Auf engen Pfaden über Stock und Stein, zumindest ein Stück weit aber auch barrierefrei geht es im alten Steinbruch in Liekwegen durchs Naturschutzgebiet. Ein Naturerlebnispfad liefert Hintergrundinfos zum Naturraum auf Tafeln, die teilweise interaktive Elemente besitzen. Und dann kommen auch noch Wildpferde ins Spiel! Gerade für Familien ist die Runde im Schaumburger Land ein gelungener Ausflug.
Zu Corona-Zeiten kommen wir endlich mal dazu, auch die netten kleinen Ziele in der direkten Umgebung anzusteuern. Die Runde durch den alten Steinbruch in Liekwegen hatten wir schon so lange auf dem Zettel und sind irgendwie nie dazu gekommen. Jetzt nutzen wir einen sonnigen Samstagnachmittag im Frühling dazu, um die etwa drei Kilometer lange Familienwanderung zu unternehmen (die sich mit kleinen Kindern auch wunderbar kürzen lässt).
Anfahrt und Parken
Schon die Anfahrt ist schön: Die Straße führt an der Bergkette der Bückeberge entlang und bietet einen weiten Ausblick in die norddeutsche Tiefebene. Wir parken an der Brandshofer Hütte (dazu in der Kurve zwischen Liekwegen und Wendthagen nicht in den Brandshofer Weg abbiegen, sondern in den unscheinbaren Feldweg daneben mit dem hölzernen Wegweiser zur Hütte).
Für alle nicht Ortskundigen: Die Hütte ist unbewirtschaftet. Man kann sie lediglich für Feiern mieten. Aber nett picknicken kann man hier rund um den Parkplatz. Auf den Waldwegen „oben links“ herum haben wir schon nette Runden gedreht. Dort geht es zum Beispiel zur Schwefelquelle.
Vom Parkplatz aus scharf links hinunter befindet sich das Wildgatter, wo man auf Damwild und Ziegen treffen kann.
Der Zugang zum Naturschutzgebiet am alten Steinbruch Liekwegen befindet sich von der Parkplatzzufahrt aus rechts oben. Eine Infotafel weist den Weg zum Naturlehrpfad.
Tipp: Wer den Kinderwagen (oder einen Rollstuhl) mitnehmen und nur die kleine, weniger schöne, aber dafür barrierefreie Strecke gehen möchte, biegt direkt von der Liekweger Straße auf den kleinen Parkplatz auf Höhe der Schützenstraße ab. Hier sind auch Behindertenparkplätze ausgewiesen (auf denen man ohne Berechtigung natürlich nicht parken darf).
Eine dritte Parkmöglichkeit (allerdings nur für wenige Autos längs der Straße) besteht an der Birkenhöhe. Dazu fährt man die Kreuzstraße bis zum Ende durch.
Über Sandstein zur Gelbbauchunke
Eigentlich sah man an dem alten Steinbruch lange nichts Besonderes. Hier in der Gegend wird allerorten Sandstein abgebaut. Er eignet sich prima als Baumaterial und als Rohstoff für Kunstwerke. Berühmt ist der Sandstein aus dem benachbarten Obernkirchen. Dort findet alle paar Jahre ein Bildhauersymposium statt und das Städtchen quillt quasi über von Skulpturen. Groß von sich reden gemacht hat der Steinbruch ganz oben auf dem Bückeberg, wo man Unmengen von versteinerten Dinosaurierspuren fand.
In Liekwegen hingegen wurde bis 2003 einfach nur Material für den Straßenbau abgetragen. Danach sollte das Gelände renaturiert werden: wieder verfüllt und aufgeforstet. Auf den letzten Drücker entdeckten Naturschützer allerdings die seltene Gelbbauchunke, akut vom Aussterben bedroht. Das 22 Hektar große Areal wurde deshalb unter Naturschutz gestellt.
Der Lebensraum der raren Amphibien muss nun künstlich erhalten werden. Die Landschaft muss offen bleiben, der Boden mager. Immer wieder werden gezielt junge Bäume gefällt und die flachen Teiche und Tümpel bearbeitet, damit sie nicht verlanden.
Seltene Tiere im Naturschutzgebiet
Die Gelbbauchunke sieht für uns Laien aus wie eine Kreuzung zwischen einem Frosch und einem Feuersalamander. In echt bekommen wir die scheuen Tierchen natürlich nicht zu sehen. Aber eine Nahaufnahme prangt auf dem Flyer, den der Nabu an den Eingängen des Naturschutzgebiets auslegt (theoretisch; in der Praxis ist es sicherer, sich den Flyer in der pdf-Verion hier herunterzuladen).
Die Kröte ist allerdings nicht das einzige seltene Tier, das im alten Steinbruch lebt. Eine ganze Reihe von Amphibien profitieren von den Schutzmaßnahmen. Uns fallen bei unserem Spaziergang vor allem die vielen unterschiedlichen Schmetterlingsarten auf. Die kleinen Bläulinge und Aurorafalter flattern hier zuhauf. Schon erstaunlich, dass wir sie zu Hause – gerade einmal sechs Kilometer von hier! – nicht zu sehen kriegen. Das kleine Naturschutzgebiet ist wirklich ein ganz eigener Kosmos.
Wildpferde im alten Steinbruch Liekwegen
Großes Highlight für unser kleines Babymädchen waren die Sorraiapferde, die in einem großen eingezäunten Gebiet im ehemaligen Steinbruch grasen. Im Winter leben sie im Wisentgehege Springe, das sie im Sommer als Rasenmäher an das Naturschutzgebiet entleiht.
Ob die portugiesischen Sorraiapferde nun wirklich direkte Nachkommen von Wildpferden sind oder eher eine relativ normale Pferderasse, da streiten sich die Geister. (Die Geschichte, wie ein portugiesischer Zoologe 1920 eine seit Generationen verwilderte oder vielleicht eben doch durchgängig wilde Herde entdeckte und was dann passierte, hat mich gerade eine halbe Stunde meiner wertvollen babyfreien Zeit gekostet, weil der Wikipedia-Artikel so spannend war und ich dann vom Hölzchen aufs Stöckchen nachforschen musste – ihr kennt das bestimmt.)
Jedenfalls, die robusten, graubraunen Pferde haben ein großes Gelände zur Verfügung und sind somit nicht immer für Besucher zu sehen. Die größten Chancen auf Sichtung hat man an ihrem Offenstall, an dem sowohl der „rote“ als auch der „blaue“ Rundweg vorbeiführen (siehe unten). Dort haben auch wir die Sorraias getroffen.
Infos auf dem Naturerlebnispfad
Insgesamt sechs Stationen gibt es im alten Steinbruch, an denen Infotafeln mehr über den Lebensraum verraten. Sie sind schon ein bisschen in die Jahre gekommen. Die Bilder sind etwas verblichen und manche Mitmach-Stationen funktionieren nicht mehr richtig. Immerhin ist es genau zehn Jahre her, dass der Naturerlebnispfad eröffnet wurde. Bestimmt werden sie demnächst mal erneuert.
Trotzdem können wir hier noch eine Menge lernen: über Magerböden und Ödlandschrecken zum Beispiel. Nicht nur die tierischen, auch die pflanzlichen Bewohner werden hier nämlich porträtiert.
Zwei Rundwege: Routenführung durch den alten Steinbruch
Die Infostationen ziehen sich den kürzeren der beiden Rundwege entlang, der ungefähr in der Form einer Sechs vom Parkplatz Brandshof verläuft. Er ist größtenteils unbefestigt, manchmal steil, „am Stiel“ definitiv nicht kinderwagengeeignet und 1,7 Kilometer lang.
Der zweite Rundweg, den der offizielle Flyer blau vermerkt, ist vom Parkplatz aus ein gutes Stück weit geteert. Eine richtige Runde kommt man auf ebenem Boden aber nicht. Mit einem geländegängigen Kinderwagen würde ich mir von hier aus die Schlaufe der Sechs des Naturerlebnispfades zutrauen. Mit einem Rollstuhl bleibt vermutlich nur, nach Genießen der Aussicht denselben Weg zurück zu nehmen.
In der Praxis laufen wohl die meisten Besucher eine Kombination aus beiden Wegen. Wir jedenfalls sind von Brandshof aus zuerst den ersten vier Infostationen gefolgt und dann rechts Richtung Tiefebene auf den „blauen Weg“ abgebogen. Über Stock und Stein entwickelt sich die Wanderung hier zu einem idyllischen Waldspaziergang. Ein kleines Stück geht es dann mit guter Aussicht am Waldrand entlang. Wer (wie wir) auf Geocaching steht, mag bestimmt noch einen kleinen Umweg zur Birkenhöhe einlegen. Dann geht es wieder aufs Gebiet des alten Steinbruchs, wo wir letztlich vom blauen Pfad aus wieder auf den roten getroffen sind.
Mehr Ausflugsziele im Schaumburger Land
Hier im Blog führe ich eine ganze eigene Kategorie für Ausflugsziele in Schaumburg. Viele dieser Beiträge stammen aus den Anfängen meiner Bloggertätigkeit und lesen sich aus heutiger Sicht ein bisschen holprig beziehungsweise eher wie Tagebucheinträge. Aber wer hier in der Gegend nach Ausflugstipps für Schaumburg sucht, findet doch brauchbare Erfahrungsberichte. Eine kleine Auswahl:
- Obernkirchener Sandsteinbrüche: Wo die wilden Dinos wohnten
- Bückeburger LandTour: Die erste Fahrradtour im Frühling
- Rund um Stadthagen: Rittergut Remeringhausen, Vornhagen und Lindhorst
- Bad Nenndorf: Rätselhafte Süntelbuchen und andere Schätze
- Das Geheimnis der Pyramide im Schaumburger Wald
- Wiedensahl: Zu Hause bei Max und Moritz
Eine moderne, überarbeitete Zusammenfassung aus dem Jahr 2023 gibt es hier:
Schaumburger Land: Tipps für Ausflugsziele
Eine ganze Liste Wanderziele in Schaumburg habe ich in diesem Artikel gesammelt: Wandern in Schaumburg
Und hier gibt es eine Anleitung, wie man sich problemlos selbst eine perfekte Wandertour zusammenstricken kann:
Routen für den Spaziergang finden: egal wo
Wer eine Kartenansicht braucht, findet hier unsere family4travel-Deutschlandkarte bei GoogleMaps.
Dort sind all unsere Berichte über Reisen und Ausflüge in ganz Deutschland verlinkt (und das sind mehr als 180!). Eine nach Bundesländern geordnete Liste gibt es hier:
Familienurlaub in Deutschland: Unsere gesammelten Tipps und Erfahrungen
Oh, das hat sich ja toll verändert! Aber ist ja auch schon mehr als 40 Jahre herm dass ich von Liekwegen weggezogen bin. Danke, dass Du mit Deinen Berichten immer auch Erinnerungen an meine Jugend bringst!
Liebe Grüße
Ulrike
Wie schön, dass ich mit dir bei meinen Schaumburg-Artikeln immer wenigstens einen Leser habe! :)
Danke für die schöne Beschreibung, probieren wir vielleicht nachher, ansonsten sicherlich später einmal, aus!
Grüße
Felix
Viel Spaß!!