Reiseziel Patras mit Kindern – eine gute Idee? Mit rund 214.000 Einwohnern ist Patras nicht nur die größte Stadt auf der Peloponnes-Halbinsel, sondern nach Athen und Thessaloniki auch die drittgrößte Stadt in Griechenland. Klar, dass wir auf unserem Peloponnes-Roadtrip dort Station gemacht haben.
Dieser Beitrag vervollständigt die Reihe Reisen mit Kindern auf dem Peloponnes – unsere Erfahrungen.
Couchsurfing in Patras
Während wir die restliche Halbinsel von unserem Ferienhaus in Tripoli aus sternförmig erkundet haben, legen wir in der inoffiziellen Hauptstadt des Peloponnes einen Exta-Aufenthalt ein. Das liegt hauptsächlich daran, dass wir endlich wieder einmal erfolgreich waren bei der Suche nach Couchsurfing-Gastgebern. Drei Nächte dürfen wir uns bei Georgos einquartieren und interkulturellen Austausch pflegen. Das hat zum einen zur Folge, dass wir unseren Besuch in der Stadt über die Maßen genießen und positiv in Erinnerung behalten – und zum anderen, dass die typischen Sehenswürdigkeiten von Patras für uns völlig in den Hintergrund treten.
Georgos ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität und hat uns vorgewarnt: Wir sind herzlich willkommen, aber seine Wohnung ist eine Junggesellenbutze, er hat viel zu tun, und er hat schon zwei anderen Couchsurfern zugesagt. Da sein türkischer Mitbewohner aber gerade ausgezogen ist und er noch keinen Nachfolger gefunden hat, müsste genug Platz für alle da sein.
Als wir zur verabredeten Zeit an seiner Haustür klingeln, öffnet uns Tiphaine. Die junge Frau stammt aus Frankreich und ist mit dem Fahrrad angereist. Gemeinsam mit ihrem italienischen Freund Marco ist sie seit einem halben Jahr unterwegs, ohne feste Vorstellungen von einem Ziel oder einem Endzeitpunkt. Seit einer Woche sind die beiden bei Georgos gestrandet. „Jeden Tag sagen wir: ‚So langsam müssten wir wohl mal wieder weiter‘, und jeden Tag sagt Georgos zu uns: ‚Ach, bleibt doch noch!’“, erzählt Tiphaine, während sie in der Küche Teewasser aufsetzt. Marco hilft Martin währenddessen unsere Taschen ins Wohnzimmer zu tragen, wo wir auf der Couch und unserem mitgebrachtem Luftbett schlafen werden. Von unserem eigentlichen Gastgeber sehen wir zunächst einmal gar nichts, denn der steckt bis zum Hals in Arbeit.
Die Playmobil-Ritter und Superagenten der Jungs breiten sich im Wohnzimmer aus, während Marco und ich schon im Austausch von Reisegeschichten schwelgen und Martin und Tiphaine in der Küche aus allem, was der Kühlschrank und unsere Reise-Kühlbox hergeben, ein Abendessen kreieren. Dann kommt endlich auch Georgos nach Hause und kann sich direkt an den gedeckten Tisch setzen – zusammen mit einem alten Studienfreund aus Amerika, den er mehr oder weniger zufällig aufgegabelt hat, weil er für heute Nacht eine Bleibe braucht. „Ich musste an der Uni noch was erledigen“, erzählt er. „Eigentlich wollte ich ins Hostel gehen, aber dann hab ich zum Glück Georgos getroffen.“ Mangelnde Gastfreundschaft kann man unserem Hausherrn wirklich nicht vorwerfen.
Das Essen reicht für alle, der Platz irgendwie auch, und aus dem Nichts entsteht ein Viel-Völker-Fest mit acht Teilnehmern aus fünf Ländern. Couchsurfing at its best.
Sightseeing in Patras
Klar, solche Reise-Anekdoten sind für die meisten Leute nicht das, was sie sich von einem Kurztrip nach Patras erhoffen. Zum Glück hab ich auch noch ein paar Mainstream-tauglichere Erinnerungen und Tipps für Patras mit Kindern auf Lager.
Am kommenden Tag nämlich nimmt uns Georgos mit auf einen Spaziergang durch seine Heimatstadt. Obwohl Patras 2006 europäische Kulturhauptstadt war, macht das Zentrum vergleichsweise wenig her.
Die Aigos Andreas Kirche
Georgos zeigt uns und den beiden Radfahrern die Aigos Andreas Kirche, die Mitte des 19. Jahrhunderts an der Stelle errichtet worden sein soll, an der der Heilige Andreas seinen Märtyrertod starb. Sein Schädel und das originale Andreaskreuz, an dem der bedauernswerte Apostel kopfüber gekreuzigt wurde, sollen sich heute noch in der Kirche befinden und werden als Reliquien verehrt.
Römische Ruinen
Über viele Treppen führt uns unser inoffizieller Stadtführer in die (hübschere) Oberstadt. Auf dem Weg kommen wir an etlichen Ruinen vorbei. Das Odeon (rote Backsteine) und ein Amphitheater (aus Kalkstein) sehen wir durch einen Gitterzaun. Das Odeon-Theater kann man sogar kostenlos besichtigen, meint Georgos, aber nur bis 15 Uhr. Schade, wir sind zu spät, aber snser Bedarf an antiken Steinen ist nach bereits drei Wochen in Griechenland ohnehin weitgehend gedeckt.
Die Festung von Patras
Zu unserem Lieblingsort in Patras wird das Kastro, eine mittelalterliche Burganlage, erbaut von Osmanen und Venezianern. Sie befindet sich ganz oben in der Altstadt – im Sommer muss der Aufstieg anstrengend sein, jetzt im Februar hält es sich in Grenzen. Von hier haben wir einen fantastischen Blick über die Stadt und auch auf die erdbebensichere Rio-Andirrio-Brücke, die den Peloponnes mit dem Festland verbindet.
Die Innenstadt von Patras
Viele Treppenstufen führen uns schließlich wieder hinunter ins Stadtzentrum. Die Straßen sind bunt geschmückt, denn der Karneval steht kurz bevor (er wird nach dem orthodoxen Kalender später gefeiert als in Deutschland). An vielen Plätzen stehen deshalb überdimensionale Figuren aus Pappmarché.
Wie gesagt, besonders hübsch ist Patras nicht. Die Universitätsstadt verfügt jedoch über eine enorme Café- und Kneipendichte. Unsere Jungs interessieren sich mehr für den Spielplatz, den wir vor dem Rathausgebäude finden. Unsere persönliche Mindestanforderung an Patras mit Kindern ist erfüllt.
Ausflug zum Weingut Achaia Clauss
Auch am nächsten Tag schaufelt sich Georgos genügend Zeit frei, um mit uns einen Ausflug zu unternehmen. Diesmal zeigt er uns das Weingut Clauss, das etwa zehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernt in den Bergen liegt. Hier wird der berühmte Mavrodaphne gekeltert, ein süßer Dessertwein, der uns durchaus schmeckt. Täglich gibt es Touren, die nicht viel kosten (wie viel genau, hab ich leider vergessen). Die Geschichte des Weinguts ist wahnsinnig interessant: Der bayrische Staatsbürger Gustav Clauss eröffnete hier Mitte des 19. Jahrhunderts einen Weinhandel, aus dem sich die Achaia entwickelte. Um die Wahl der außerordentlichen Rebsorte rankt sich eine tragische Liebesgeschichte. Die Liste der Ausflugsgäste im Laufe der vergangenen beiden Jahrhunderte weist illustre Namen auf. So kamen vor uns schon Otto von Bismarck und Franz Liszt zur Verkostung vorbei, später der Jetset der 1970er Jahre mit Vertretern wie Aristoteles Onassis und Omar Sharif.
Patras mit Kindern als Reiseziel
Nach drei Tagen in Patras verlassen wir unsere neuen Freunde schweren Herzens, weinen der Stadt selbst aber, ehrlich gesagt, nicht allzu viele Tränen nach. Es gibt auf dem Peloponnes schönere Orte als die große Stadt. Patras lohnt durchaus einen Zwischenstopp, wenn man schon einen Peloponnes-Roadtrip unternimmt. Aber mehr als ein Tag muss es eigentlich nicht sein, finden wir. Zumindest, wenn man sich wirklich nur die Stadt angucken möchte und nicht wie wir den Couchsurfing-Spirit zelebrieren will.
Mehr Peloponnes-Roadtrip mit Kindern
Das sind die weiteren Beiträge unserer Reihe:
- Mit Kindern auf dem Peloponnes: Unsere Erfahrungen samt Unterkunftstipp
- Mykene: Wiege des antiken Griechenland
- Sparta: Lohnt sich ein Tagesausflug?
- Nafplion: Griechenlands vielleicht schönste Stadt
Transparenzhinweis: Georgos‘ Vornamen habe ich geändert, da ich vor der Veröffentlichung des Beitrags keine Gelegenheit hatte, ihn zu fragen, ob es okay ist, hier quasi Werbung für ihn als Couchsurfing-Gastgeber zu machen. Marco und Tiphaine haben selbst ein Blog (auf Italienisch, mit Übersetzungsauswahl), weshalb ich da keine Vorbehalte habe. Nachdem sie bis Indonesien geradelt sind, befinden sie sich aktuell auf dem Rückweg irgendwo auf der arabischen Halbinsel. Wir haben sie seit Patras nicht persönlich getroffen, wohl aber Marcos Mutter, bei der wir zwei Monate später in Caserta bei Neapel untergekommen sind. Coole Sache.
Tolle Sache mit Eurer interkulturellen Kurz-WG ;-). Für mich immer wieder das Schönste auf Reisen – Menschen und ihre Geschichten. Und die griechische Gastfreundschaft ist einfach großartig. Liebe Grüße, Ines
Ja, absolut. Da gebe ich dir auf ganzer Linie recht. :)
Was für eine tolle Geschichte! Solche Dinge sind es, die zu Erinnerungen werden – und nicht der 1001 Tempel o.ä. Danke für’s teilen eurer schönen Erinnerungen! LG, Nina
Ja, da hast du recht. Die Menschen sind es, die unsere Reise besonders machen. Danke fürs Lesen! :)
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