Die Kleinstadt Thun im Berner Oberland lässt sich hervorragend auf einem Tagesausflug erkunden. Zwischen Altstadt und Schlossmuseum haben wir uns auf die Suche nach den Besonderheiten der alten Stadt am Thuner See gemacht.
Dieser Artikel ist Teil unserer Serie „AbenTEUER Schweiz: 2 Wochen Backpacking mit Kind zwischen Berner Oberland und Genfer See“.
Interlaken oder Thun?
Bei der Planung unseres Backpacking-Trips zu dritt habe ich kurz überlegt: Müssen wir uns Thun überhaupt angucken, wenn wir tags zuvor schon intensiv durch Interlaken gebummelt sind? Meine Antwort aus Erfahrung: Ja, unbedingt!
Als wir in Thun aus dem Zug steigen, sitzt uns das surreal asiatische und böse überlaufene Interlaken noch in den Knochen. Thun mit seinen knapp 44.000 Einwohnern hat bei uns bereits in diesem Moment einen Stein im Brett. Allein deshalb, weil es nicht Interlaken ist.
Aber das ist entschieden nicht alles, was sich zu Thuns Lob anführen lässt.
Wir haben einen ganzen Tag, um die kleine Stadt zu erkunden. Wie wir feststellen, ist dieser Zeitrahmen gerade richtig. Sicher lässt sich hier auch bequem mehr Zeit verbringen. Für einen Tagesausflug ist Thun aber bestens geeignet.
Thun mit Kindern: Der kostenlose Kinderstadtplan
Wir haben den Thuner Kinderstadtplan dabei, den uns unsere Couchsurfing-Gastgeber in Bern vorsichtshalber mitgegeben haben. Dieses überaus praktische Reise-Utensil empfehle ich allen, die sich Thun mit Kindern angucken möchten.
Ich habe es nicht selbst überprüft, aber ich gehe mal davon aus, dass der kostenlose Plan in der Touristinformation im Bahnhof zu bekommen ist („Thunersee Tourismus Welcome-Center“, Aarefeldstrasse 16). Auf jeden Fall habe ich weitere Exemplare im Schlossmuseum ausliegen sehen.
Der bunt gezeichnete Stadtplan macht eine Orientierung zwischen Bahnhof, Aare-Insel und Altstadt leicht. Der 10-jährige Silas übernimmt unsere Routenführung routiniert. Wohin wir wollen, ist auf dem Plan ebenfalls gut sichtbar eingezeichnet: Wir halten uns einfach an die bunten Zahlen, die uns an allen Sehenswürdigkeiten von Thun vorbeiführen.
Viele Informationen liefert der Kinderstadtplan dann zwar nicht. (Das übernimmt Wikipedia für uns, weil wir uns die Investition in einen guten Reiseführer blöderweise mal wieder verkniffen haben.) Dafür gibt es an jeder Station eine Frage, ein Rätsel oder eine Aufgabe zu lösen. So findet Silas heraus, was die Herren auf dem Gemälde in der Bahnhofshalle tun. Er schaut nach, wo „die drei Grazien“ den Thuner Hausberg Niesen in einer Schüssel tragen. Und er zählt die Stufen zwischen Straße und Hochtrottoir in der Oberen Hauptgasse.
Zu gewinnen gibt es nichts. Der Weg ist das Ziel. Als Orientierungshilfe und Laufmotivation taugt der Plan für uns trotzdem hervorragend.
Von der Jungsteinzeit bis ins 21. Jahrhundert
Thun liegt da, wo der Fluss Aare in den Thuner See mündet. (Die Schweizer schreiben: Thunersee.) Der Mündung direkt vorgelagert ist die Insel, die heute die zentrale Fußgängerzone trägt. Entsprechend spielen Wasser und Brücken eine zentrale Rolle in der Stadt.
Eine ganze Weile stehen wir erst einmal am Aare-Ufer und betrachten die Flusswelle, die sich als lebhafte Wassermasse auf die Obere Schleuse zuwälzt. Jene überdachte Brücke nutzen wir schließlich, um auf das Bälliz zu gelangen. So heißt die Insel, und das ist auch der Name der Fußgängerzone in ihrer Mitte.
Wo genau der historische Kern der Stadt Thun liegt, ist aber gar nicht so leicht zu beantworten. Da, wo heute die Marktgasse ist, kam bei Ausgrabungen eine jungsteinzeitliche Lagerstelle zutage. In äußeren Stadtteilen fanden sich Siedlungsreste aus der Bronzezeit. Und irgendwo im heutigen Stadtgebiet muss auch das Römerlager vicus Dunum gelegen haben. Um eine durchgängige Besiedlung anzunehmen, reichen die Funde aber nicht hin.
So richtig taucht Thun erst im Mittelalter aus dem Nebel der Geschichte auf. Im 13. Jahrhundert verlieren die Grafen von Kyburg die Stadt an die Landesherren von Bern, nachdem ein blutiger Familienzwist zum Brudermord ausgeartet war.
In jüngeren Zeiten wandelte sich Thun erst zu einem lokalen Wirtschaftszentrum, ab dem frühen 19. Jahrhundert dann zur Garnisonsstadt. Bis heute ist ein großer Teil der Schweizer Armee hier stationiert. Heute lebt die Stadt vor allem vom Tourismus, wenngleich auch dieser Wirtschaftszweig (so sagt jedenfalls Wikipedia) schon bessere Tage gesehen hat.
Geschichte zum Anfassen im Schlossmuseum
Wir halten auf das Schlossmuseum zu. Der bildschöne Donjon scheint direkt einer Illustration aus dem Märchenbuch entsprungen. Ein Herzog namens Berthold V. von Zähringen ließ den mittelalterlichen Wohnturm Ende des 12. Jahrhunderts errichten. Hier passierte später auch der Brudermord, der der Eigenständigkeit der Stadt ein Ende bereitete.
Auf fünf Stockwerken machen wir uns nun auf recht vergnügliche Weise mit der Thuner Stadtgeschichte bekannt. Die Ausstellung ist modern gestaltet, und so gibt es nicht nur stimmungsvoll beleuchtete Glasvitrinen, in denen sich eine Menge Wissenswertes präsentiert, sondern auch viele Dinge zum Ausprobieren. Wir versuchen uns in einem mittelalterlichen Brettspiel und rechnen frühneuzeitliche Gewichte um. Nachdem Silas den Zahlencode des Geheimschranks geknackt hat, können wir uns als Renaissancebürger verkleiden.
Empfehlenswert ist ein Museumsbesuch nicht allein wegen der Wissensvermittlung, sondern auch wegen der hervorragenden Aussicht. Als wir aus den offenen Dachfenstern in den vier Türmchen blicken, entfaltet sich das volle Alpenpanorama rund um die Stadt vor unseren Augen.
Das Schlossmuseum Thun hat täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet (im Winterhalbjahr stark eingeschränkte Öffnungszeiten). Eine Familienkarte (2+x) kostet 20 Franken. Einzeln zahlen Erwachsene 10 Franken, Kinder von sechs bis 16 kosten 3 Franken.
Stadtspaziergang durch Thun
Vom Burgberg schlendern wir gemütlich wieder hinunter ins Stadtzentrum. Gemäß unserer Tour auf dem Stadtplan machen wir dabei die Bekanntschaft des Fulehung – einer typisch Thuner Schreckgestalt des Karnevals. In der Oberen Hauptgasse bewundern wir das Hochtrottoir: den aufgebockten Bürgersteig, der ebenfalls eine Thuner Besonderheit darstellt.
Wir bummeln noch ein ganzes Stück an der Aare entlang und Richtung Thuner See. Bis zum Schadaupark schaffen wir es allerdings nicht. Dort könnten wir das Thun-Panorama besichtigen, eine 38 Meter lange Rundansicht auf die Stadt aus dem Jahr 1814. Dem stattlichen Eintrittspreis von 9 Franken pro Person entnehme ich, dass es sich dabei um etwas ganz Besonderes handelt. Als bekennende Kunstbanausen machen wir den Umweg auch dann nicht, als wir erfahren, dass es ermäßigte Tickets in Kombination mit dem Schlossmuseum oder auch dem Kunstmuseum auf der anderen Aare-Seite gibt.
Kaffeepause in Thun
Da uns der Magen mittlerweile in den Kniekehlen hängt, suchen wir stattdessen nach einem Café. Essengehen ist in der schweineteuren Schweiz immer eine schmerzhafte Angelegenheit für uns Knauserköppe. Meist läuft es auf unserer zweiwöchigen Backpacking-Tour deshalb darauf hinaus, dass wir uns im Supermarkt Brot und Käse auf die Hand kaufen.
Beim Schlachter (Metzger? Fleischer?) bietet sich in Thun eine interessante Alternative: „Brötli“, spärlich belegte und dick mit Aspik überzogene ungetoastete Toastscheiben. Fasziniert bleiben wir vor mehreren solcher Auslagen stehen. Essen wollen wir die Thuner Spezialität freilich nicht. (Allein schon deshalb, weil die Häppchen preislich bei umgerechnet vier Euro pro Stück beginnen.)
Stattdessen gönnen wir uns eine Einkehr in der Konditorei Steinmann direkt in der Fußgängerzone auf dem Bälliz. Obwohl sich der Charme der Inneneinrichtung eher an dem orientiert, was wir aus 90er-Jahre-Eisdielen gewöhnt sind, bekommen wir im „Tea Room“ im ersten Stock nur mit Glück noch einen Tisch für drei Personen. Der Kuchen ist lecker. Es gibt auch herzhafte Gerichte im Angebot. Solide, sage ich mal. Aber mit dem kulinarischen Geheimtipp für Thun kann ich leider nicht dienen.
Unser Fazit zum Tagesausflug nach Thun mit Kind
Nach unserer Kaffeepause setzen wir unseren Stadtbummel noch eine Weile fort. Wir laufen am Fluss entlang, bis wir auf das (idyllische, aber nicht weiter spektakuläre) Kleistinseli stoßen. Dann müssen wir uns aufmachen, um unsere Mitfahrgelegenheit nach Sigriswil zu treffen. Denn in der Samtgemeinde am Berghang über dem Thuner See sind wir für zwei Tage zum Couchsurfing verabredet.
Dass wir Thun auf unsere Reiseroute gesetzt haben, freut uns jedenfalls über die Maßen. Die Kleinstadt am See hat unseren Eindruck vom Berner Oberland geradegerückt. Zwischen Altstadtbummel und Museum hatten wir alle drei einen tollen Tag.
Ausflugsziele in der Nähe von Thun
Folgende Dinge standen noch auf unserer Wunschliste, haben wir uns aber leider in der kurzen Zeit nicht ansehen können [externe Links]:
- die Beatus-Höhlen, aus denen ein mittelalterlicher Heiliger einen feuerspeienden Drachen vertrieben haben soll (ist aber auch ganz schön teuer: Die Familienkarte kostet 49 Franken, also knapp 50 Euro).
- die Cholerenschlucht, in der es einen schönen Wanderweg geben soll.
- Das Spielzeugmuseum Thun ist offenbar seit kurzem dauerhaft geschlossen.
- Und wer mehr über dieses merkwürdige Panorama-Bild wissen will: Beim Thuner Kunstmuseum gibt es weitere Informationen.
Noch ein Tipp: Mein Reiseblogger-Kollege Olaf vom Weltreiseforum hat drei gute Ausflugstipps rund um den Brienzersee auf Lager, der nur ein kleines Stück weiter östlich liegt.
Mehr Schweiz mit Kindern
Die anderen Reiseberichte von unserem Backpacking-Trip durch die Schweiz mit Kind stehen hier:
- AbenTEUER Schweiz: 2 Wochen Backpacking mit Kind zwischen Genfer See und Berner Oberland
- Genfer See: 6 Tipps für Lausanne mit Kind
- Montreux: Die schönste Stadt am Genfer See
- Genf low budget: Sightseeing mit Kind in der teuersten Stadt Europas
- Bern mit Kind: Einstein und Altstadt
- Schweizer Jugendherbergen: Unsere Übernachtung in Interlaken
- Interlaken: Zwischen Alpen und Asien
- Berner Oberland: Ausflug nach Thun mit Kind
- Sigriswil: Familien-Wandern über dem Thuner See
- Waadtländer Jura: Ausflug in die „kleinen Berge“
- Backpacking mit Kind in der Schweiz: Unsere Erfahrungen und Tipps
2019 haben wir die Schweiz noch einmal bereist. Diesmal war die ganze Familie dabei. Auch davon gibt es reichlich Reiseberichte:
- Osterferien: Roadtrip zwischen Schwarzwald und Schweiz
- Tessin: Locarno mit Kindern (in der Jugendherberge)
- „Glamping“ in der Schweiz: Mobile Homes auf den TCS-Campingplätzen
- Schokoladenfabrik besichtigen: Unser Ausflug zu alprose in der Schweiz
- Bosco Gurin: Idylle im höchsten Dorf des Tessin
- Lugano mit Kind: Die größte Stadt des Tessin
Transparenzhinweis: In Thun waren wir völlig auf eigene Kappe. Wir haben unser Programm ganz frei gewählt. Unsere Meinung ist sowieso immer unsere eigene.
Das Örtchen sieht wirklich richtig hübsch aus. Besonders der Ausblick vom Schlossmuseum ist toll!
Ja, allein für den Panoramablick lohnt sich der Eintritt. :)
Liebe Lena, ich bin keine Thun-Expertin, dazu wohne ich zu weit weg. Aber mit 90’000 Einwohnern hast du dich um 100 % vertan.
Die „Brötchen“ nennt man bei uns Canapés. Sie sind keine Thuner Spezialität, sondern schweizweit zu haben. Verhältnismässig günstig essen kannst du in unserem Land in der Regel in den Selbstbedienungs-Restaurants der beiden Supermärkte Migros und Coop.
Grüessli
Bea
Danke für deine Insider-Hinweise, liebe Bea! :) Ich hab die Zahl bei Wikipedia abgeschrieben und fälschlicherweise die der Aggloremation erwischt – natürlich sofort geändert.
Uns sind die Canapés nur in Thun aufgefallen, wahrscheinlich, weil sie da überall im Schaufenster lagen. Erzähl doch mal, wie oft isst man sowas als Schweizer? Ist das etwas, das man sich im Vorbeigehen mal gönnt, wie in Deutschland eine Bratwurst auf dem Markt? Oder stellt man da eher zu besonderen Gelegenheiten eine Auswahl von auf den Tisch, z.B. beim Geburtstagskaffeetrinken? Ich finde es immer wieder spannend, dass man auch innerhalb Europas so viele „exotische“ kulturelle Besonderheiten findet! :D
Aus der Selbstbedienungsabteilung in den Supermärkten haben wir häufig gekauft. Da gibt es ja schon ganz feine Sachen, die man im Standard-Supermarkt nicht eben auf die Faust zusammenkriegt, einen frischen Hirsesalat z.B., oder eine Portion aufgeschnittene Ananas etc. Und es gibt dort immer recht hochwertiges Plastikbesteck zum Mitnehmen, das ist schon ganz praktisch.
Ich finde es witzig, dass du die Canapés derart exotisch findest. Sie sind wohl helvetisches Kulturgut. Und ich kenne sie seit meiner Kindheit.
Traditionell kommen sie in den Varianten Spargel (aus der Büchse!), Thon, Schinken, Ei, Selleriesalat, Käse… hm, was noch… daher. Sehr exotisch war früher Lachs. Canapés sind mit Toastbrot unterlegt und mehr oder weniger fantasievoll garniert mit Gürkli, Eischeibchen, einem Tupfer Mayo, einem Mandarinchen-Schnitz aus der Dose und was die Küche sonst noch hergibt. Der Gelée darauf verhindert, dass sie zu schnell austrocknen.
Man kauft sie sich zum Mittagessen, auch mal als kulinarische Untermalung zu einem Apéro, einem Geburtstag, als Vorspeise etc, Canapés gehen fast immer. Auch hier gilt wieder: Am günstigsten beim Grossverteiler. Wie du gesehen hast, bietet sie der Metzger an, aber auch der Bäcker.
Canapé heisst übrigens auch „Sofa“…
https://de.wikipedia.org/wiki/Canap%C3%A9
Grüessli
Bea
„Thun ist schön, aber Nichtstun ist schöner!“ sagte mir einst ein älterer Herr aus Thun im Rentenalter…
Canapé – oder Kannebee, wie wir in meiner Heimatstadt Karlsruhe früher sagten – mag ja auf Deutsch Sofa heißen, auf englisch aber Couch: Ist das nicht ein ideales Zvieri* für Couch-Surfer – oder?
*Schwizerdütsch für Vesper oder Brotzeit
Grüße vom Hochrhein
Theo
Haha, die Verbindung habe ich noch nie gezogen, aber sie passt. :)
Ein Tagesausflug ins Berner Oberland nach Thun mit meinem Kind war ein unvergessliches Erlebnis. Die malerische Altstadt, das historische Schloss und die entspannte Atmosphäre entlang des Thunersees boten eine perfekte Kulisse für gemeinsame Abenteuer und Erkundungen.
Ah, ist das die neue Generation der von KI erstellten Kommentare? Klingt fast echt, hat aber einen Casino-Link hinterlegt – den ich natürlich nicht freischalte.