Die Schaumburg ist sozusagen die Keimzelle des Schaumburger Landes. Hübsch thront die restaurierte Ruine nahe Rinteln auf dem Nesselberg, der dem Kamm des Wesergebirges vorgelagert ist. Als Wanderziel lockt sie heute vor allem Spaziergänger. Zwei schöne Rundwege bieten sich hier an – und natürlich die geschichtsträchtige Burg selbst, die nicht nur Kinder gerne erkunden.
Burg Schaumburg und das Fürstentum
Die Schaumburg ist namensgebend für den Landkreis und das, was bis 1946 noch als souveräner Kleinstaat durchging – zumindest auf dem Papier. Gut, nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs im Jahr 1918 war das drittkleinste Mitgliedchen im Deutschen Bund nur noch ein Freistaat. Und obwohl „schon“ 1820 die Bauern aus der fürstlichen Leibeigenschaft entlassen wurden, hat das mit dem eigenen Landtag im 19. Jahrhundert nie so recht geklappt (gewählt wurde, kassiert auch, getagt dann mal locker für zehn Jahre gar nicht, und mit Volkswillen hatten wir das sowieso nicht so). Ob das alles seine Ordnung hatte mit der Erhebung vom Grafen zum Fürsten, oder ob Georg Wilhelm zu Schaumburg-Lippe den Titel doch eher nur Napoleons Schludrigkeit und Unkenntnis deutscher Adelsbezeichnungen zu verdanken hatte, lassen wir an dieser Stelle auch lieber dahingestellt.
Zu dem Zeitpunkt lag der Stammsitz der frisch beförderten Fürsten ohnehin jenseits der aktuellen Landesgrenze (die ausführliche Darlegung der Gründe dafür erspare ich der werten Leserschaft – Stichwort Landesteilung nach Versiegen einer Erblinie). Putzig ist es jedenfalls, das rührige kleine Fürstentum Schaumburg-Lippe, in dem der Landesherr 1848 der Legende nach die Revolution mit Freibier besiegte.
Aber darum geht es heute gar nicht. Heute geht es um die Schaumburg, das alte Gemäuer, das vom Nesselberg aus den Weserbogen überblickt.
Warum die Schaumburg Schaumburg heißt
So einfach sind wir dann auch schon bei der Bezeichnung des Stammsitzes. Die hat nämlich nichts mit Tollwut und auch nichts mit Schaumweinen zu tun, obwohl der aktuelle Fürst Alexander zu Schaumburg-Lippe ebensolche unter seinem Label im Bückeburger Schloss verkauft. Gut schauen kann man von dort oben, und im Laufe der Jahrhunderte hat irgendwer ein bisschen genuschelt.
Die Schaumburg besichtigen
Gut ausgeschildert führt der Weg zur Schaumburg mit dem Auto auf den Nesselberg. Direkt vor dem Torhaus wartet ein kostenloser Wanderparkplatz. Ist dieser voll, gibt es weitere Plätze ums Eck am Restaurant „Schaumburger Ritter“ sowie ein Stück die Straße runter.
Durch den Durchgang im alten Torhaus geht es dann hinauf zur Burgruine. Der Zugang ist frei.
Das Torhaus der Schaumburger Burg
Wir durchschreiten das Torhaus, das eigentlich auch schon mein Lieblingsgebäude des über die Jahrhunderte gewachsenen Ensembles ist. Misstrauisch beäugt uns dabei der Neidkopf. Er stammt wohl aus dem 14. Jahrhundert und hat den Job, alles Böse abzuwehren. So, wie er guckt, hat er möglicherweise ein schlechtes Gewissen, dass ihm das nicht immer gelungen ist.
An jeder Seite zeigt sich ein Schmuckerker im Stil der Weserrenaissance – der Zeit, als die alte Burg als Witwensitz reaktiviert wurde.
Ein Fachwerkbau schließt sich an, im frühen 20. Jahrhundert historisierend aus diversen Osnabrücker Bürgerhäusern zusammengestückelt, aber deswegen nicht weniger schön. Hier kann man übrigens auch Urlaub machen, denn im Torhaus werden Ferienwohnungen vermietet.
Georgsturm mit Aussicht
Oben auf dem Burghügel wartet der trutzige Burgfried. Auch er ist ein Konstrukt aus der Zeit, als Kaiser Wilhelm II. denen zu Schaumburg den verlorenen gegangenen Stammsitz zum kostspieligen Silberhochzeitsgeschenk machte – als stillschweigenden Wink mit dem Zaunpfahl, dass die Ruine baldmöglichst in neuem Glanz zu erstrahlen habe. Schließlich sollte jeder Bürger des Kaiserreichs sich glücklich schätzen, Untertan eines Landes lebendiger Traditionen zu sein. Also ließ Fürst Georg brav den abgebrochenen Turmstumpf wieder hochmauern, der heute nach ihm Georgsturm heißt. Für 50 Cent in eine Kasse des Vertrauens dürfen Besucher ihn besteigen und die Aussicht genießen.
Was die Schaumburg mit dem Wappen von Schleswig-Holstein zu tun hat
Bebaut war der Grund aber schon im 12. Jahrhundert, als die Grafen zu Schaumburg Lübeck gründeten und Hamburg das Hafenrecht verliehen. Zu ihrem eher mickrigen Stammland hatten sie ein großes Lehen im Holsteinischen erhalten. So kommt das Schaumburger Nesselblatt vom Nesselberg in das Wappen vieler norddeutscher Städte und bis in das Emblem des Bundeslandes Schleswig-Holstein. Da die Grafen damals noch unter dem Namen „Schauenburg“ firmierten, ist dererorts die uralte Verbindung ins Schaumburger Stammland oft völlig unbekannt.
Auch die Schaumburger Grafen selbst ließen ihr Ursprungsgemäuer bald in Vergessenheit geraten und verflüchtigten sich in angenehmere Behausungen. Im ausgehenden Mittelalter bezogen sie das Schloss in Stadthagen. Später siedelten sie nach Bückeburg über, wo die Familie heute noch ein wunderschönes Märchenschloss bewohnt.
Echte und unechte Ruinen
Die Schaumburg verfiel. Zwischenzeitlich wurde sie noch einmal kurz als Witwensitz reaktiviert. Durch die „Reichsteilung“ nach Aussterben der direkten Linie 1647 fiel der Schaumburger Stammsitz an die Landgrafen zu Hessen-Kassel, deren Rechtsnachfolger der preußische Staat wurde. So hatten Fürst Georg und sein glücklicherweise immerhin nicht allzu fantasiefreudiger Architekt ab 1907 freie Bahn zur Aufhübschung der alten Bausubstanz. Trotzdem gibt es auch noch originale mittelalterliche Ruinen auf dem Gelände zu sehen.
Die Burggaststätte
Mag man von den romantischen Verklärungen des 19. Jahrhunderts halten, was man will – hübscher als der in den 1960er Jahren entstandene Anbau der Burggaststätte sind sie auf jeden Fall. Seit 2017 steht sie leer. Wer – nach Corona – an der Schaumburg Kaffeetrinken möchte, muss rüber in den (ziemlich hochpreisigen) „Schaumburger Ritter“ vorm Burgtor.
Weitere Gebäude der Schaumburger Burg
Der Pallas geht als Hauptgebäude des Ensembles immer so ein bisschen unter zwischen Georgsturm und Aussichtsterrasse. Dabei strotzt das steinerne Haus geradezu von Schmuckelementen der Weserrenaissance, die allerdings ein bisschen zusammengewürfelt aussehen.
Der Pallas gehörte bis vor kurzem auch zur Gastronomie. Ich bin mir nicht sicher, ob er heute leersteht oder anderweitig vermietet ist.
Zwischen Pallas und Turm befindet sich ein Fachwerkgebäude, das früher Stallungen und eine Kutscherwohnung beherbergte. Es ist heute mit allerhand alten Gegenständen geschmückt, die ihm das Aussehen eines Heimatmuseums verleihen.
Auf der anderen Seite des Burghofs können wir noch einen Blick in den Glockenturm werfen, der noch im 18. Jahrhundert als Amtsgefängnis diente. Außerdem steht hier noch ein Backhaus. Und von der Mauer schweift die Aussicht ins weite Schaumburger Land hinunter zur Weser.
Wandern an der Schaumburg
Die Schaumburg eignet sich hervorragend als Ausgangspunkt und Ziel für Wanderungen. Zwei kurze Routen ergeben jede für sich oder auch kombiniert einen perfekten Sonntagsspaziergang.
Zwischen Schaumburg und Paschenburg
Die Standard-Runde beginnt an der Schaumburg und zieht sich hinauf zur Paschenburg. Aus irgendeinem Grund sprechen wir Einheimischen das Wort mit einem langen a – keine Ahnung, wieso, aber daran erkennt man immer die Auswärtigen. Das gehobene Restaurant wurde als Forsthaus erbaut und ist nur dem Namen nach eine Burg. Das Restaurant selbst kann ich empfehlen. Wir waren hier (allerdings vor etlichen Jahren) einmal sehr gut Essen. Die Aussicht aus dem Wintergarten ist grandios!
Die Wege gehen gut bergan, sind aber gut befestigt. Auf halber Strecke des Anstiegs gibt es eine Schutzhütte und immer wieder Bänke. In regelmäßigen Abständen hängen Tafeln mit alten Liedtexten, was eine nette Abwechslung bringt.
Von einem Aussichtspunkt aus können wir die Klippen hinunterblicken. Das „Meumkenloch“ ist allerdings nicht zu sehen. Die Höhle ist für Spaziergänger nicht zugänglich. Hier ist es am Abgrund ernsthaft gefährlich! Der Legende nach soll dort „die Meume“ gelebt haben, eine Hexe, die den Schaumburger Grafen mit Liebestränken verzaubert hat.
Auf der anderen Seite der Paschenburg geht es dann wieder im Bogen hinab. Insgesamt ist der Rundweg gut drei Kilometer lang.
Der Wichtelsteig unterhalb der Schaumburg
Ein schöner Bogen um den Nesselberg lässt sich auch unterhalb der Schaumburg drehen. Der Einstieg befindet sich am Ausweichparkplatz ein kleines Stück die Straße hinunter (Achtung beim kurzen Stück auf dem befahrenen Asphalt!). Ein buntes Holzschild markiert den Beginn des Wichtelsteigs. (Leider sind Name und Schild auch schon alles, was der Weg speziell für Kinder zu bieten hat. Schade eigentlich.)
Der Wichtelsteig ist ziemlich schmal und gewunden und somit sehr schön zu wandern. Er zieht sich mit Aussicht auf den Ort Schaumburg bis an die Burgstraße. Die paar Meter am Straßenrand bilden den zweiten unschönen Knackpunkt der ansonsten ausgesprochen schönen Runde. Der Wiedereinstieg am winzigen Wanderparkplatz mit Picknicktisch ist jedoch schon zu sehen. Ergattert man hier eine Parklücke, ist das der schönere Startpunkt, jedoch passen hier gerade einmal zwei Autos hin.
Wer mag, kann die Runde bis nach Rohdental ausdehnen und 6,5 km (über den Rentnersteig) oder 7,2 km plus etliche Höhenmeter (über den Kammweg) laufen. Unsere Familienrunde biegt bei erster Gelegenheit links ab. Hier kommen wir an den Hexenteichen vorbei (die leider auch wieder spannender klingen, als die beiden Tümpelchen wirklich sind). Auf dem breiteren Rentnerweg kommen wir dann nach etwa 3,5 km wieder an der Schaumburg an.
Mehr Ausflugstipps für Schaumburg
Weitere Wanderziele sammele ich in meiner Serie #WandernInSchaumburg. Ein Überblick findet sich in diesem Artikel:
Wandern in Schaumburg: Tipps für Spaziergänge mit Kindern
Hier in meinem Reiseblog habe ich noch eine ganze Reihe weiterer Erfahrungsberichte über schöne Orte in meiner Heimatregion. Übersichtlich gesammelt und verlinkt sind sie alle hier:
Schaumburger Land: Tipps für Ausflugsziele
Insgesamt haben wir mehr als 180 Reise- und Ausflugstipps für Familien deutschlandweit ausprobiert und darüber gebloggt. Eine Übersicht bietet dieser Artikel:
Familienurlaub in Deutschland: Unsere geballten Tipps
Transparenz-Hinweis: Dieser Artikel basiert auf einer älteren Version von 2014, ist jedoch grundlegend überarbeitet und stark erweitert.
Super! Danke. Da kommen Erinnerungen an die Zeit hoch, als das Torhaus der Schaumburg dem Schaumburger Künstlerverein als Ausstellungsraum diente. Meine Mutter, die eine bekannte Schaumburger Künstlerin war, hat dort einige Male ausgestellt. Liebe Grüße
Ulrike.
Guck an. Leider bin ich künstlerisch sehr unbewandert, deine Mutter kenne ich bestimmt nicht. Von Ausstellungen im Torhaus hätte ich aber in der Zeitung gelesen, wenn es sie noch gäbe, denke ich. Wahrscheinlich waren das die Räume, die heute die Ferienwohnungen sind?
Ja, wahrscheinlich. Das mit den Ausstellungen ist sicher schon 20 Jahre her. Meine Mutter ist 1999 gestorben. Man findet sie auch nicht im Internet. Aber soviel ich weiß, hängt ein Gemälde von ihr im Obernkirchener Heimatmuseum.