Hier in der Jugendherberge von Inveraray zeigt sich, dass sich seit unserer letzten Reise nach Schottland vor elf Jahren wenig geändert hat: überall Deutsche. Im Hostel ist Deutsch die meistgesprochene Sprache. Ob Mitreisende doch französischer oder britischer Nationalität sind, erkennt man allerdings leicht am Stil des Abwaschens.
Während der Durchschnittsdeutsche Wasser ins Becken lässt, Spüli hinzufügt und mit Lappen oder Bürste Speiserückstände im warmen Wasser entfernt, vielleicht sogar am Schluss noch den Schaum unter klarem Wasser abspült, gibt es hier verschiedene Alternativen.
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Variante eins: dreckiges Geschirr in die Spüle stellen, einige Sekunden das Wasser laufen lassen, weggehen – fertig.
- Variante zwei: dreckiges Geschirr in vorgesehene Plastikschüssel stellen, zwei Fingerbreit Wasser einlaufen lassen, ordentlich Spüli dazu, halbe Stunde einmarinieren lassen, kalt abspülen – fertig.
- Und Variante drei, das höchste der Gefühle: dreckiges Geschirr dünn mit Spüli einreiben, unter laufendem Wasser abspülen – fertig.
Ich bin durchaus bereit, mildernde Umstände anzuerkennen. Schließlich handelt es sich bei den meisten Abwaschern um Alleinreisende oder höchstens Pärchen, die für ihre fünf Teile keinen Staatsakt zelebrieren möchten.
Das ändert aber nichts daran, dass wir beim Tischdecken jedes Mal genau hinschauen und meistens Geschirr und Besteck auch VOR der Benutzung noch mal abwaschen. Ein Minuspunkt des Low-Budget-Travels. Manchmal hätte ich schon gern Personal dafür…
Diesen Eintrag meines Reisetagebuchs habe ich am 20. August 2013 verfasst.
Ah, ich liebe interkulturelle Alltagsvergleiche! Wusstest du, dass der Soziologe Jean-Claude Kaufmann ein dickes Buch über die Abwaschpraktiken der Franzosen geschrieben hat? Liest sich höchst interessant! (Da gibt es offenbar tatsächlich Menschen, die das Geschirr mit Chlorwasser spülen und danach mit Zeitungspapier abreiben – örks)
Ach ja: Variante 1 findet sich bei uns zu Hause auch vor, immer wenn mein Mann die Küche „aufräumt“… :-)
Das Buch kenne ich leider nicht (hört sich spannend an), aber ich kann mich erinnern, mal im Radio etwas über eine Abwasch-Erhebung gehört zu haben, bei der europäische Hausfrauen den Sparsamkeitsvergleich antreten mussten. Ich meine, Deutschland kam ganz klischeehaft in Sachen Wasserverbrauchsökonomie und Sauberkeit auf Platz 1 (wobei ich das nicht beschwören kann). Ganz hinten lag jedenfalls, das weiß ich noch, die Türkin, die unter laufendem Wasser abwusch. Was damals über Briten und Franzosen gesagt wurde, erinnere ich mich leider nicht.
Ich habe da im Multikulti-Studentinnenwohnheim in Peking Dinge beim Geschirrspülen gesehen, die wollt Ihr nicht wissen. Jedenfalls ist es manchmal ganz gut, wenn man sein eigenes Geschirr dabei hat! Und selbst spült!