Es war so lange nicht spruchreif, dass ich immer noch das Gefühl habe, ein Geheimnis zu verraten.  Aber endlich scheint es, als hätten wir alle Hürden genommen. Wir werden reisen.

Im September geht es los. Nächste Woche. Etwa elf Monate lang werden wir ein Nomadenleben führen. Lange haben wir konkret geplant an unserem Familien-Abenteuer. Jahrelang. Es gibt viel zu beachten, wenn man eine so ausgedehnte Reise mit Kindern vorhat – vor allem, wenn man aus Deutschland kommt und mit der Schulpflicht kämpfen muss.

„Wie macht ihr das mit der Schule?“ ist denn auch meistens die erste Frage, die uns die Leute stellen, wenn wir von unserem Vorhaben erzählen. Es ist die Frage, die allen potenziellen deutschen Reisefamilien unter den Nägeln brennt. Dass dazu nur so wenige Informationen im Netz zu finden sind, hat einen Grund. Das Dogma der Schulpflicht ist in Deutschland unantastbar, Ausnahmeregelungen für Unter- und Mittelstufenkinder sind nicht vorgesehen. Wer trotzdem außerhalb der Ferien reisen, wer seine Kinder ein Jahr lang aus der Schule nehmen will, muss gegen Windmühlen kämpfen. Sind Eltern bereit, viele Stunden Arbeit in Recherche, Behördengänge, Telefongespräche, Auseinandersetzungen, Gesetzesstudium und allgemeines Kopfzerbrechen zu investieren, dann geht das irgendwie. Es gibt sogar verschiedene Herangehensweisen – die elegante bei allgemeinem guten Willen aller Beteiligten, die rechtlich einwandfreie auf Kosten des Kindeswohls und des gesunden Menschenverstands, die teure mit „Umzug“ ins homeschooling-freundlichere Österreich und die rabiate, die einen zum obdachlosen Menschen zwischen den Staaten macht. Wir haben uns jetzt für einen Weg entschieden, der vielleicht eine Patentlösung ist, vielleicht aber auch nicht. Sämtliche Beteiligte sind nach ausgiebigem Studium der gesetzlichen Vorgaben einverstanden, unsere Beurlaubung ist offiziell. Wir sind uns einig, dass wir im Sinne des Kindeswohls handeln. Bevor wir den guten alten deutschen Grundsatz herausfordern: „Alles, was nicht explizit erlaubt ist, ist pauschal verboten“, reden wir aber lieber erstmal nicht allzu laut über die Details.  Deshalb vertröste ich alle, die sich in dieser Hinsicht Aufschluss erhoffen, auf nach unserer Reise.

Abgesehen von der Schulpflicht-Frage aus amtlicher Sicht haben wir erstaunlich wenig Gegenwind erhalten. Von der Uroma bis zur entfernten Bekannten im Sportverein, von befreundeten Grundschullehrern bis zum Kinderarzt – alle bewunderten unsere Entscheidung und drückten ihre Überzeugung aus, dass die Kinder in dieser Zeit so viel mehr lernen würden als in der Schule. „Wenn man euch kennt“, sagten einige, „braucht man sich wirklich keine Sorgen um die Jungs zu machen.“ Ich war auf Vorwürfe der Unverantwortlichkeit gefasst gewesen, des Egoismus, auf Fragen nach dem Zustand der geistigen Gesundheit. Manche sagten: „Für mich wär’ das ja nix.“ Andere sagten: „Ihr seid ja schon so viel gereist. Ihr müsst ja wissen, worauf ihr euch einlasst.“ Aber „Seid ihr bekloppt?“ hörten wir überraschenderweise kein einziges Mal.

Das sind wir: Janis, Lena, Martin und Silas.

Wir sitzen quasi auf gepackten Koffern.

Verglichen mit anderen Reisefamilien, die Deutschland ganz den Rücken gekehrt, sich zumindest jahrelang aus ihrem Heimatland zurückgezogen oder den afrikanischen Kontinent von Süd nach Nord durchquert haben, sind unsere Pläne ja auch harmlos. Nachdem wir vor kurzem einmal komplett umplanen mussten – mehr zu unserer denkwürdigen Begegnung mit der amerikanischen Bürokratie gibt es morgen an dieser Stelle – bleiben wir nun durchgängig in Europa. Obwohl wir sie uns wirklich gerne angesehen hätten, lassen wir sogar die Krim aus…

Was ich euch eigentlich sagen wollte: Dieses Blog nimmt eine neue Richtung. Family4travel wird wieder unmittelbarer. Kommt mit auf unsere Reise über unseren Kontinent! Wir fahren los und gucken, was passiert. Schaffen wir es bis nach Istanbul? Wie erfahren wir den „Wilden Balkan“? Was werden unsere Vorurteile in Rumänien erleben? Können wir am Ende unsere Zehenspitzen doch in den Atlantik tauchen? Halten wir es überhaupt fast ein ganzes Jahr auf Reisen aus, oder haben wir nach ein paar Monaten die Nase so voll, dass wir umkehren – eine Option, die wir uns ausdrücklich offen halten wollen. Heute in einem Jahr sind wir auf jeden Fall wieder zu Hause. Aber wie sehr werden wir uns verändert haben? Eine spannende, spannende Zeit beginnt. Wenn ihr Lust habt, seid dabei! :)

 

Die nächsten Posts zum Thema: