Ja, ein bisschen Clickbait zum Sonntag, sorry. Aber manche Dinge muss ich mir einfach von der Seele schreiben. Eigentlich wollten wir Anfang März nach Berlin. Wegen Corona haben wir umgebucht auf Pfingsten. Warum wir auch da nicht gefahren sind und was uns diese Entscheidung gekostet hat, erzähle ich heute hier im Blog.
Wir sind Landeier, aber wir lieben Berlin. Einmal im Jahr verbringen wir gern ein Familienwochenende in der Hauptstadt. 2019 hat das schon nicht geklappt, weil wir mitten in den Sommerferien ein Baby bekommen haben. 2020 wollte ich unbedingt!
Privatzimmer über AirBnB – storniert
Zur Reisemesse ITB und dem Travel Festival bin ich als Reiseblogger in den vergangenen Jahren immer aus beruflicher Motivation gefahren. Übernachtet habe ich dabei reihum bei Freunden und Bekannten. Aber dieses Jahr, mit einem sieben Monate alten Baby, wollte ich denen nicht zur Last fallen. Stattdessen entschied ich, kommerziell zu buchen und den Papa als Babysitter mitzunehmen. Anschließend wollten wir uns ein schönes Familienwochenende zu dritt machen.
Irgendwann, noch 2019, buchte ich dafür ein Privatzimmer über AirBnB. Wir haben über viele Jahre hervorragende Erfahrungen mit der Buchungsplattform gemacht (die ich hier niedergeschrieben habe: Erfahrungen mit AirBnB – Top oder Flop?). Weil ich aber um die Komplikationen gerade in Großstädten wie Berlin weiß, haben wir uns vorbildlich fürs „Mitwohnen bei echten Menschen“ entschieden, statt die Zweckentfremdung von permanent gebrauchtem Wohnraum zu fördern.
Leider haben echte Menschen den Nachteil, dass sie leicht eigene Pläne entwickeln. Trotz nettem Mailkontakt im Vorfeld (ob wir denn auch mit Baby kommen dürften), stornierten die Vermieter uns Anfang Februar wortlos.
Das ist im Einzelfall super ärgerlich. Für AirBnB (und jede andere Vermietungsplattform) ist das aber kein Problem. Dem Kunden werden alle bereits geleisteten Zahlungen wieder gutgeschrieben. Das war’s. Dass man so kurzfristig zum selben Preis nirgendwo mehr was anderes findet – Pech gehabt. Unser Problem.
Hotelzimmer in Berlin – umgebucht
Corona war zu diesem Zeitpunkt ein chinesisches Problem, von dem man inständig hoffte, dass es sich nicht ausbreiten würde (wie damals bei SARS, MERS und der Vogelgrippe, wo es jeweils gutging). Wir sahen also keinen Grund, nicht fieberhaft nach einer anderen Unterkunft zu suchen, um unser Berlin-Wochenende zu retten.
Zu Messezeiten steigen Berlins Hotelzimmerpreise in astronomische Höhen. Gerade zur ITB ist schnell überall alles ausgebucht. Kurzentschlossen ließen wir so die Messe sausen (die letztlich dann ja eh abgesagt wurde). Das Travel Festival am Wochenende aber wollten wir unbedingt mitnehmen. Zum Glück bot ein Hotel in Lichtenberg, in dem wir schon zuvor einmal mit der ganzen Familie abgestiegen und mit dem wir sehr zufrieden gewesen waren, für jenes Wochenende wieder moderate Preise an. Also buchten wir ein Doppelzimmer mit Babybett vom 6. bis 8. März.
Umbuchen von booking.com auf „manuell“
Dann kam Corona doch nach Deutschland. Als eine der ersten Großveranstaltungen wurde die ITB abgesagt. Lange sah es so aus, als solle das Travel Festival trotzdem stattfinden. Social Distancing nahm seinen Lauf, zunächst auf freiwilliger Basis.
Wir spielten unseren Berlin-Trip im Kopf durch. Gerade mit Baby wären wir auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Gerade mit Baby funktioniert es da schlecht, nirgendwo was anzufassen. Und Berlin ist auch ohne uns voll genug.
Also entschieden wir uns, die Reise nicht anzutreten. Weil aber gerade die ersten Entsetzensschreie aus der Wirtschaft, vor allem im Tourismussektor, laut wurden, wollten wir nicht stornieren. Zu diesem Zeitpunkt hätten wir das noch problemlos gekonnt. Gebucht hatten wir nämlich über die Plattform booking.com. Bis 48 Stunden vor Reiseantritt war das Stornieren da kostenlos.
Stattdessen buchten wir um auf das Pfingstwochenende. Ende Mai, so waren wir uns zu diesem Zeitpunkt sicher, würde der Spuk ja wohl vorbei sein. Im Rückblick frage ich mich, wie wir so naiv sein konnten. Aber in den ersten Märztagen waren wir da alle noch der Überzeugung, es würde wie bei der Grippe einen ganz deutlichen Saison-Effekt geben.
Also buchten wir um und reservierten statt des Doppelzimmers gleich ein ganzes Familienzimmer im Hostelbereich: vier Betten plus Babybettchen. Schließlich haben über Pfingsten auch unsere großen Jungs frei. Und wir wollten endlich mal ins Berliner Spionagemuseum, in den Escape-Room und in den Berlin Story Bunker. Also noch mal ordentlich hoch mit der Buchungssumme.
Und weil wir den Deal direkt mit dem Hotel/Hostel besprachen, änderten sich von uns in diesem Moment unbemerkt auch die Stornobedingungen. Denn die neue Buchung lief nun nicht mehr über booking.com. Die neuen AGB kamen mit der Bestätigungs-E-Mail – die wir natürlich nicht lasen.
Familienzimmer im Hostel – storniert
Jetzt über Pfingsten hätten wir endlich nach Berlin fahren können. Das Hotel hat geöffnet. Einreisen ist erlaubt. Der Nahverkehr fährt. Viele Attraktionen öffnen wieder.
Und es ist ja nicht so, dass wir uns permanent vor Menschen und vor einer Infektion mit Covid-19 fürchten. Immerhin waren wir an einem der allerersten Öffnungstage hier bei uns im Tierpark. Wenn man es vernünftig angeht, funktioniert da schon viel.
Trotzdem haben wir uns gegen den Berlin-Trip über Pfingsten entschieden. In Sachen ÖPNV hat sich seit Anfang März die familiäre Lage mit einem nun zehn Monate alten Krabbelbaby eher noch verschärft: Da bleibt nichts unbegrapscht und unbeleckt. Meinen vorsichtigen Umfragen unter Berlinern zufolge sind Busse und Bahnen auch wieder voll. An Feiertagen bestimmt erst recht.
Klar können wir uns Masken aufsetzen. Aber erstens trägt das Baby keine, und zweitens habe ich als eifriger Drosten-Podcast-Hörer da meine Zweifel, ob die in engen Räumen viel nützen. Wir wollen das Virus nicht nach Hause bringen, wo sich der direkte Kontakt mit einem sehr lieben Mitglied der Hochrisikogruppe de facto kaum vermeiden lässt. Auch ich bin mit meinem Asthma potenzieller Risikopatient.
Gerade jetzt über Pfingsten, an den ersten Öffnungstagen vieler Attraktionen, wird es in Berlin garantiert voll. So viele Familien mussten in kleinen Stadtwohnungen ausharren, während wir gechillt im Garten lümmelten und durchs Weserbergland wanderten. Wir privilegierten Landeier sind jetzt vielleicht einfach mal nicht dran.
Stornokosten: hoch?
Als wir in unsere Buchungsbestätigung schauten, wurde uns ganz anders. Bei kurzfristigen Stornierungen müssen wir 90 Prozent unserer Übernachtungskosten bezahlen, steht in den AGB. So lauten die Bedingungen, wenn man unser Hotel bzw. Hostel direkt bucht. 194 Euro Direktsubvention an die Tourismuswirtschaft.
Mit dieser Zahl vor Augen (die uns in Zeiten der Kurzarbeit und Auftragslosigkeit auch härter trifft als sonst) überlegten wir, ob wir nicht doch hinfahren. Und dann eben zu Fuß Berlins grüne Seiten entdecken (über die unterwegsmitkind.com immer so schön bloggt). Wären es nur die Jungs, hätten wir Fahrräder mieten und so den ÖPNV umgehen können.
Aber erstens kommen ja noch die Fahrtkosten oben drauf. Und die Parkplatzmiete, denn die Bahn (so wie sonst) wollen wir derzeit nach entsprechenden Erfahrungsberichten nicht nehmen.
Zweitens brauchen wir nicht nach Berlin „ins Grüne“ fahren. Grün haben wir es zu Hause. Außerdem ist Lichtenberg nun nicht eben Berlins Nabel der Welt. Mit der U-Bahn ist man ruckzuck in Berlin-Mitte. Zu Fuß nicht. Wir könnten sechs Kilometer bis zur East Side Gallery wandern – durch Wohngebiete, eine Strecke, das gleiche noch mal zurück. Oder vier Kilometer bis zum Tierpark – für den wir Zeitfenstertickets bräuchten, auf die die Berliner wochenlang gewartet haben, während wir zu Hause jederzeit in den Tierpark Ströhen marschieren können.
Es macht halt einfach so viel mehr Sinn, dass wir auch Pfingsten weiter durchs Weserbergland wandern (das es nicht umsonst in meinen Artikel „9 Geheimtipps ohne Gedränge in Deutschland “ geschafft hat – und schaut euch gerne unseren aktuellen Ausflug in unserer Instastory an!).
Stornieren in Corona-Zeiten
Schweren Herzens setzten wir uns also mit dem Hotel in Verbindung, um zu stornieren. Noch einmal umbuchen auf den Herbst wollten wir nicht. Nach allem, was wir derzeit wissen können, gehen die Infektionszahlen ja erst recht wieder hoch, wenn wir wetterbedingt wieder alle in geschlossenen Räumen hocken. Umbuchen auf Ostern hat wenig mehr Erfolgschance als mein Versuch mit Pfingsten. Und wenn es nächsten Sommer tatsächlich eine Impfung geben sollte, wann wir wohl eine abbekommen?
Das Ende vom Lied: Das Stornieren war kostenlos. Ein kurzes, wohl oft geprobtes Bedauern. Das war’s.
Schmerzhaft bleibt der Berlin-Verzicht nur für den Beherbergungsbetrieb, und für uns lediglich ideell. Zu Corona-Zeiten ist man anscheinend kulant, selbst wenn das Reisen offiziell wieder möglich ist. Ich weiß nicht, ob das mit der weltweiten Reisewarnung zusammenhängt, die noch bis zum 14. Juni gilt. Oder ob es sich einfach als gängige Krisen-Praxis etabliert hat.
Oder ob es schon Hopfen und Malz verloren sind und das Hotel nur noch abwickelt. Ich hoffe nicht! Denn wenn wir das nächste Mal nach Berlin fahren, möchte ich liebend gern wieder im Holi absteigen. Dann wird es vielleicht doch noch was mit Spionagemuseum, Escape-Room und Bunker. Und Familienurlaub in Berlin.
Übrigens habe ich gerade noch mal auf booking.com nachgeschaut. Die Preise für Städtetrips sind derzeit unglaublich günstig. Und ganz, ganz häufig wird kostenloses Stornieren bis auf die letzte Kracke angeboten.
Mehr Familienurlaub in Berlin und Deutschland
Von unseren vergangenen Berlin-Trips habe ich hier berichtet:
- Im Friedrichstadt-Palast mit Kindern zur Grand Show
- Café-Tipps: Berlin von seiner Schokoladenseite
- Berlin mit Kindern: Sightseeing mit Spaßfaktor
- Ein ganzes Wochenende auf der Museumsinsel
Und nicht ganz Berlin, aber fast:
- Potsdam ohne Sanssouci: Lohnt sich ein Ausflug in die Stadt?
- Beelitz Heilstätten: Lost Places auch ohne Führung und Baumkronenpfad
Weitere Reise- und Ausflugsziele in Deutschland für Familien sind auf unserer GoogleMaps-Karte verlinkt. Eine komplette Auflistung, geordnet nach Bundesländern, findet ihr hier: Familienurlaub in Deutschland – mehr als 130 Tipps.
Transparenz-Hinweis: Hier hätte es sich um einen komplett privaten Trip gehandelt ohne Kooperationen. Dass ich Reiseblogger bin und das Hotel seit Jahren in einem alten Beitrag empfehle, hat in der Auseinandersetzung mit dem Hotel keine Rolle gespielt. Zumindest habe ich habe es nicht erwähnt, und ich bezweifele, dass sie das wissen.
Der Berlin-Reiseführer auf dem Beitragsbild ist ein Rezensionsexemplar. Ich wollte es eigentlich auf unserem Trip dem Praxistest unterziehen. Der muss jetzt auch warten.
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