Ihr wollt nach London mit Kindern? Tolle Idee! Oder vielleicht auch nicht. Das kommt ganz darauf an, was ihr erwartet und wie ihr und eure Kinder drauf seid. Ich habe für euch aktuelle Erfahrungen und die besten Tipps für einen Städtetrip in Englands Hauptstadt mit der Familie gesammelt. In diesem Artikel verrate ich euch, wo ihr noch echten, persönlichen Rat findet (und nicht nur von ChatGPT zusammengeschriebenes PR-Blabla). Und ich teile meine eigenen, ganz authentischen Erfahrungen aus London mit zwei Kindern im Grundschulalter.
London mit Kindern im Reiseblog
Dieser Artikel ist in seiner ursprünglichen Fassung sehr alt. Unsere eigenen Erfahrungen in London mit Kindern haben wir 2007 und dann – ausführlicher – noch einmal 2013 gemacht: Big Ben, British Museum, Buckingham Palace – das volle Programm. Seien wir ehrlich: Das ist ewig her. 2018 haben wir unser Wissen zwar noch einmal etwas aufgefrischt. Damals waren Reiseblogs noch gute Möglichkeiten, gratis Informationen zu Sehenswürdigkeiten und praktische Hinweise über Gegebenheiten vor Ort zu bekommen.
Inzwischen sind die meisten Blogs zu unpersönlichen Aufzählungen der „x coolsten Orte, die du unbedingt gesehen haben musst“ geworden. Die Artikel sind oft nur Träger für Werbeanzeigen, die nach Seitenaufrufen bezahlt werden. Ja, bei letzterem mache ich aktuell auch fleißig mit. (Es ist nett, dass sich die viele, viele ins Bloggen investierte Zeit endlich etwas auszahlt. Dass die Technik dahinter irgendwie nie so richtig funktioniert, steht auf einem anderen Blatt.) Jedenfalls, gute Reiseblogs mit echten, persönlichen Erfahrungen müsst ihr mittlerweile im oft automatisch generierten Überangebot mit der Lupe suchen.
Kompromiss zwischen aktuellen Infos und persönlichen Erfahrungen aus London
Meine echten, persönlichen Erfahrungen veralten währenddessen vor sich hin. Weil ich zwei Reiseführer für Familien über die Britischen Inseln geschrieben habe („Schottland mit Kindern„* und „Irland mit Kindern„*) und ich zu diesen Regionen somit sehr viele, auch aktuellere Beiträge im Blog habe, bekommt auch mein Artikel über London mit Kindern immer noch sehr viele Aufrufe. Leider sind die Informationen darin heute nicht mehr alle hilfreich.
Mein Kompromiss ist daher folgender: Der alte Reisebericht von 2013 bleibt online. Ihr findet ihn, wenn ihr einfach weiter runter scrollt. Meine unmittelbaren Einträge aus meinem damals sogar noch analog geführten Reisetagebuch vermitteln euch einen guten Eindruck, wie sich London mit Kindern anfühlt. Und viele Infos sind bestimmt durchaus noch brauchbar. Gleichzeitig verlinke ich euch aber mehrere Reiseblogs, die wesentlich aktuellere Eindrücke aus Familiensicht zu bieten haben. Dabei sortiere ich für euch schon mal vor. Ich liste nur Erfahrungsberichte auf, die „echt“ und hilfreich sind. Versprochen.
Tipps und Reiseberichte für London mit Kindern
Hier kommt also meine ultimative Liste – oder sagen wir besser: mein kommentiertes Leseverzeichnis für Erfahrungsberichte über Familienreisen nach London.
- Jochen von A bag full of dreams erzählt von einem Familien-Städtetrip im Jahr 2023. Besonders interessant: Er ist mit dem Zug angereist und hat aktuelle Erfahrungswerte mit der Oyster-Card für den öffentlichen Nahverkehr.
- Eva von Mamas Reisehacks war mit ihrem sechsjährigen Sohn und einer Tochter im Kleinkindalter in London. Spannend dabei: Das Programm durfte dabei von vorne bis hinten das große Kind bestimmen. Herausgekommen sind 16 Tipps für London mit Kindern.
- Die Strandfamilie war ebenfalls mit dem Zug in London. Zum Hardcore-Sightseeing war Jenni mit Mann und ihren beiden Jungs mit dem London-Pass unterwegs.
- Einen schönen, persönlich geschriebenen Reisebericht über drei Tage London mit 10- und 11-jährigem Kind habe ich im Blog Einer schreit immer gefunden. (Wer ihn geschrieben hat, kann ich nicht ganz ermitteln, denn Blog-Inhaberin Anne hat Zwillinge und auf die Angaben von Barbara in der Autorinnenbox passt der Text irgendwie auch nicht.)
- Antje von mee(h)r-erleben schreibt (wie ich) auch „echte“ Reiseführer für die Region (hauptsächlich Cornwall und ganz aktuell einen über Harry-Potter-Schauplätze). Der Artikel ist von 2020 und enthält auch einige weitere Literatur-Tipps.
- Jenny von nunu-reist war 2016 mit Baby in London unterwegs. Sie kennt sich gut aus in der Stadt und hat aus späteren Jahren auch mehr Tipps für London mit älteren Kindern zusammengetragen. (Aber irgendwann wiederholen sich die Sehenswürdigkeiten ja doch, deshalb verlinke ich euch den Baby-Artikel.)
- Und wenn ihr mal ein gutes Beispiel für einen „kalt recherchierten“ und suchmaschinenoptimierten Artikel sehen wollt, schaut euch mal das Blog vom Londonblogger an [inzwischen leider offline]. Ich sage nicht, dass seine Tipps für London mit Kindern schlecht sind. Nur glaube ich nicht, dass er je mit einem Kind in der Stadt unterwegs war. Und das gilt auch für die meisten anderen Suchergebnisse, die bei Google auf den ersten Plätzen stehen.
- Wenn ihr einfach nur viele Tipps für euer London-Programm mit Kindern wollt und nur zu geizig für einen echten Reiseführer seid, bekommt ihr die längste (und durchaus anständig recherchierte) Liste bei Familienreisefieber.
Special interest: Zu Harry Potter nach London
Einen eigenen Erfahrungsbericht habe ich noch aus dem Jahr 2018. Da war ich mit meinen beiden Jungs (damals elf und 13 Jahre alt) bei den Harry Potter Studio Tours. Kurzfassung: Es war großartig! Die ausführliche Version gibt es hier:
Harry Potter Studios: Erfahrungen mit der Warner Bros Tour in London
Und wenn ihr mit euren eigenen Kindern nach London reist, überlegt euch, ob ihr in einen privaten Tourguide investieren wollt. Während des Corona-Lockdowns habe ich die gebürtige Österreicherin Julia kennengelernt, die als Blue Badge Guide vor allem Familien durch London führt. Damals habe ich über eine virtuelle Tour mit ihr berichtet: London virtuell mit Blue Badge Guide Julia.
London mit Kindern: Erfahrungen aus meinem Reisetagebuch
Es folgt der Rückblick. Mein Reisetagebuch aus dem August 2013 beschreibt unseren Familienurlaub mit unseren Jungs, damals sechs und neun Jahre alt. Drei Wochen lang waren wir damals in Großbritannien unterwegs. Unser Roadtrip führte uns mit dem eigenen Auto über Antwerpen mit der Fähre nach Südengland. Von unserer Unterkunft in Surrey aus fuhren wir zu einem Tagesausflug mit dem Zug nach London rein.
Erster Programmpunkt war für uns das British Museum. Nachdem die Jungs im Jahr zuvor auf der Museumsinsel in Berlin so viel Spaß hatten, waren „die Mumien und der Stein von Rosetta“ ihr größter Wunsch.
Ins British Museum mit Kindern
Aus meinem Reisetagebuch: „Nachdem wir von der Victoria Station einen der typischen roten Doppeldeckerbusse bis fast vor die Haustür des Museums genommen hatten (Linie 38), erstaunte uns schon beim ersten Anblick der Andrang auf das Gebäude mit den weißen Säulen. Und das an einem Montag! Wahrscheinlich lockt der quasi freie Eintritt auf Spendenbasis so viele Leute an.
Menschenmassen aus aller Welt schoben sich durch die unklimatisierten Räume und verdeutlichten uns, dass Deodorant längst nicht in allen Gegenden selbstverständlich ist.
Wie ein Stück Treibholz in der Strömung wurden wir durch die Gänge der ägyptischen Abteilung gespült. Ab und zu gelang es uns, an einem der umlagerten Glaskästen hängen zu bleiben. Manchmal konnten wir sogar einen Blick auf die Ausstellungsstücke zu werfen. Die Kinder klebten freiwillig bei uns an der Hand, um in dem unglaublichen Gedränge nicht verloren zu gehen.
Ägyptische Mumien in London
Den berühmten Stein von Rosetta sahen wir gar nicht. Ich hatte nicht die Lust, ihn in diesem Tohuwabohu ausfindig zu machen. Nachdem uns klar war, dass es auch weiter hinten in den Gängen keineswegs überschaubarer wurde, drückten wir uns durch die Seitengänge wieder aus der ägyptischen Abteilung heraus.
Interessant wurde es etwas abseits der „herkömmlichen“ Mumien einflussreicher Ägypter. In einem Seitengang stießen wir auf einen einfachen ägyptischen Landarbeiter, der nach seinem Tod auf natürliche Weise mumifiziert worden ist. Obwohl man die Luft hier wirklich schneiden konnte, verweilten wir ein paar Minuten, weil die Jungs sich brennend für den Toten interessierten.
Im Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim hatten wir kürzlich gelernt, wie die handwerkliche Mumifizierung von statten geht. Die einfachen Leute, hieß es da, wurden nach dem Begräbnis von den Dienern Anubis’ direkt ins Totenreich geholt. Heißt: Der schakalköpfige Totengott schickte die Aasfresser, die die Verstorbenen buchstäblich im eigenen Leib ins Totenreich transportierten. Dieser eine hier war den Schakalen entgangen, und meine Jungs rekonstruierten fasziniert den Prozess, wie der heiße Wüstensand den Toten von selbst mumifiziert haben musste.
Weitere Schätze im British Museum
Wir bogen ab in Richtung der Toiletten und gerieten in den Bereich der alten Sumerer. Vorbelastet durch eine Mutter mit abgeschlossenem Geschichtsstudium und die Berliner Museumsinsel, identifizierten die Jungs die uralte Keilschrift und erkannten die Urform der später als biblisch adaptierten Cherubim.
Hier war es schon deutlich leerer. Dabei blieb es aber so stickig, dass ich keine Lust verspürte, den Geschichtsunterricht zu vertiefen.
Aufklärung auf Britisch
In einem letzten Anlauf, dem Museum mit Weltklasse-Ruf eine Chance zu geben, gerieten wir in den Room of Enlightenment. Hier fühlten wir uns entschieden wohler. Das lag allein schon daran, dass der Raum klimatisiert und deutlich weniger frequentiert war.
Der relativ neue Bereich ist dem Zeitalter der Aufklärung gewidmet, den die britische Geschichtsschreibung auf die Jahre 1680 bis 1820 datiert. Zahlreiche in Leder gebundene alte Schinken in den Regalen an der Wand erwecken den Eindruck einer stattlichen Bibliothek. Dazwischen und auch auf der Freifläche befinden sich zahlreiche Ausstellungsstücke hinter Glas. Ein Kasten zeigt die systematische Erkundung der Erde. Ein weiterer verdeutlicht die Sammlung alter Schriften und Kunstgegenstände anderer Kulturen. Ein dritter widmet sich der Erforschung der Religionen und der Geburt der Archäologie.
Auch die Gründung des British Museums im Jahr 1753 fällt in diese Zeit. Im Room of Enlightenment konnten wir selbst auf Erkundungsreise gehen. Es gab Schubladen zum Aufziehen, um noch mehr alte Schätze zu entdecken. Ehrenamtliche standen bereit und beantworteten Fragen zu einigen Fundstücken, die wir selbst in die Hand nehmen durften. Das hier war schon eher nach unserem Geschmack!
Unser Fazit zum British Museum in London mit Kindern
Einen kurzen Blick warfen wir noch nach oben in die britische Geschichte. Da uns hier aber sofort wieder Hitze und Menschenmassen überfielen, strichen wir die Segel und trollten uns.
Unser Fazit: Wir kommen gerne wieder! Dann aber an einem Donnerstag im Februar.“
Ausflugsziel Gleis 9 ¾, King’s Cross, London
Nach dem Debakel im British Museum war noch ein halber Tag übrig. Lohnt es sich da noch, mit dem Sightseeing anzufangen? Eigentlich hatten wir zwei Tage für London eingeplant: einen fürs British Museum, einen für Big Ben und Co. Na ja, sagten wir uns, wir sehen mal, wie weit wir kommen. Und siehe da: Es wurde ein anstrengender, aber wunderschöner Tag.
Herausforderung ÖPNV in London
Aus meinem Reisetagebuch: „Mit unseren Tagespässen für den öffentlichen Nahverkehr konnten wir alle Busse und die Tube nach Herzenslust benutzen. Die beste Verbindung ausfindig zu machen, erfordert mitunter aber ein bisschen Fummelei. Das British Museum ist nicht gerade hervorragend mit den Sehenswürdigkeiten der Innenstadt verbunden.
Nach einiger Überlegung entschieden wir uns, mit der Bahn von der nächstgelegenen Underground-Station Russel Square nach King’s Cross zu fahren. Das ist zwar genau die entgegen gesetzte Richtung zum Zentrum, aber von dort aus gibt es dann direkte Verbindungen zum Tower.
Außerdem hatten wir gerade die ersten beiden Bände von Harry Potter als Gute-Nacht-Geschichte durchgelesen. King’s Cross sagte den beiden Jungs also was. Sie wollten zu gern einen Blick auf diesen Bahnhof werfen. Der Hogwarts-Express fährt zwar erst in zwei Wochen (immer am 1. September), wie Janis uns erinnerte. Aber man weiß ja nie… Vielleicht würden wir ja doch auf Gleis 9 ¾ landen.
Fotospot Gleis 9¾
Wir folgten also der Beschilderung zu den British-Railway-Gleisen und betraten die verglaste Bahnhofsvorhalle. Ich dachte daran, die leere Wand zwischen Gleis neun und zehn zu fotografieren.
Zwischen Belustigung und Fassungslosigkeit schwankend entdeckten wir jedoch ein großes Schild mit der Aufschrift „platform 9 ¾“. Darunter sahen wir einen Gepäckwagen, beladen mit einem riesigen Schrankkoffer und einem leeren Eulenkäfig. Eine junge Asiatin mit Gryffindor-Schal schien diesen bereits halb durch die solide Backsteinwand gedrückt zu haben.
Es blitzte. Das Mädchen ließ den Gepäckwagen los, gab den Schal einem wartenden Angestellten und machte Platz für einen beleibten Mitteleuropäer. Der entschied sich für den Schal in den Farben des Hauses Slytherin. Dann trat auch er an den Wagen, um sich von seinen kichernden Freunden fotografieren zu lassen. Hinter ihm warteten mindestens 30 Personen: Kinder, Jugendliche, seriös und weniger seriös anmutende Erwachsene aller Altersstufen.
Ich fragte die Jungs, ob sie sich anstellen wollten.
„Pff, das ist ja gar nicht echt“, maulte Silas.
„Ich warte doch da nicht studenlang, nur damit ich einen durchgesägten Einkaufswagen anfassen darf, der an die Wand geschraubt ist“, ergänzte Janis.
Manchmal sind meine Jungs schon ganz schön desillusionierend…“
Sightseeing low budget in London mit Kindern
Dann wird es ernst mit dem Erkunden der Sehenswürdigkeiten von London in Familie. Dabei bleiben wir Knauserköppe: Eintritt zahlen wir lieber nirgends. Stattdessen erkunden wir die Innenstadt und ihre Sehenswürdigkeiten auf eigene Faust. (Heute würde ich das anders machen. Wenn wir schon mal da sind, will ich von meinen Reisezielen auch was sehen. Damals sparen wir aber noch auf unsere knapp einjährige Europareise. Unsere Reise nach Großbritannien im Sommer 2013 ist auch ein kleiner Probelauf für das, was danach kam…)
Tower Hill: Wo London am ältesten ist
Aus meinem Reisetagebuch: „Unser erster Stopp ist Tower Hill. Direkt am Ausgang der Underground-Station laufen wir an den freigelegten Fundamenten der Römerstadt vorbei. Das hier ist das allerälteste Stückchen London. Wenden wir den Blick nach links, sehen wir die Reste einer Mauer, die die Stadt seit dem 2. Jahrhundert umgab.
Ein paar Meter weiter gibt es eine Aussichtsplattform mit Blick auf den Tower of London.
Geheimtipp für eine Outdoor-Geschichtsstunde in London
Am Geländer entlang verläuft eine Info-Tafel, die das älteste erhaltene Gebäude der Stadt recht detailliert beschreibt. In der Mitte des Platzes befindet sich eine riesige Sonnenuhr, in deren Sockel ein in Bronze gegossener Überblick über die Londoner Stadtgeschichte informiert.
Die Jungs bringen erstaunlich viel Enthusiasmus auf, die stilisierten Bilder selbst zu deuten, bevor wir gemeinsam die Beschreibung übersetzen. So erfahren wir etwas über die Entwicklung der Bevölkerungszahlen, Die erfuhr durch Pest und Cholera mehrere Dämpfer. Wir lernen etwas über große Erfindungen und Verbesserungen wie die U-Bahn und die Kanalisation. Neu ist für uns, dass die keltische Königin Boudicea die Stadt im Jahr 61 mit ihren Truppen in Schutt und Asche legte. Und dass die Eröffnung der Underground 1863 eine Weltsensation darstellte. An diesem kleinen Kunstwerk, das von den vorbeiströmenden Menschen kaum beachtet wird, erfahren wir mehr über die Stadtgeschichte als im British Museum.
Tower Bridge und Seifenblasen
Wir folgen dem Fußweg am Tower vorbei und überqueren die Tower Bridge. Ich wundere mich über die Farbgestaltung. War das Geländer schon immer türkis? Irgendwie hatte ich die Brücke in rot und weiß in Erinnerung.
Unter uns fließt träge die graubraune Brühe, die sich Themse nennt. Die Jungs gewähren den Fahrgästen auf den Ausflugsbooten die Gnade, zurückzuwinken. Neben uns gibt eine Familie in traditioneller indischer Kleidung nach gut zehn Minuten den vergeblichen Versuch auf, den Strom der Leute für ein Foto „Frau und Kinder an Brückengeländer“ aufzuhalten.
Generell sind auch hier unglaublich viele Touristen unterwegs, vor allem aus Indien und Asien allgemein. Na gut, mitten auf Londons Wahrzeichen darf mich das natürlich nicht überraschen…
Hinter der Brücke biegen wir rechts ans Themse-Ufer ab und machen das Foto, das alle von der Tower Bridge machen – allerdings ohne selbst affektiert vor der Kamera zu posieren.
Ich merke, wie ich schon wieder Aggressionen gegen meine sich zu Massen ansammelnden Mitmenschen entwickle und erinnere mich daran, dass ich hier selbst eine Touristin und keinesfalls besser als andere Touristen bin. – Ein Fakt, den ich nur zu gerne verdränge. Während wir mit Blick auf die Brücke im Gras sitzen, damit ich ein paar Sätze in mein Reisetagebuch schreiben kann, haben die Kinder zwei große Jungs mit Straßenkünstler-Ambitionen entdeckt. Die zaubern zur Freude aller anwesenden Kinder riesige Seifenblasen.
Moderne Architektur rund um die City Hall
Rund um die City Hall ist hier ein stylisches Viertel mit massenweise modernster Architektur entstanden. Zu unserer Überraschung gibt es hier bezahlbares Mittagessen in den kleinen, durchaus nett gestalteten Snack-Bars. Für die Kinder gibt es viel Platz zum Rumrennen und einen schmalen Wasserlauf, in dem sich auch Kleinkinder vollkommen ungefährdet nasse Füße holen können.
Abenteuer öffentliche Toilette in London
Wir machen Bekanntschaft mit einer öffentlichen Toilette. Die Schlange davor ist eigentlich nicht lang. Trotzdem dauert es lange, bis Silas endlich an der Reihe ist. Der Preis von 20 pence erscheint mir vollkommen in Ordnung. Dem natürlichen Drang, das Bezahlen zu umgehen und dem nächsten durch Aufhalten der Tür den Münzeinwurf zu ersparen, wirkt hier ein zeitraubender Mechanismus entgegen: Die Toilette spült automatisch – aber erst, wenn sich die Tür nach Verlassen der Kabine geschlossen hat. Um zu verhindern, dass der oder die Nächste sich schon zu dieser Gelegenheit einschleicht, wird die ganze Kabine komplett durchgespült.
Nicht weit entfernt befindet sich die Hay’s Gallerie, eine hübsch zurechtgemachte Ansammlung höherpreisiger Cafés, Restaurants und Geschäfte an einem überdachten Platz, auf dem ein schmucker Brunnen in Steampunk-Design prangt.
Houses of Parliament und Big Ben
Wir nehmen die Tube bis Westminster. Inzwischen stecken wir mitten in der Rush Hour. Ganz London, so scheint es, hat Feierabend und will mit der U-Bahn nach Hause fahren. Die Wagen sind flach und so röhrenartig, wie ihr Name vermuten lässt. Immer mehr Menschen drängen hinein. Ich fühle mich an die dicht gepackte Verladung afrikanischer Sklaven in Richtung Baumwollplantagen erinnert. Zum Glück bin ich kein Mensch, der zu Platzangst neigt. Aber ich kann gut verstehen, wenn jemandem hier der kalte Schweiß ausbricht.
An der Haltestelle Westminster werden wir ans Tageslicht geschoben und stehen direkt vor Big Ben. Die Jungs zeigen sich beeindruckter, als ich ihnen zugetraut hätte.
„Ist das echtes Gold da oben?“, fragt Janis fasziniert.
Der Turm besitzt die Güte, pünktlich in sein typisches Gebimmel auszubrechen.
Wir schlendern an den Houses of Parliament entlang und bestaunen die eindrucksvolle Detailfülle der Fassadengestaltung. So viele Türmchen und Türmchen an den Türmchen!
Es empfiehlt sich jedoch, den Blick nicht nur nach oben zu richten. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich denjenigen beneide, der seinen Lieben zu Hause berichten kann: „Und dann habe ich direkt vor die Houses of Parliament gekotzt!“
St. James Park: Idealer Ort für eine Pause mit Kindern
Inzwischen stellt sich bei uns der Hunger ein. Wir suchen nach einem Supermarkt oder einem günstigen Restaurant. Hier an der Westminster Abby sind wir da natürlich völlig falsch. Nach Büroschluss ist das Viertel wie ausgestorben. Alle Bürgersteige werden hochgeklappt.
Die Jungs jammern, dass ihre Füße abgelatscht seien. Ich kann sie gut verstehen. Durch den St. James Park laufen wir zurück Richtung Victoria Station. Der Park weckt ihre Lebensgeister, denn hier gibt es alle möglichen Wasservögel zu sehen. Seit König Charles II. 1664 vom russischen Botschafter ein paar Pelikane geschenkt bekam, hat sich hier ein halber Zoo angesammelt.
Außerdem locken zahme Eichhörnchen und ein netter Spielplatz. Für einen Zwischenstopp im Großstadtgetümmel mit Familie ist dieser Ort wahrhaft ideal.
Buckingham Palace
Passabel gelaunt erreichen wir schließlich den Buckingham Palace. Der liegt einfach zu sehr auf unserer Strecke, um ihn auszulassen.
Das Gebäude selbst beeindruckt mich auch nicht mehr als bei meinem ersten Besuch 2002. Aber der schmiedeeiserne Zaun mit den vergoldeten Spitzen ist durchaus sehenswert. Wie alle anderen stecken wir die Nasen durch das Gitter und beobachten die seltene Spezies der Palastwachen. Deren Job ist es, regungslos neben den Türen Wache stehen und sich von Touristen anstarren zu lassen. Als wir bei unserem fortgesetzten Spaziergang am Besuchereingang vorbeikommen, nehmen zur Kenntnis, dass wir das Wohnhaus der Queen mit einem Familienticket für schlappe 50 Pfund (rund 60 €) auch besichtigen könnten.
Essen gehen in London mit Kindern
Endlich erreichen wir eine Gegend mit bezahlbaren Restaurants. Nach kurzem Überlegen entscheiden wir uns für eine asiatische Nudel-Bar, die den fantasievollen Namen „Noodle Noodle“ trägt. Zu diesem Zeitpunkt wäre uns fast schon alles recht. Aber wir sind hochzufrieden, genau hier gelandet zu sein. Die herzliche Bedienung legt enorme Kinderfreundlichkeit an den Tag. Es gibt saubere Toiletten, mehr Ambiente als in der typischen Imbissbude und Gerichte, die selbst inklusive Getränk weniger als 10 Pfund kosten. Nebenbei sind sie sogar noch richtig lecker – das ist mehr, als wir an diesem Tag erwartet haben. Sogar die Jungs verputzen ihre extra mild gewürzte Portion Bratnudeln ratzekahl.
Rückfahrt nach dem Tagesausflug nach London
Jetzt sitzen wir wieder im Zug nach Dorking. Als ich begann, diesen Eintrag zu schreiben, brausten wir noch Richtung Horsham in den Sonnenuntergang. Da waren wir völlig falsch, wie wir erst eine halbe Stunde später bemerkten. Also hieß es aussteigen, zurückfahren und an der Clapham Junction in den richtigen Zug umsteigen. Die Jungs waren völlig k.o. und motzten verständlicherweise.
Den Ruf der britischen Eisenbahn wahrend, kam unser Zug 45 Minuten zu spät. Bis wir endlich im richtigen Vorort Londons angekommen, mit dem Auto auf den Wanderparkplatz gefahren und die Viertelstunde durch den Wald zu unserer Jugendherberge gewandert waren, war es halb elf.
Wenigstens die Nachtwanderung im Taschenlampenlicht haben die Jungs dann aber doch wieder ganz nett gefunden. Trotzdem, Silas’ Fazit lautet: „London ist ja ganz nett, aber ich will da trotzdem nie wieder hin!“
Ich glaube auch, morgen machen wir was anderes. Wir eignen uns einfach nicht so recht als Großstadt-Touristen.“
Diesen Eintrag meines Reisetagebuchs habe ich am 12. August 2013 verfasst. Mehr England-Reiseberichte aus jenem Familienurlaub inklusive Karte gibt es in unserem England-Inhaltsverzeichnis.
Die „Queen“ war übrigens Charles II. Dieses Jahr im Mai hat die Stadt Prag drei weitere Exemplare gestiftet. Habt Ihr die Fütterung beobachtet? Schade, dass Ihr London aufgrund der Massen nicht so genießen konntet. Es gibt hier nämlich viele tolle, kostenlose Museen, die für Kinder einfach super sind.
Ach herrje, da hab ich wohl doch die falsche Version online gestellt. Das kommt davon, wenn man auf jedem Rechner was anderes abspeichert. Hatte die Geschichte nämlich extra noch mal nachrecherchiert, soweit das Internet das auf die Schnelle zuließ – und das ist schon alles hochinteressant!
Bei der Fütterung waren wir leider nicht dabei. Überhaupt haben wir ja alles in diesen einen Tag gequetscht, womit man sich auch locker ne Woche hätte beschäftigen können. London ist eine gigantische, großartige Stadt, in der gerade die Museen noch auf unseren nächsten Besuch warten.
Toller Beitrag, Lena Marie! Ich finde es super, dass du nicht nur deine persönlichen Erfahrungen teilst, sondern auch auf die Schwierigkeit eingehst, authentische Infos in der heutigen Flut von SEO-optimierten Artikeln zu finden. Deine Idee, aktuelle Blogs zu verlinken, ist sehr hilfreich. Besonders spannend fand ich deine Erlebnisse im British Museum – ich kann mir gut vorstellen, wie überwältigend es dort mit Kindern sein muss. Danke für die ehrlichen Einblicke und die vielen praktischen Tipps! 😊
Liebe Grüße Emma
Vielen Dank für die Blumen, liebe Emma. Deinen kommerziellen Link habe ich trotzdem gelöscht. Der Kommentarbereich meines Reiseblogs ist keine Werbefläche.