Die Äußeren Hebriden sind ein Sehnsuchtsort wohl für alle Schottlandreisenden. Wer mit den „Anfängerzielen“ am Loch Lomond, den Highlands rund um Inverness und natürlich der stark gehypeten Insel Skye durch ist, schielt eher früher als später auf die abgelegene Inselkette. Findet sich dort nicht noch das „echte Schottland“? Und wie funktioniert eine Reise auf die Äußeren Hebriden mit Kind? Wir haben das endlich einmal selbst ausprobiert und berichten. Hier kommt Teil 3 unseres Erfahrungsbericht einer Schottland-Rundreise mit Kleinkind: eine knappe Woche auf Lewis and Harris.
Gebrauchsanweisung
Wer sich nur für die Äußeren Hebriden als Reiseziel mit Kind interessiert, ist hier richtig. Wer unsere Geschichte hingegen verstehen möchte, fängt besser mit dem ersten Teil an. Dort erläutere ich die Rahmenbedingungen unserer Schottlandreise mit Kind im Juni/Juli 2022:
Schottland mit Kind: 3 Wochen Highlands & Islands
In jenem Beitrag habe ich auch meine personalisierte Schottlandkarte eingebettet, auf der unter anderem für Lewis and Harris alle Sehenswürdigkeiten, Cafés und Spielplätze verzeichnet sind, die wir ausprobiert haben.
Alle Reiseführer-Hinweise beziehen sich auf das Buch „Schottland mit Kindern“*, das ich selbst zusammen mit Stefanie Holtkamp geschrieben habe. Grund unserer Reise ist die Nachrecherche für eine zweite Auflage.
Äußere Hebriden: Fast schon jenseits von Schottland
Auf die Äußeren Hebriden habe ich mich auf dieser Reise mit Kind am meisten gefreut. Während ich die inneren der Western Isles mittlerweile fast alle durch habe (und liebe: Islay, Jura, Mull mit Iona und Arran), betreten wir Lewis and Harris zum ersten Mal.
(Für die Erstauflage des Reiseführers hat Stefanie hier recherchiert. Ich hätte mir die Äußeren Hebriden damals auch selbst gerne noch unter den Nagel gerissen. – Aber ich wollte aus organisatorischen Gründen nur ein „halbes“ Buch schreiben. Also musste ich irgendwas hergeben. Schweren Herzens.)
Statt praxisnaher Programmtipps für die Äußeren Hebriden mit Kind (die es schließlich auch in unserem Reiseführer gibt) beschränke ich mich hier in meinem Erfahrungsbericht auf unsere eigenen Eindrücke und das Drumherum.
Und wenn ihr Inspiration braucht, welche anderen schottischen Inseln sich noch für euren Familienurlaub eignen, schaut mal hier: Inseln in Schottland – welche sind am schönsten?
Schottland für Fortgeschrittene
An dieser Stelle also nur so viel als vorläufiges Fazit: Die Äußen Hebriden rocken, auch mit Kind! Lewis and Harris ist toll und wahnsinnig interessant, absolut sehenswert! – Aber aus meiner Sicht ist die Insel tatsächlich nicht unbedingt etwas für Schottland-Anfänger.
Ich denke, erst wenn man zwischen Lowlands und Highlands so halbwegs ein Gefühl für das „normale“ Schottland entwickelt hat, weiß man die Andersartigkeit so richtig zu schätzen, mit der die Äußeren Hebriden noch mal einen drauf setzen.
Und ich empfehle, auf Lewis and Harris unbedingt eine ganze Woche zu bleiben. Wenn man schon mal so weit draußen ist, sollte man auch alle Herrlichkeiten besichtigen, die die Insel zu bieten hat. Auf einer kurzen Rundreise nach dem Motto „Schottland in zwei Wochen“ haben die Äußeren Hebriden meiner Meinung nach nichts zu suchen.
Zu den Äußeren Hebriden gehören neben der großen Insel Lewis and Harris außerdem (von Nord nach Süd) North Uist, Benbecula, South Uist und Barra (sowie eine Vielzahl kleinerer Inselchen, die teils mit Brücken angebunden sind). Gemeinsam bilden sie das, was im Gälischen „Die lange Insel“ heißt. Inselhopping über alle fünf (plus x) ist eine beliebte Herangehensweise für einen Urlaub auf den Äußeren Hebriden.
Wir haben uns aus Zeitgründen und tatsächlich auch aus Platzgründen im Reiseführer auf Lewis and Harris beschränkt. Das geht gut, weil Fähren sowohl von Ullapool nach Stornoway auf Lewis als auch von Tarbert auf Harris nach Uig auf Skye pendeln. So lassen sich die Äußeren Hebriden – eben in Form von Lewis and Harris – wunderbar in eine Rundreise mit Kind einbauen. Aber es ist natürlich nur die eine (wenngleich landmassenmäßig viel größere) Hälfte der Äußeren Hebriden.
Unser Cottage auf Lewis
Ganz viel Glück haben wir mit unserer Unterkunft auf der Insel. Sie liegt im New Valley, einem Vorort der Inselhauptstadt Stornoway. (Mit knapp 6000 Einwohnern ist diese übrigens tatsächlich die drittgrößte Stadt der Highlands, nach Inverness und Oban.)
Auch diese Bleibe haben wir über AirBnB gemietet. Allerdings ist sie nur mein Notnagel. Die hübsch eingerichtete Etagenwohnung in der Innenstadt, die ich – wie alle anderen Unterkünfte auch – im Januar gebucht habe, storniert mir der Vermieter Ende April wortlos. Unterkünfte sind knapp auf den Hebriden. Es gibt mehr Reisewillige als Betten. Immer schon, und im ersten „Nach-Corona-Sommer“ (haha) erst recht. Ich sehe meine ganze ausgeklügelte Terminplanung schon den Bach runtergehen. Denn auch die Fähren sind schon wochenlang vorher ausgebucht.
Aber dann zeigt mir das Buchungsportal zu den gewünschten Daten tatsächlich noch eine einzige mögliche Selbstverpfleger-Unterkunft an. Es ist die Sorte, die man nicht sofort buchen kann, sondern um die man sich bei den Vermietenden mit einem kurzen Vorstellungsschreiben bewerben muss. Wir bekommen den Zuschlag. Was für ein Glück!
Fun Fact: Der Preis ist sogar niedriger als bei meiner Erstwahl. Im Januar hatte ich das Cottage aussortiert, weil ein Rezensent einen durchdringenden muffigen Geruch bemängelte. Ich zittere deshalb ein wenig, als wir das langgestreckte Häuschen direkt an der (kaum befahrenen) Durchgangsstraße aufschließen. Wie sich herausstellt, riecht es im Inneren vage nach hundert Jahren Torffeuer, dessen Geist dem denkmalgeschützten Gebäude auch nach gründlichem Abschliff und drei neuen Schichten Farbe erhalten bleibt. Auf mich wirkt das ausschließlich anheimelnd.
Auch sonst gefällt mir unser Plan B ausgesprochen gut. (Wer mehr als drei Fotos sehen will, findet im Hebriden-Highlight in meinem Instagram-Profil eine kleine Room-Tour als Video.)
Noch entzückter ist Franka. Denn es gibt nicht nur ein extra Kinderzimmer, sondern darin einen Schrank voller Spielzeug für Kleinkinder! (Die Geschichte, warum genau sie neuerdings ein Erdmännchen namens Lewis besitzt, erzähle ich ein andermal.)
Die Highlights von Lewis
Lewis and Harris ist trotz des Doppelnamens eine einzige Insel. Landschaftlich teilt sie sich jedoch recht deutlich in zwei Hälften.
Lewis ist die wesentlich größere im Norden, in der auch Stornoway liegt. Sie ist flach und besteht vor allem aus Moor und Matschepampe. Trotzdem ist sie ein wunderbares Fleckchen Erde! Als wir auf dem Westside Coastal Walk wandern (Tour 52), laufen mir Tränen übers Gesicht, weil mich das Nichts aus Felsen, Matsch und Meer tief in Inneren auf unbegreifliche Weise berührt.
Etwas touristischer geht es am Butt of Lewis zu, der Nordspitze (die Deutsche mit amerikanisch geprägten Englischkenntnissen nicht zu Unrecht vielleicht anders übersetzen würden). Hier ist die Welt zu Ende. Hinter Felsklippen und einem Leuchtturm kommt nur noch der Atlantik. Und irgendwann der Nordpol.
Für Kinder interessanter ist es wenige Kilometer südlich. Fragt man Franka nach ihrem schönsten Erlebnis in diesem Urlaub, nennt sie zuverlässig den riesigen Spielplatz, den Freiwillige dort in den Dünen angelegt haben. Er heißt Eoropie Dunes Park.
Überhaupt finden wir auf Lewis erstaunlich viele richtig tolle Spielplätze: in Newmarket, in Breacleit (okay, streng genommen ist das auf der mit einem Damm verbundenen Insel Great Bernera), im Schlosspark von Lew Castle in Stornoway und mitten im Nirgendwo im Aline Community Woodland.
Und dann ist da natürlich noch Callanish. Die kleine Gemeinde beherbergt einen der größten und rätselhaftesten Steinkreise der Britischen Inseln. Er besitzt die Form eines Keltenkreuzes. (Wobei ich diese Bezeichnung nach eigener Inspektion schon ein bisschen herbeigeredet finde. Mir sieht das viel eher nach einem „normalen“ Steinkreis aus, dem Steinreihen in alle vier Himmelsrichtungen hinzugefügt wurden. Aber ich bin zugegebenermaßen in keiner Position, dass ich darüber urteilen sollte.)
Die Highlights von Harris
Harris heißt der südliche Teil der großen Insel (die übrigens nach der Hauptinsel und Irland die drittgrößte Landmasse der Britischen Inseln ist!). Hier wirkt die Landschaft entschieden dramatischer. Die rauen Bergrücken bilden einen deutlichen Kontrast zu der weiten Eintönigkeit von Lewis.
Auf Harris haben wir für unsere Reiseführer-Nachrecherche drei Touren zu absolvieren. Da die Anfahrtswege von Stornoway aus sehr weit sind, schaffen wir das nicht an einem Tag. Die Fahrerei lohnt sich aber. Tour 49 führt uns an gleich vier wunderbaren Karibikstränden entlang. Tour 50 bringt uns zum MacLeod’s Stone, einem einsamen Megalithen mit Weitblick übers Meer. Am schönsten ist der Rundweg über das (durch eine Brücke angebundene) Inselchen Scalpay zum Leuchtturm Eilean Glas. (Und das sage ich so begeistert, obwohl wir dabei nass bis auf die Knochen geworden sind. Andererseits sind wir das auf beinahe jeder Tour auf Lewis and Harris. Die Äußeren Hebriden sind was für Funktionskleidung und nichts für Weicheier.)
Das Wetter auf den Äußeren Hebriden
Das Stichwort Wetter verdient schon noch eine extra Erwähnung. In Zeiten des Klimawandels bildet der Sommer auf den Äußeren Hebriden einen angenehmen Kontrast zu der zentralkontinentalen Affenhitze. Aber obwohl sich auch hier das Klima gefährlich wandelt, müssen Urlaubende sich einstweilen noch auf Herbstwetter in den Sommermonaten einstellen.
14 Grad und Regen scheint unserer Erfahrung nach der natürliche Aggregatzustand für die Äußeren Hebriden im Juli zu sein. Es regnet nie den ganzen Tag. Aber jeden Tag immer wieder. Wir schaffen tatsächlich keine einzige unserer sechs Halbtagestouren, ohne gründlich nass zu werden. Das ist beim Packen und bei der Wahl der Ausrüstung (siehe meine Packliste für Schottland mit Kindern) unbedingt zu berücksichtigen!
Mehr Schottland mit Kind
Weiter geht die Reise hier:
Und Teil eins und zwei meiner kleinen Serie sind hier zu finden:
- Schottland mit Kind: 3 Wochen Highlands und Islands
- Schottland mit Kind 2: Die Highlands rund um Inverness
Berichte unserer früheren Schottlandreisen und zahlreiche Detailberichte – über 30 in diesem Reiseblog – habe ich hier aufgelistet:
Schottland mit Kindern: Unsere gesammelten Tipps und Erfahrungen
Und auch hier wieder abschließend der Verweis auf unseren Reiseführer in voller Pracht: über 300 Seiten praxistaugliche Tipps in Hülle und Fülle! :)
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