Reisen hat nicht immer unbedingt damit zu tun, möglichst viel Strecke zwischen sich und seinen Wohnort zu bringen. Gerade beim Couchsurfen ist Hosten – also anderen Menschen gratis eine Übernachtungsmöglichkeit zu bieten – immer ein bisschen so, als werde einem der Urlaub nach Hause gebracht. Passiv-Reisen. Man entdeckt die Welt, ohne sich vom Fleck zu bewegen.
Kürzlich haben wir auf diese Weise exotische Gefilde entdeckt: Unsere Gäste kamen aus Südkorea.
Da bei Europäern offenbar keinerlei Hoffnung besteht, sich koreanische Namen zu merken oder sie auch nur annähernd korrekt auszusprechen, hatte sich die Familie westliche Vornamen zugelegt. Vater Ivan arbeitet für ein paar Jahre in Weißrussland, seine Frau Anna, Tochter Soyoon und den kleinen Andruscha hat er natürlich mitgenommen. Von dort versuchen sie so viel Europa zu erkunden wie möglich, und so ging es diesen Sommer nach Berlin und Paris – mit Zwischenstopp in Schaumburg.
Die meisten Couchsurfer nehmen die Sache mit dem Kulturaustausch ernst und geben sich Mühe, ihren Gastgebern ein Stückchen Lebensart aus ihrem Heimatland mitzubringen. Nachdem Anna und ihre Familie sich in einem der Kinderzimmer häuslich eingerichtet hatten, begleitete ich sie als erstes in den Supermarkt. Sie kaufte Zwiebeln, Knoblauch, Weißkohl, Karotten, Kartoffeln, Zucchini, Äpfel, Champions, Paprika, Hähnchen und Reis. Und es macht immer wieder Spaß, einen ganz normalen deutschen Supermarkt durch die Augen eines ausländischen Touristen zu sehen. Warum muss man das Gemüse in diese Plastiktüten packen, und wieso dürfen sich Zucchini und Paprika die Tüte nicht teilen? Warum gibt es in Deutschland –zig Sorten Reis, obwohl er in unseren traditionellen Gerichten kaum vorkommt und selbst die koreanischen Viel-Reis-Esser mit zwei, drei Sorten auskommen?
Zu Hause war die Freude groß, als Anna ihren original Hightech-Reiskocher inklusive koreanischer Schriftzeichen auspackte, der sich farblich auch noch wunderbar harmonisch in unsere Küche einfügte. Außerdem kamen aus ihren Taschen Sojasoße, Sesamöl und eine typische Gewürzmischung zum Vorschein. Gemeinsam schnippelten wir das Gemüse (in Dreiecke, wenn immer möglich), während wir uns über Staatenteilung im Allgemeinen und in unseren Ländern im Besonderen unterhielten, über Bildungspolitik, Entwicklungshilfe und das Verhältnis zu unseren Schwiegermüttern. Unsere Kinder spielten derweil im Garten und brauchten wie gewöhnlich kaum auf ihre rudimentären Englischkenntnisse zurückgreifen, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
Am Ende ergaben alle Zutaten zusammen ein köstliches Gericht. Da Anna daran dachte, eine zweite Pfanne ohne scharfe Gewürze zuzubereiten, waren auch unsere Jungs von dem Ergebnis durchaus angetan (na ja, abgesehen von dem Fauxpas, als Janis laut „Bäh!“ rief und sich schüttelte, als er auf einen Pilz biss – aber nachdem er die Champions aussortiert hatte, verlangte er gleich Nachschlag).
Zum Frühstück gab es dann typisch deutsche Brötchen und typisch deutsches Mett, welches Anna immerhin probierte (aber mal ehrlich – rohes Fleisch zu essen, IST durchaus leicht barbarisch, oder?). Und zum Abschied bekamen wir einen Handspiegel mit Perlmutbesatz in einem traditionellen koreanischen Beutelchen mit traditionellen Knoten-Ornamenten und einen Bambusfächer.
(Vorher war natürlich noch Sightseeing bei den Obernkirchener Dino-Spuren angesagt, aber davon schwärme ich demnächst in einem anderen Beitrag…)
[…] unseren diesjährigen Gästen aus Südkorea, Polen und dem Saarland ist die Urlaubssaison erstmal vorbei. Auf unserem eigenen Couchsurfing-Trip […]