9 Tage lang haben wir Thüringen mit Kindern erkundet: eine Woche Urlaub plus die Wochenenden vorne und hinten dran. Das reicht natürlich nicht, um im Familienurlaub in Thüringen wirklich ALLES zu sehen. – Erst recht, wenn man nicht nur zwei Teenager, sondern auch ein Kleinkind an Bord hat. Aber wir haben ausgesprochen großartige Landschaften und Orte intensiv erleben können. Wir haben idyllische kleine Städtchen entdeckt. Und – trotz Corona-Beschränkungen – eine ganz wundervolle Zeit als Familie erleben können. Als kinderfreundliche Unterkünfte dienten uns dabei die Jugendherbergen. Hier kommt die Zusammenfassung unseres herrlichen Herbsturlaubs in Thüringen.
Die beste Route für den Thüringen-Roadtrip mit Kindern
Die Idee für einen Familienurlaub in Thüringen kommt mir, als ich fürs neue family4travel-Blogdesign meine Deutschland-Posts nach Bundesländern ordne. Obwohl Oma und Opa in dem Freistaat wohnen, habe ich kaum je über ihn gebloggt! Irgendwie logisch, denn wenn wir auf Familienbesuch sind, steht die Familie im Vordergrund. Die Ausflugsziele, die zwischen Mittagessen, Kaffee und Abendbrot passen, lohnen selten einen ausführlichen Beitrag für ein Reiseblog.
So kommt es, dass wir für die Herbstferien eine Kombination planen: zwei Übernachtungen bei Oma und Opa und den Rest der Woche touristisch orientiertes Erkunden des restlichen Bundeslandes. Für uns der perfekte Familienurlaub in Thüringen!
Eine bilderlastige Zusammenfassung gibt es dauerhaft in den Highlights meines Instagram-Profils (klick). Einige Schlaglichter habe ich zudem „live“ auf Twitter unter dem Hashtag #f4tHerbst gesammelt.
Highlights in Thüringen: Was muss man gesehen haben?
Die Frage, was man sich im Familienurlaub in Thüringen alles ansehen sollte, lässt sich gar nicht so leicht beantworten. Die beiden wichtigsten Destinationen sind sicherlich die Landeshauptstadt Erfurt und das geschichtsträchtige Weimar. Allerdings sind das auch die beiden Städte, in die wir es auf dem Weg von oder zu den Großeltern dann doch mal geschafft haben. Wer selbst einen Thüringen-Roadtrip plant, sollte die beiden Schwergewichte natürlich unbedingt mit einbeziehen. Wir lassen sie diesmal aber außen vor.
Auf meinem Wunschzettel habe ich bei der Planung vor allem den Thüringer Wald und den Nationalpark Hainich. Entzückt stelle ich fest, dass beides so nah beieinander liegt, dass es sich mit einer einzigen Übernachtungsstation abfrühstücken lässt. – Aber natürlich nicht an einem einzigen Tag! Und der Thüringer Wald ist so lang und hat an jedem Ort ein anderes Gesicht, dass sich auch dafür mehrere Stationen lohnen.
Auch sonst hat Thüringen noch viele schöne Ecken. Richtung Bayern reicht es bis in die Rhön. Richtung Sachsen geht es bis ins Vogtland und im Nordwesten bis in den Harz. Dazu kommen spannende Städte wie Jena, Gera und Gotha. (Die haben wir alle noch nie ansatzweise anständig unter die Lupe genommen.)
Rundreise von Jugendherberge zu Jugendherberge
Letztlich bin ich mit der Auswahl unserer Rundreise-Stationen so überfordert, dass ich unsere Route einfach anhand der Unterkünfte auswähle. Schon ganz früh in der Planung haben wir uns entschieden, die familienfreundlichen Jugendherbergen zum Übernachten zu nutzen. Von denen weiß ich, dass sie zu Corona-Zeiten konsequente Hygienekonzepte fahren. (Das ist mir sehr wichtig beim Reisen im Jahr 2020.)
Außerdem feiern die Jugendherbergen in diesem Jahr ihr 111-jähriges Bestehen und nehmen das zum Anlass für ein ganz besonders tolles Angebot für Familien. Für 111 Euro gibt es zwei Übernachtungen im Familienzimmer für zwei Erwachsene plus bis zu vier Kinder (oder Enkel) und ein Abendessen in der Jugendherberge. Frühstück ist sowieso immer mit drin. Das unschlagbare Angebot gilt nicht in jeder Jugendherberge und nicht an jedem Tag. Aber auch die normalen Preise sind günstig für das, was man als Familie bekommt.
Verglichen mit Hotels haben Jugendherbergen in meinen Augen folgende Vorteile:
- ein Zimmer für die ganze Familie
- robuste Umgebung, die auf Kinder eingestellt ist
- Spielplatz, oft auch Spielzimmer und Leihspiele
- Lunchpakete zum Selberschmieren buchbar
- unkompliziertes Abendessen buchbar, bei dem nur das und so viel auf dem Teller landet, wie man möchte (Nachschlag für hungrige Teenager inklusive)
- (vor und hoffentlich auch nach Corona) haufenweise andere Kinder zum Spielen
- oft tolle Programmangebote
Viele Jugendherbergen sind auch in interessanten Örtlichkeiten untergebracht. So kann ich ganz nebenbei noch Silas‘ erklärten Wunsch erfüllen, der in den Herbstferien „gerne mal in ein Schlosshotel“ wollte. Nach dem „Urwald-Life-Camp“ am Nationalpark Hainich und der Jugendherberge Ilmenau im Thüringer Wald kommt so für uns noch das Renaissanceschloss Windischleuba dazu. (Das ist wirklich ein absolutes Sahnestückchen!)
Unser Programm im Familienurlaub in Thüringen
Nachdem unsere Übernachtungsstationen zusammengepuzzelt sind, geht es an die Programmplanung. Auch die ist gar nicht so einfach, weil Thüringen – wie so ziemlich jedes andere Bundesland auch – an jeder Ecke einfach unheimlich viel Interessantes zu bieten hat. Als braver Blogger will ich möglichst viel mitnehmen, um später gute Tipps geben zu können.
Das Programm, das auf diese Weise bei uns dabei herausgekommen ist, ist mit Teenagern und Kleinkind machbar, aber eigentlich ein bisschen zu viel des Guten. Wenn ihr unseren Roadtrip nachmachen wollt, empfehle ich deshalb pro Station eine Übernachtung mehr. (Natürlich könnt ihr auch am Programm kürzen, aber ich wüsste im Nachhinein kaum, was ich weglassen würde. Alles war ziemlich sehenswert.)
In diesem Artikel gibt es die Kurzversion im Überblick. Im Nachhinein habe ich einige Detailberichte geschrieben, auf die ich dann jeweils verlinke.
Tag 1: Wartburg und Drachenschlucht
Am Samstag steigen wir früh ins Auto und fahren nur mit kurzen Pausen in eins durch bis nach Eisenach. Die Stadt lassen wir an diesem Tag ganz außen vor und konzentrieren uns auf die Hauptattraktion: die Wartburg. Die ist nicht nur wegen der Warteschlange ein tagesfüllender Programmpunkt. Die knappe Stunde im Burghof bis zum Einlass verkürzt uns die Audio-Führung, die wir zum Glück rechtzeitig heruntergeladen haben. Dann folgen wir dem Weg der Geschichte durch das ehrwürdige Gemäuer. Das Zimmerchen, in dem Martin Luther die Bibel ins Deutsche übersetzt hat, ist der historische Höhepunkt. Uns Kunstbanausen gefallen die historistischen Schnörkeleien aus dem 19. Jahrhundert aber mindestens genauso gut.
Erfahrungsbericht: Wartburg mit Kindern besichtigen – So lohnt sich Thüringens Top-Sehenswürdigkeit
Für die nahegelegene Drachenschlucht bleibt uns dann nur noch der späte Nachmittag. Gerade in Corona-Zeiten ist das aber genau die richtige Tageszeit (abgesehen vom frühen Morgen). Der kinderfreundliche (aber nicht kinderwagentaugliche) Wanderweg in die enge Klamm ist extrem beliebt. Es gibt Ausweichplätze, aber immer wieder mehrere Meter zurückgehen zu müssen, um zwischen den Felsen nicht Bauch an Bauch mit sorglosen anderen Spaziergängern zu geraten, ist frustrierend. Das Spektakel lohnt sich aber absolut und ist für unsere beiden Jungs erklärter Höhepunkt des Urlaubs.
Erfahrungsbericht: Die Drachenschlucht – Wandern mit Kindern bei Eisenach
Eine gute halbe Stunde fahren wir dann von Eisenach aus zu unserer Jugendherberge im Hainich, die nahe der Ortschaft Mihla liegt. Hier beziehen wir ein nagelneues Familienzimmer mit Doppelbett und Tür nach draußen. Das Abendessen wartet schon auf uns – perfekt!
Tag 2: Baumkronenpfad und Wildkatzendorf
Den Sonntag verbringen wir fast komplett im Nationalpark Hainich. Deutschlands größter Urwald besteht vor allem aus Buchen und ist im goldenen Oktober besonders sehenswert.
Beliebteste Sehenswürdigkeit im Hainich ist der Baumkronenpfad bei Bad Langensalza. Dazu müssen wir von unserer Unterkunft aus zwar fast eine Stunde lang auf die andere Seite des Waldes fahren, aber der Weg lohnt sich (alternativ könnten wir auch 13 Kilometer mitten durch wandern, was durchaus seinen Reiz hätte, aber in Corona-Zeiten wollen wir nicht mit dem Bus zurückfahren, und mit Kleinkind wäre das vielleicht doch etwas zu mutig).
Mit dem Fahrstuhl fahren wir samt Kinderwagen in die Baumwipfel hinauf. Bis zu 24 Meter hoch sind die hölzernen Stege, die einen verschlungenen Rundweg um den rund 40 Meter hohen Aussichtsturm bilden. Für ganz Mutige gibt es verschiedene Kletterelemente und in mehreren „Baumhäusern“ jede Menge Informationen zum Ökosystem Baumkrone. Gleich zwei verschiedene Ausstellungen am Erdboden – eine zum Nationalpark, eine zum Leben unter der Erde – machen aus dem Erlebnis leicht einen Ganztagesausflug. Brandneu ist ein richtig schön gestalteter Abenteuerspielplatz hinzugekommen: „Das Reich des Fagati“. Und mit der „Waldpromenade“ startet auch ein Familienwanderweg direkt am Baumkronenpfad.
Eigentlich viel zu früh verlassen wir das Gelände und fahren ein Stück weiter nach Hütscheroda. Das Dorf ist winzig und steht ganz im Zeichen der berühmtesten Bewohner des Hainich: der Wildkatzen. In der Wildkatzenscheune gibt es eine kleine Ausstellung über die doch eher entfernten Verwandten der Hauskatzen. Überall im Hainich leben sie wild, aber in Hütscheroda gibt es eine Sichtungsgarantie: im Freigehege zu den Fütterungszeiten. Acht Kater haben hier den Job, Besuchern ihre Gattung und deren Schutzbedürftigkeit nahezubringen. Ein Nationalpark-Ranger unterstützt sie dabei, erzählt Wissenswertes und beantwortet Fragen. Die Wildkatzen bekommen mehrmals täglich ihr Fressen, einmal am Tag auch die Luchse nebenan. Die aktuellen Zeiten stehen jeweils auf der Homepage des Wildkatzendorfs.
Neben dem Freigehege befindet sich ein kleiner Spielplatz. Hier beginnt der Wildkatzenschleichweg, ein etwa zwei Kilometer langer Familienwanderweg (geeignet für Kinderwagen). Die längere Version, der Wildkatzenweg, ist sieben Kilometer lang, geht über Stock und Stein und schließt einen Aussichtsturm mit ein.
Erfahrungsbericht: Wandern mit Kindern im Hainich
Tag 3: Betteleiche und Eisenach
Der Hainich hat uns so in seinen Bann geschlagen, dass wir unbedingt noch ein wenig mehr von ihm sehen wollen. Statt gleich nach dem Frühstück weiter zu fahren, legen wir deshalb noch eine Wanderung ein. Direkt hinter der Jugendherberge beginnt der Nationalpark. Dort startet auch der Urwaldpfad, der auf rund zwei Kilometern so richtig mitten rein führt ins Gehölz (nicht kinderwagentauglich).
Auf halber Strecke stoßen wir auf einen Wegweiser, der nur noch weitere 1,8 Kilometer bis zur Betteleiche ausweist. Die wollen wir auch noch sehen, beschließen wir kurzerhand. Über nun etwas breitere Wege erlaufen wir das Wahrzeichen des Nationalparks. Angeblich verdankt die alte Eiche ihren kuriosen Wuchs mittelalterlichen Bettelmönchen, die an der Wegkreuzung eine kastenförmige Vertiefung für milde Gaben anbrachten. Im Laufe der Jahrhunderte soll dabei die heutige Betteleiche herausgekommen sein.
Dann wollen wir uns die Stadt Eisenach noch einmal genauer ansehen, die wir an unserem ersten Reisetag kaum gestreift haben. Leider ist Montag und das Lutherhaus hat geschlossen. Die mit 42.000 Einwohnern überschaubare Stadt hat aber auch „nur von außen“ einiges zu bieten. Wir schlendern durch die Gassen, schauen uns Kirchen, Fachwerkhäuser und das stattliche Stadttor an. Kulinarischer Höhepunkt (in einem Corona-Herbst ohne ausgedehnte Café-Besuche) ist ein schokoladiges Eis im Laden des Thüringer Nougatherstellers Viba.
Erfahrungsbericht: Eisenach mit Kindern
Schließlich fahren wir weiter zu unserer zweiten Übernachtungsstation nach Ilmenau. Die Fahrt ist zum Glück nicht weit, gerade mal eine Stunde dauert es von Eisenach aus.
Tag 4: Kickelhahn und Ilmenau
Die Jugendherberge in Ilmenau liegt so, dass sowohl das Zentrum der kleinen Universitätsstadt als auch die Wanderwege des Thüringer Waldes zu Fuß erreichbar sind. Perfekt also für Familien, die das eine mit dem anderen verbinden wollen.
Auch wir tun genau das an unserem vierten Reisetag. Wir wandern auf den Kickelhahn, den Hausberg von Ilmenau. Würden wir direkt an der Jugendherberge loslaufen, würden wir auf Hin- und Rückweg insgesamt neun Kilometer zurücklegen. Weil ab dem späten Vormittag Regen angesagt ist, mogeln wir aber und fahren mit dem Auto zum Wanderparkplatz Kickelhahn. Von dort sind es auf dem kürzesten Weg nicht einmal zwei Kilometer bis zum Gipfel. Das Wegenetz ist hier aber so dicht, dass sich für jeden Geschmack der passende Pfad in der richtigen Länge findet. So mäandern wir bergauf und stoßen dabei auf die historische Jagdanlage und das Goethehäuschen. Ganz oben ist der Aussichtsturm noch wegen Sanierungsarbeiten geschlossen, aber auch ebenerdig ist der Ausblick in die Täler des Thüringer Walds wunderbar.
Nach einer kurzen Mittagspause auf dem schönen kleinen Spielplatz der Jugendherberge machen wir uns auf ins Stadtzentrum. Wir folgen der Ilm und erkunden dann die hübsch zurechtgemachte Fußgängerzone. Kleine Läden laden zum Stöbern ein. Unser Mittagessen holen wir bei einem kleinen Bäcker, dessen Namen ich mir leider nicht merke und der bei GoogleMaps nicht verzeichnet ist, dessen Waren aber so richtig lecker selbstgebacken schmecken.
Und weil wir dann doch recht schnell durch sind mit Ilmenau und es mittlerweile ziemlich ausdauernd regnet, machen wir es uns für den Rest des Tages in unserer Jugendherberge bequem. Wir entern eine offene Grillhütte und packen eins unserer mitgebrachten Brettspiele aus.
Tag 5: Waldmuseum und Kranichfeld im Dauerregen
Leider richtet sich der Regen über Nacht häuslich ein in Thüringen. An diesem Tag ist Indoor-Programm angesagt. Zuerst probieren wir es mit dem Goethe- und Stadtmuseum im Zentrum, zu dem ich meine Bande am Vortag nicht motivieren konnte. Leider sind dort heute größere Gruppen unterwegs, wir passen coronamäßig nicht mehr rein.
Die nette Mitarbeiterin verweist uns auf das kleinere Waldmuseum auf dem Kickelhahn. Also wieder hoch auf den Berg! Die Ausstellung im Forsthaus Gabelberg ist ziemlich übersichtlich, aber für Familien mit mäßig motivierten Teenagern und/oder quirligen Kleinkindern genau das Richtige. Franka darf vorsichtig das ausgestopfte Wildschwein streicheln und lauscht fasziniert den Stimmen der Waldtiere, die auf Knopfdruck ertönen. In der oberen Etage lernen wir einiges über Goethes Besuche in Ilmenau und besichtigen den barocken Festsaal, in dem wohl so manche Jagdgesellschaft gebechert hat.
Zum Mittagessen sind wir mit Anke und ihrer Tochter Johanna in Kranichfeld verabredet. Wir kennen uns quasi noch aus der Frühzeit des Internets und hätten wohl längst den Kontakt verloren, wenn Anke nicht zur treuen Blogleserin geworden wäre. Als ich auf der family4travel-Facebookseite von unserem Familienurlaub in Thüringen erzählt habe, hat sie uns prompt eingeladen.
Eigentlich wollten Anke und Johanna und die Sehenswürdigkeiten von Kranichfeld zeigen, derer es es durchaus einige gibt. Auch die Jungs hatten sich schon sehr auf die Flugshow der Falknerei im Oberschloss gefreut. Aber es regnet heute in einer Tour. Auf Martins Regenradar ist nicht einmal eine kurze Pause in Sicht. Also verschieben wir die Erkundungstour aufs nächste Mal und belassen es bei einer gemütlichen Erzählrunde, während das Jungvolk eine Runde an der Playstation zockt. Ist auch mal schön!
Zum Kaffeetrinken sind wir dann bei Oma und Opa. Der Rest des Tages steht dann wieder ganz im Zeichen der Familienzeit.
Tag 6: Pößneck und Brehms Tierleben
Auch Oma und Opa sind seit einiger Zeit eifrige Blogleser. Sie freuen sich, dass ich meinen Lesern auch ihre Heimat vorstellen will und haben für unseren Recherchebesuch gleich mehrere Vorschläge parat – weil sie mich kennen, inklusive Café-Tipps. Das ist super, denn auf die Brehm-Gedenkstätte wären wir von alleine vermutlich nie gekommen.
Am Vormittag nehmen wir aber erst einmal das Heimatmuseum in Pößneck unter die Lupe. Das ist in den vergangenen Jahren ganz neu gestaltet worden und macht nun wirklich in jeder Beziehung was her. Ich bin ja studierte Historikerin und habe eine Weile in der Museumspädagogik gearbeitet, deshalb sage ich das nicht leichtfertig: Wer ein bisschen historisches Interesse mitbringt, kann sich hier wirklich hervorragend informieren und unterhalten. Für Kinder gibt es schöne Elemente, die sich an alle Sinne wenden. Selbst für Kleinkinder in Frankas Kaliber ist schon einiges geboten. Als unbegleitete Erwachsene hätte ich mich hier mehrere Stunden aufhalten können (wäre ja aber coronamäßig gar nicht gut gewesen, also kommen wir einfach bei nächster Gelegenheit noch mal wieder).
Nachmittags legen wir einen kurzen Stopp in Triptis ein. Thüringen ist auch bekannt für seine Porzellanfabriken. Der Hersteller unseres heimischen Service befindet sich hier, und so nutzen wir die Gelegenheit, alle zwischenzeitlich zu Bruch gegangenen Stücke im Fabrikverkauf zu ersetzen. Und weil wir an diesem frühen Mittwochnachmittag tatsächlich die einzigen sind, folgen wir Oma Marlenes Tipp und kehren gleich nebenan im Café Tasse ein.
Von hier aus ist es nicht mehr weit nach Renthendorf. Das beschauliche Dörfchen ist die Heimat des einst berühmten Tierforschers Alfred Edmund Brehm. Er ist der Autor des Standardwerks „Brehms Tierleben“, das eigentlich unter dem Titel „Illustrirtes Thierleben“ schon ab 1863 erschien. In dem Haus, in dem der Forscher seinen Altersruhesitz bezog, ist heute ein Museum untergebracht. Mir fehlt hier so ein bisschen der rote Faden. Es ist ratsam, sich vorher schon ein bisschen einzulesen.
Aber richtig, richtig schön ist der Brehm-Rundwanderweg. Der führt auf gut zwei Kilometern (nicht kinderwagentauglich) einmal ums Dorf herum durch Feld und Wald. In regelmäßigen Abständen zeigen Infotafeln Brehms Illustrationen der heimischen Tierwelt mitsamt seiner heute kurios anmutenden Beschreibungen.
Tag 7: Altenburg mit Inselzoo
Unsere letzte Station ist Altenburg ganz im Osten Thüringens. Von Pößneck aus fahren wir noch einmal eine gute Stunde „in die falsche Richtung“, also weg von zu Hause. Aber nur so hat es gepasst, die wunderschöne Jugendherberge im nahegelegenen Dorf Windischleuba mit einzubauen. Die ist nämlich nicht nur in einem waschechten Schloss untergebracht, sondern verfügt auch über besonders großzügige Apartments für Familien mit mehreren Schlafzimmern. Eines hat sogar eine eigene Küche. Diese Familienzimmer sind vor allem bei Großfamilien sehr beliebt und oft lange im Voraus ausgebucht.
Zunächst einmal aber spazieren wir durch Altenburg. In der Stadt und drumherum werden gleich mehrere Exportschlager produziert, die wir zu Hause alle regelmäßig nutzen: die Spielkarten der Traditionsfirma ASS, Altenburger Ziegenkäse und Altenburger Senf. Letzterer hat im Stadtzentrum einen eigenen kleinen Laden, in dem nach eigenen Angaben bis zu 350 Sorten Senf angeboten werden.
Nachdem wir den langgezogenen Marktplatz mit den hübsch renovierten Fassaden besichtigt haben und auch ein wenig durch die anderen Altstadtgassen geschlendert sind, betreten wir über eine Fußgängerbrücke die kleine Insel im Großen Teich. Hier befindet sich der Inselzoo, der zumindest in den Augen unserer Kinder (tatsächlich aller) die Hauptattraktion von Altenburg ist. Heimische Tiere wie Esel, Ziegen und Kamerunschafe lassen sich füttern und streicheln. Auch ein paar Exoten sind dabei: Rhesusaffen, Erdmännchen und Silberfüchse beispielsweise. Im Vivarium sind kleinere Reptilien und Insekten zu sehen. Für unser Kleinkind ist das ein absoluter Volltreffer!
Tag 8: Schloss Altenburg mit Kartenmacherwerkstatt
Am nächsten Morgen steht Altenburgs Hauptattraktion für Große auf dem Programm. Praktisch den kompletten Tag verbringen wir im Residenzschloss. Das beherbergt nicht nur die Prunkräume der Herzöge von Sachsen-Altenburg, sondern auch das Spielkartenmuseum. Ganz nebenbei wurde in der Stadt nämlich nicht nur landespolitische Geschichte geschrieben, sondern auch Skat erfunden. Während das vermutlich beliebteste deutsche Kartenspiel seit etwa 1820 existiert, sind Hersteller von Spielkarten nachweislich schon seit über 500 Jahren in Altenburg ansässig.
Wir besichtigen zuerst die herzoglichen Gemächer mit all ihren Schätzen (und einem Kleinkind, das heute leider so gar nicht museumstauglich ist). In viele Bereiche kommen Besucher nur mit Führung. Die Teilnehmer sind zu Corona-Zeiten begrenzt, und weil wir heute ein sehr unruhiger Haufen sind, verzichten wir. Stattdessen legen wir mit unserem Lunchpaket aus der Jugendherberge ein ausgedehntes Picknick im riesigen Burghof ein.
Anständig ausgetobt geht es am Nachmittag in die Kartenmacherwerkstatt. Die Workshops rund um die Spielkarten-Herstellung sind nicht nur für Schülergruppen interessant. Auch Familien und Einzelpersonen können mitmachen und nehmen die Angebote auch gut an. Aktuell sind die Gruppen besonders klein (allerdings trägt die Workshop-Leiterin keine Maske). Die Jungs haben sich für das große Paket entschieden, das auch den Entwurf einer Spielkarte am PC mit Herstellen einer Druckplatte via 3D-Drucker umfasst. Viel mehr Spaß haben wir alle dann aber beim handfesten Hoch- und Tiefdruck. Silas lässt die 500 Kilo schwere Walze mit Schwung über die Druckplatte sausen. Am Schluss können wir unsere eigenen Spielkarten-Drucke für den Bilderrahmen mit nach Hause nehmen.
Erfahrungsbericht: Altenburg mit Kindern – vom Schloss bis in die Kartenmacherwerkstatt
Tag 9: Nordhausen mit Wildgehege
Unser letzter Urlaubstag bricht an, und den wollen wir noch maximal ausnutzen. Zuerst aber genießen wir ein letztes Mal unser Frühstück in der Jugendherberge. In Windischleuba erwartet uns das in Form eines fertig gedeckten Tischs. In den anderen beiden Jugendherbergen mussten wir uns zu unserer versetzt ausgeteilten Frühstückszeit – mit Abstand – am Küchentresen anstellen und wie an der Fleischertheke unsere Bestellung aufgeben. Beides funktioniert, wenngleich ich das ungezwungene Buffet ein bisschen vermisse, das sonst in Jugendherbergen üblich ist.
Da wir von Altenburg aus über vier Stunden nach Hause fahren, brauchen wir einen ausgedehnten Zwischenstopp. Dass sich so ein kompletter Thüringen-Roadtrip ergeben hat, ist eigentlich Zufall. Aber auf die letzten Meter wollen wir das Gesetz der Reihe nicht brechen. Also wählen wir als Tagesziel Nordhausen. Das liegt gerade so noch in Thüringen, im nordwestlichsten Zipfel im Südharz. Und wir waren noch nie dort, was wir immer als hinreichenden Grund betrachten, es uns auf jeden Fall mal ansehen zu wollen.
Die Altstadt ist klein, zeigt uns aber ein paar besonders schöne Fachwerkhäuser. Nordhausen hat im Krieg viel abgekriegt. Das Wahrzeichen der Stadt ist der bunte Roland, der (als Kopie) am Rathaus steht. Angenehm viele Parks ziehen sich über das Stadtgebiet. Wir nehmen uns vor allem den nominellen Stadtpark vor, denn hier befindet sich ein ausgesprochen schöner Spielplatz. Die Größeren können sich auf Trampolinen und ausgefallenen Klettergerüsten austoben. Für Kleinkinder gibt es einen eigenen Bereich mit mehren Rutschen, Buddelgrund und einer Babyschaukel, die unsere Franka sofort erobert.
Ein kleines Stück weiter befindet sich ein frei zugängliches Wildgehege. Dort begegnen wir nicht nur stattlichem Rotwild, sondern auch wieder Eseln, Ziegen und Kamerunschafen, für die sich bei uns die komplette Familie begeistern kann.
Einen sehr umfangreichen City-Guide für Nordhausen im Südharz hat gerade aktuell meine Blogger-Kollegin Janett von Teilzeitreisender veröffentlicht (klick). Hier liegt der Schwerpunkt freilich nicht auf Kinderspaß, sondern auf Kultur – unter anderem auch auf die Besichtigung der Traditionsbrennerei des Nordhäuser Doppelkorn.
Und wer lieber einen Roadtrip mit Kindern durchs benachbarte Sachsen machen möchte, kann sich die ultimativen Ideen bei meiner Kollegin Jenny von den Weltwunderern holen!
Mehr über Familienurlaub in Thüringen
Hier liste ich noch einmal alle weiterführenden Blogbeiträge über unseren Thüringen-Roadtrip mit Kindern auf:
- Wartburg mit Kindern besichtigen: So lohnt sich Thüringens Top-Sehenswürdigkeit
- Drachenschlucht: Wandern mit Kindern bei Eisenach
- Eisenach mit Kindern: Ausflug in die Lutherstadt
- Wandern mit Kindern: Unsere Tipps im Nationalpark Hainich
- Altenburg mit Kindern: Vom Schloss des Herzogs bis in die Kartenmacherwerkstatt
Artikel aus dem family4travel-Thüringen-Archiv
Die wenigen Artikel, die ich in den sieben Jahren (!) vor unserem Roadtrip über Thüringen geschrieben habe, sind folgende:
- Point Alpha: Auf der Grenze zwischen Hessen und Thüringen
- Plothener Teiche: Grünes Ausflugsziel in Thüringen
- Weimar mit Kindern: Auf den Spuren der großen Dichter
- Barbarossa-Höhle im Kyffhäuser: Des Kaisers unterirdischer Palast
- Planetarium Jena: Weißt du, wie viel Sternlein stehen
Insgesamt hält das family4travel-Archiv mehr als 180 Berichte über Reise- und Ausflugsziele für Familien in Deutschland bereit. Zu finden sind sie auf unserer personalisierten Karte bei GoogleMaps (klick) oder nach Bundesländern geordnet in diesem Beitrag:
Familienurlaub in Deutschland: Unsere geballten Tipps
Transparenz-Hinweis: Beim Puzzeln unserer Jugendherbergen hat uns der DJH-Landesverband Thüringen unterstützt, die Übernachtungen sind aber selbst bezahlt. In der Wartburg, auf dem Baumkronenpfad, im Wildkatzendorf, im Inselzoo und im Schlossmuseum Altenburg mit Kartenmacherwerkstatt hatten wir als Blogger mit Berichterstattungsabsicht freien Eintritt.
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[…] Um es kurz zu machen: Das Zufallskonstrukt erweist sich als grandioser Urlaub! Die Wartburg, mehrere Waldwanderungen und das Altenburger Residenzschloss sind nur einige der vielen Höhepunkte. Den ausführlichen Reisebericht gibt es hier: Familienurlaub in Thüringen – der ultimative Roadtrip mit Kindern. […]