Die barocke Residenzstadt besitzt ein schickes Schloss und einen noch viel bombastischeren Schlosspark. Zwischen Natur und Architektur lassen sich in Ludwigslust vergnügliche Stunden verbringen – auch mit Kindern. Wir haben in der kleinen Stadt eine wahrhaft ideale Kandidatin für unsere Reihe „Grüne Pausen“ gefunden.
Ludwigslust? Nie gehört.
Ludwigslust liegt da, wo die A14 im Nirgendwo endet. An der Elbe stößt Mecklenburg-Vorpommern im Westen auf Niedersachsen. Im Süden beginnt wenige Kilometer weiter Brandenburg. Rund um Ludwigslust ist viel Natur. Und in Ludwigslust? Da gibt es richtig was zu gucken!
„Versailles des Nordens“
Mit diesem schmucken Titel wirbt Ludwigslust gerne. Wie viel da dran ist, kann ich nicht sagen. Denn bis zu jenem französischen Königsschloss haben wir es noch nicht geschafft. An Sanssouci in Potsdam und Casserta in Italien – Schlösser, die ebenfalls gerne mit Versailles verglichen werden – fühlte ich mich aber durchaus erinnert. Barocke Pracht, wohin man schaut.
Gar königlich wirkt der größte Schlosspark Norddeutschlands jedenfalls. Dabei haben hier immer „nur“ die Herzöge von Mecklenburg-Schwerin residiert.
Eine ganz kurze Geschichte von Ludwigslust
Wie im Barock üblich – und eben auch in Versailles, Sanssouci und Casserta passiert – wurde Ludwigslust als Residenzstadt planmäßig aus dem Boden gestampft. Das Dorf Klenow an selber Stelle war seit dem 30-Jährigen Krieg eine Wüstung. Ab 1731 ließ Christian Ludwig zu Mecklenburg-Schwerin hier ein Jagdschloss für den privaten Rückzug errichten. Ludwigs Lustschloss, sozusagen. Seinem Sohn und Nachfolger Friedrich gefiel es im Herzensort des Vaters so gut, dass er seinen kompletten Hof nach Ludwigslust verlegte. (Regierungssitz blieb allerdings Schwerin, das rund 40 Kilometer nördlich liegt. Work-Life-Balance des Barockzeitalters.)
Ab 1763 wurde jedenfalls in Ludwigslust gebaut, was das Zeug hielt. Aus dem Fachwerk-Schlösschen wurde ein imposanter Barockbau. Eine klassizistische Hofkirche kam dazu, standesgemäße Unterkünfte für Adel und Personal. Alles aus einem Guss, schön abgezirkelt: wie man damals eben so baute, wenn man es sich leisten konnte.
Der Zauber hielt bis 1837. Dann verlegte Friedrichs Großneffe Herzog Paul Friedrich die Residenz aus der mecklenburgischen Abgeschiedenheit wieder zurück in die „Metropole“ Schwerin.
Danach blieb Ludwigslust hochherrschaftliches Ferienhaus, wurde aber vor allem zum Militärstandort. Das „Großherzoglich Mecklenburgische Dragoner-Regiment Nr. 17“ bezog in Ludwigslust Quartier. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderten sich Waffengattung und Nationalität der Stationierten. Bis 1992 blieb Ludwigslust aber Garnisionsstadt.
Heute wohnen in der Kleinstadt etwa 12.000 Menschen.
Was Ludwigslust mit Kindern zu einem idealen Pausenort macht
Bestimmt lohnt es sich auch, länger in Ludwigslust zu bleiben – mit Kindern oder ohne. Gerade aber für Tagesgäste und Familien auf der Durchreise eignet sich der geschichtsträchtige Ort perfekt. Die Sehenswürdigkeiten von Ludwigslust lassen sich gut an einem halben Tag ablaufen, selbst mit Kindern. Alle, die mehr Zeit haben, besichtigen davor oder danach noch das Schloss von innen. Familien könnten sich auch noch das Natureum anschauen. – In das kleine Naturkundemuseum haben wir es leider nicht geschafft. Nach ein paar Stunden Aufenthalt fahren wir weiter – mit dem schönen Gefühl, das meiste gesehen zu haben, ohne dass uns langweilig wurde.
Kostenlos parken in Ludwigslust
Tagesgäste und Durchreisende lockt Ludwigslust mit einem großen kostenlosen Parkplatz. Er liegt in der Friedrich-Naumann-Allee und nur wenige Minuten Fußweg von Schloss und Schlosspark entfernt. Für Elektroautos gibt es hier auch zwei Ladesäulen.
Besonderen Charme besitzt Ludwigslust für Leute mit Camper: Im hinteren Bereich des Großparkplatzes befinden sich etliche günstige Stellplätze. Mit Picknickbänken, Grillmöglichkeiten und dem großen Spielplatz direkt vor der Nase bietet sich hier mit Wohnmobil und Co. eine ideale Möglichkeit zur Zwischenübernachtung. (Preis im Sommer 2023: 12 Euro. Nähere Infos auf der Seite der Stadt Ludwigslust.)
Was ist so toll am Schlosspark Ludwigslust?
Vor allem ist es seine schiere Größe, die gerade im Vergleich zur kleinen Stadt und dem trotz allem doch recht kleinen Schlösschen beeindruckt. Aber auch ganz für sich genommen ist der Schlosspark in Ludwigslust ein toller Ort für einen ausgedehnten Familienspaziergang. Hier kriegt ihr locker ein, zwei Stunden rum, ohne dass den Kindern langweilig wird. (Also, abgesehen davon, dass missgelaunte Kinder in der Lage sind, sich im Zweifelsfall selbst im Legoland zu langweilen.)
Wir hatten nach unserem gründlichen Rundgang gut vier Kilometer auf der Uhr. Es geht natürlich auch kürzer – oder länger.
Spaziergang mit Kindern durch den Schlosspark Ludwigslust
Unser Spaziergang begann hinterm Schloss zunächst auf der Hofdamenallee, der Hauptachse des ursprünglichen Barockgartens. Hinter dem ersten Gewässer schwenken wir nach rechts und gehen dann wieder links bis zur künstlichen Ruine. Achtung: Hier lässt sich herrlich klettern, aber für unvorsichtige Kinder besteht Absturzgefahr. So eine „Grotte“ gehörte im auf den Barock folgenden Rokoko zu den Must-Haves aller Landesherrlichkeit. Der notgedrungen sparsame Charakter des Herzogs kam aber auch hier durch: Die künstliche Ruine diente gleichzeitig einem praktischen Nutzen als Eiskeller.
(Sehr schöne künstliche und echte Ruinen sowie Grotten gibt es übrigens auch im Park an der Ilm in Weimar. Da waren wir auch schon und können einen Rundgang wärmstens empfehlen.)
Im hinteren Teil des Parks kommt noch mehr zeitliche Entwicklung durch: Hier dominieren gewundene Wege und die sorgsam geformte Idylle der englischer Landschaftsparks. Vorbei am einen oder anderen Denkmal schwenken wir links rüber und nähern uns von hinten durch schönsten Frühlingswald dem Schweizerhaus. Das reetgedeckte Fachwerkhaus hat mit der Schweiz freilich wenig zu tun. Es war der Rückzugsort der Herzogin, später Gästehaus und zu DDR-Zeiten sogar Jugendherberge.
Wir machen noch einen Schwenk zu den 24 Wassersprüngen. Die Fontänen werden allerdings aktuell saniert und sind bis auf weiteres nicht in Aktion zu bewundern. Auch so sehenswert ist jedenfalls die Wasserkunst, die den Betrieb der Fontänen überhaupt erst ermöglicht. Das ganze Gelände ist durch ein Netzwerk von extra angelegten Wasserläufen durchzogen. Der Ludwigsluster Kanal dient als Wasserlieferant für alle Wasserkunst. Auch die Baumaterialien für Schloss- und Stadtbau kamen über diesen 28 Kilometer langen künstlichen Wasserweg.
(Wer barocke Wasserkunst par excellence sehen will, musst den Bergpark Wilhelmshöhe bei Kassel besichtigen, der als Weltkulturerbe klassifiziert ist. Auch absolute Empfehlung von uns und ebenfalls bestens geeignet für einen autobahnnahen Zwischenstopp ohne Eintritt.)
Der Weg auf dem Damm zwischen den beiden in entgegengesetzte Richtungen fließenden Wasserwegen führt uns zur Kircheninsel. Die katholische Kirche St. Helena wurde 1808 vollendet und ist damit eines der jüngsten Bauwerke im Schlosspark von Ludwigslust. Kurz darauf schließt sich der Kreis und wir sind wieder am Schloss.
(Wer richtig tolle Barockgärten in weitgehend originalem Zustand sehen möchte, sollte sich die Herrenhäuser Gärten in Hannover ansehen! Da waren wir auch schon und mächtig beeindruckt: Ausflugstipp Herrenhäuser Gärten.)
Schlossbesichtigung in Ludwigslust
Ich sag’s gleich vorweg: Wir haben es bei mittlerweile zwei Kurzbesuchen in Ludwigslust mit Kindern nicht ein Mal ins Schloss geschafft. Also doch, aber nicht ins Museum, siehe unten. Sagen wir: Wir tasten uns langsam ran. Dass sich die Besichtigung lohnt, glaube ich absolut. Neben allgemeiner Kunst und Wohnkultur der damaligen Zeit gibt es im Goldenen Saal originale Innenausstattung aus Ludwigsluster Carton zu sehen.
Ludwigsluster Carton?!
Fun Fact: Als Provinzherrscher hatte Herzog Friedrich zwar eine Vorliebe für die Pracht von Versailles, aber nicht die Taschentiefe dafür. Mit nordischer Pragmatik griff er daher auf günstigere Materialien zurück. Statt Marmor ließ er Pappmarché verbauen.
Einer seiner Lakaien entwickelte ein Verfahren zur Herstellung des wetterfesten „Ludwigsluster Carton“. Johann Georg Bachmann hieß der Mann, der dem Herzog damit eine beeindruckende Sammlung von Büsten und Statuen ermöglichte – die nur einen Bruchteil massiver Vergleichsware kosteten.
Bachmann leitete bald eine ganze Pappmarché-Fabrik, die bis 1835 produzierte. Das Rezept für den wetterfesten Billigbaustoff geriet danach leider in Vergessenheit und konnte bisher nicht einmal forensisch entschlüsselt werden.
(Mittlerweile gibt es aber eine neu gegründete Manufaktur für Pappmarché als Familienbetrieb in Ludwigslust, die sogar Workshops anbietet.)
Schloss Ludwigslust für Faule und Kunstbanaus*innen
Wer keine Lust auf Museum, aber dafür auf Kaffee und Kuchen hat, ist direkt im Schloss genauso richtig. Im Schloss-Café bekommen auch solche Tagesgäste wie wir einen ersten Eindruck vom Gebäude, die zu wenig Zeit für das volle Programm haben.
Der Jagdsaal ist als Gastraum eingerichtet. Unter all den ausgestopften Keilerköpfen und Hirschgeweihen genießen wir stattliche Sahnetorten und Schokoladenkuchen. Auch herzhafte Gerichte gibt es. Wer einen Platz ergattern will, muss allerdings Glück haben. Reservierungen werden nicht entgegengenommen. Zu den Randzeiten der Öffnungszeiten steigen die Chancen. Bei so vielen Tischen ist die Schlagzahl allerdings auch hoch und es wird alle paar Minuten irgendwo ein Platz frei.
Spielplätze in Ludwigslust
Der schönste Spielplatz, den wir in Ludwigslust gefunden haben, ist der direkt am Großparkplatz. Angrenzend zu den Parkflächen stehen erst ein paar Trimm-dich-Geräte (die gerade bei Kindern ja auch immer sehr beliebt sind, wobei ich in Ludwigslust auch mehrere ältere Leute gesehen habe, die sie routiniert benutzt haben). Dann folgt ein kleiner Bachlauf mit schönen Spielstellen. Und dahinter liegt dann ein netter Spielplatz mit Schaukeln, Rutsche, Klettergerüst, Holzpferd, Wipptieren und so weiter.
Einen zweiten, sehr viel kleineren Spielplatz haben wir in der Nähe der Stadtkirche gefunden. Er ist über einen der kleinen Pattwege zugänglich, vom Schloss kommend linker Hand. (Er ist aber eher was zur kurzzeitigen Kinderbeschäftigung, während Muttern gerade noch 20 Fotos von der Kirche und all den niedlichen Häuschen macht.)
Mehr Tipps für Pausen im Grünen
Hier in meinem Reiseblog sammele ich (unter anderem) Anlaufstellen wie Ludwigslust, wo sich mit Kindern ein, zwei amüsante Stündchen im Grünen verbringen lassen. Ideale Pausenorte auf der Durchreise in direkter Nähe zur Autobahn habe ich – inklusive Kartenansicht – für ganz Deutschland hier verzeichnet:
Grüne Pausen: Schöne Orte direkt an der Autobahn
Alle über 180 Reise- und Ausflugsziele in Deutschland, über die ich in den vergangenen zehn Jahren gebloggt habe, findet ihr hier im Überblick (ebenfalls samt Karte):
Familienurlaub in Deutschland: Unsere geballten Tipps und Erfahrungen
Ich bin immer wieder begeistert von den Orten, die ihr nahe der Autobahn, aber im Grünen findet. Und Ludwigslust kannte ich bisher tatsächlich nicht. Wir haben aber tatsächlich vor nächstes Jahr mal Richtung Meck-Pomm zu fahren, da merke ich mir das direkt schon einmal. Ganz besonders interessant für uns ist natürlich dein Camper-Tipp. Vielen Dank!
Dann ist „Lulu“ wirklich was für euch! Ganz viel Spaß!
Ach wie schön! Wenn ich die Bilder sehe, fühle ich mich wirklich direkt wie in Versailles! Ich bin mega an Geschichte interessiert und Barock finde ich besonders toll. Wir sind gerade noch auf der Suche nach einem Reiseziel für den Herbst, das wäre eigentlich mal was.
Sonnige Grüße
Susi
Ob Ludwigslust sich als vollwertiges Reiseziel für einen ganzen Urlaub eignet, da wäre ich ein bisschen skeptisch. Aber ein langes Wochenende kriegt man dort bestimmt gut rum. Und im Herbst ist der Schlosspark garantiert besonders schön.