylt und Berchtesgaden in denselben Sommerferien abfrühstücken zu wollen. Kann man schon machen. Aber mit dem Urlaubspensum eines herkömmlichen Arbeitnehmers ist das eigentlich nicht ansatzweise sinnvoll oder auch nur praktikabel.
Allein von Cadiz nach Granada innerhalb Andalusiens sind es ja schon knapp 300 Kilometer. Von Sevilla bis Madrid fährt man fünf Stunden (534 Kilometer), bis Barcelona fast doppelt so lange (994 Kilometer).
So ungern ich als Nichtflieger das sage: Die häppchenweise Erkundung von bestimmten Zentren aus ist für Normalsterbliche die einzig sinnige Herangehensweise. Hinfliegen, Mietwagen nehmen.
Will man Spanien in einem Stück sehen (was irre spannend ist!), sollte man sich schon ernsthaft Zeit reservieren. Unsere sechs Wochen waren für ganz Spanien eigentlich immer noch viel zu wenig.
Unsere Reise-Tipps und Travel-Hacks für Spanien
Jetzt kommen wir endlich zu besagten Tipps für Spanien als Individualreisende. In gut vier Wochen Spanien ist uns einiges aufgefallen. Besser, wenn man das vorher weiß.
In Spanien unterwegs: Das sollte man wissen
- Parken in Parkhäusern zahlt man oft minutenweise. Das ist auf den ersten Blick ungewohnt, funktioniert ansonsten aber meist genauso wie bei uns zu Hause mit einer Karte, die vor dem Verlassen an einem Automaten ausgelesen und abgezahlt wird.
- Öffentliche Toiletten findet man in der Tourist Information und oft auch in Parkhäusern, jeweils gratis.
- Verständigung mit Einheimischen ist in Spanien schwierig, wenn man kein Spanisch spricht. Selbst in international bekannten Städten und Touristenorten ist es absolut keine Selbstverständlichkeit, jemanden aufzutreiben, der Englisch (oder gar Deutsch) spricht. Mein über die Wochen geformtes Patentrezept zur Kommunikation mit Spaniern: Ich spreche Englisch, sehr langsam, und wiederhole dabei jedes Schlüsselwort auf Italienisch und/oder Französisch (wenn ich denn kann, denn auch diese Sprachen spreche ich eigentlich nicht). Da die meisten Spanier gerne bereit sind, sich Mühe zu geben, klappt das spätestens beim Einsatz von Pantomime erfahrungsgemäß recht gut.
- Spielplätze gibt es viele in Spanien. Leider scheint bei der Planung nie jemand auf Beschattung zu achten, denn ganz viele liegen in der prallen Sonne. Ganz oft sind Spielplätze in Spanien zweigeteilt oder auf benachbarte Örtlichkeiten aufgeteilt: hier für Kleinkinder bis etwa drei oder vier Jahre, dort für die Größeren. Trifft man auf einen von der „falschen“ Sorte, lohnt es sich, die Straße etwas hoch und runter zu gucken, denn fast immer befindet sich der Gegenpart ganz in der Nähe.
In Spanien ins Restaurant
- Siesta heißt: Die Geschäfte sind zu. Im Allgemeinen sind Läden, oft auch Restaurants, ungefähr von 13.30 Uhr bis 16.30 Uhr (manchmal auch bis 17 Uhr) geschlossen. Es gibt keine einheitliche Regelung bezüglich Siesta-Zeiten. Je nach Region gibt es mancherorts schon noch „irgendwas“. Aber oft eben auch nicht. Zwei Mal waren wir zu spät dran, uns Mittagessen zu besorgen, und haben dann auch wirklich nichts gefunden. Das war einmal in einer gottverlassenen Kleinstadt, wo man vielleicht darauf gefasst ist, aber einmal auch in der Großstadt Léon, wo wir erst nach über einer Stunde Suchen schließlich eine Burgerbude auftrieben, die uns auch nach 14 Uhr noch etwas zu Essen verkaufte.
- Ein bisschen tückisch bei Restaurants: Nur selten findet man schon draußen einen Aushang mit der Speisekarte, um das Preisniveau zu checken. Wir sind dann oft einfach reinmarschiert und haben uns eine Karte geben lassen, um nach einem ersten Blick zu entscheiden, ob wir gehen oder bleiben. Keine Ahnung, ob wir damit sehr schlechte Manieren bewiesen haben, aber es hat für uns jedenfalls gut funktioniert.
- Getränke stehen oft allerdings gar nicht in der Karte, und wenn, dann ohne Preise. Da im Allgemeinen das Preisniveau niedriger ist als in Deutschland, kann man als deutscher Tourist damit aber ganz gut leben.
- Wie auch in Italien und Frankreich öffnen „richtige“ Restaurants erst spät am Abend. Gerade mit Kindern ist das schwierig, denn vor 20.30 Uhr kriegt man einfach schwierig einen Teller vor die Nase. Unsere Patentlösung: Tapas-Bars. Die öffnen meist gleich nach der Siesta schon am frühen Abend, und das Prinzip der Kleinigkeiten zum Kombinieren und Tauschen kommt bei Kindern sowieso gut an. Unsere mochten am liebsten Tortilla („Kartoffel-Auflauf“) und patatas alioli (Kartoffeln in Knoblauch-Mayonaise).
- Bestellt man nur Getränke in einer (Tapas-)Bar, bekommt man fast immer automatisch ein paar Häppchen dazu. Die sind im (Überraschungs-)Preis mit drin. Je nach Umfang der Bestellung und Örtlichkeit geht es dabei um ein Schälchen mit Nüssen oder Chips (meistens) bis hin zur kleinen Vorspeisenplatte mit abgezählten Köstlichkeiten pro Person (selten).
Mehr Erfahrungen von unserer Spanien-Rundreise
Ich hab immer noch viel zu wenig gebloggt über unsere Reiseerfahrungen in Spanien. Unterwegs habe ich mir zwar fleißig Notizen gemacht, war aber doch zu sehr mit Reisen und Genießen beschäftigt, um nach all unseren Erlebnissen abends auch noch fundierte Blogberichte rauszuhauen. Und seit unserer Rückkehr vor drei Jahren sitze ich hier mit einem gigantischen Fundus an Fotos und Aufzeichnungen und arbeite den Berg nach und nach ab…
Bisher sind folgende Artikel und Erfahrungsberichte aus Spanien im family4travel-Blog erschienen:
- 5 Tage Barcelona mit Familie: Unser Programm
- Janis erzählt euch was… über das Dali-Theatermuseum in Figueres
- Andalusien mit Kindern: Der perfekte Tag in Sevilla
- Andalusien: Familienausflug zur magischen Alhambra in Granada
- Cadiz: Warum diese Stadt eine zweite Chance verdient
- Andalusien: Ein Tag in Cordoba mit Kindern
- Gibraltar mit Kindern: Lohnt sich ein Tagesausflug?
- Guadix: Als wir zu Höhlenmenschen wurden
- Baskenland mit Kindern: Unsere Erfahrungen im Rundumschlag
- Castro Urdiales: Unser Basislager am Golf von Biskaya
- Gernika: Die heilige Stadt der Basken
- Donostia-San Sebastian: Die Stadt am Meer im Baskenland
- Momentaufnahme: Die Mohnblumen von La Mancha
- Allgemeine Tipps zum Thema Reisen mit dem Auto mit Kindern habe ich hier zusammengefasst:
Roadtrip mit Kindern: Unsere Tipps für den Familienurlaub mit dem Auto
Und nicht mein Artikel, aber ein Erfahrungsbericht einer lieben Reiseblogger-Kollegin über eine absolut spannende Region in Spanien, die fürs nächste Mal auf meiner persönlichen Wunschliste steht: Reisebericht aus dem Ebro-Delta auf onTourWithDogs.
Mehr über unsere Familien-Reise durch Spanien und ganz Europa…
… steht in unserem gerade erscheinenden Buch „Die Entdeckung Europas“. In fünf der 42 Kapitel geht es um Geschichten, die wir in Spanien erlebt haben. Dabei stehen die Begegnungen mit den Menschen vor Ort im Mittelpunkt, die ich im Blog immer nur kurz angerissen habe.
Da geht es um
- unsere Couchsurfing-Gastgeber in einer nordspanischen Kleinstadt, die eine riesige Casa Rustica vermieten, während sie sich zu viert in einem winzigen Häuschen drängen
- einen spanischen Polizisten, der um seinen Arbeitsplatz bangt
- ein katalanisch-rumänisches Paar, das in der seperatistischen Großwetterlage in Barcelona seinen gemeinsamen Weg sucht
- ein Zusammentreffen mit einer deutschen Aussteiger-Familie, die in Andalusien fern der deutschen Schulpflicht ihr hardcore-veganes Freilerner-Leben genießt
- und unsere Begegnung als Nicht-Pilger mit dem Pilgerphänomen in Santiago de Compostela
Details, Rezensionen und einen Blick hinter die Kulissen gibt es hier: Die Entdeckung Europas – unser Buch.
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Verdammt, jetzt will ich sofort wieder nach Spanien! In Andalusien haben wir uns ja schon verliebt, aber auf Nordspanien bin ich auch ziemlich neugierig…
LG Jenny
Wir hatten ja den direkten Vergleich, und für mich war Andalusien schon die schönste Ecke Spaniens – aber auch Galizien ist richtig, richtig schön, Kalalonien auch, und das Baskenland. Und die Pyrenäen erst! Dahin möchte ich auf jeden Fall noch mal. Ich hatte letztens einen Pyrenäen-Reiseführer im Lektorat, da bin ich regelmäßig dahingeschmolzen vor Sehnsucht…
Sehr spannender Reisebericht! :D So eine Rundreise durch Spanien würde ich auch gerne machen und am liebsten einen Wohnwagen mieten und losfahren. :)
[…] ist eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen. Aber auch das Festland von Spanien hat tolle Reiseziele , die abseits der Touristenroute […]