Was für ein wundervoller Tag! Friedliche Hügel, saftiges Gras und eine glückliche, entspannte Familie um mich herum. Ich atme tief durch und genieße Surrey.
Von der Jugendherberge aus sind wir über gut ausgeschilderte Waldwege nach Polesden Lacey gewandert. Das ist das Herrenhaus, auf dessen Anwesen sich Tanner’s Hatch befindet. In den 1920ern war der Ort unheimlich populär bei der High Society. Eine Dame namens Margaret Greville versammelte hier die angesehensten Künstler und die adligsten Damen und Herren um sich, obwohl ihre eigene Abstammung als mehr als zweifelhaft galt. Die Queen Mum und ihr damals noch nicht königlicher Gatte verbrachten hier ihre Flitterwochen.
Wir hatten einen Blick auf die Preisliste im Flyer geworfen und uns diskussionslos dafür entschieden, nur einen äußerlichen Blick auf das Gebäude zu werfen und auch die kostenpflichtigen Parkanlagen nicht zu betreten. Andrew der Hostel-Manager hatte uns jedoch das angeschlossene Hofladen-Café empfohlen, und überhaupt: Wenn man spazieren geht, macht sich ein Ziel immer gut. Selbst wenn man weiß, dass man eigentlich gar nicht dort hin will.
Die öffentlichen Fußwege führen hier oft mitten über Schafweiden. So kletterten wir einen steilen Hügel hinauf, bis wir auf die große Hecke stießen, hinter der wir beim Frühstück schon die erste herrschaftliche Marmorstatue hatten blitzen sehen. Der Blick zurück machte uns klar, dass wir mitten in der schönen Aussicht besagter Herrschaften wohnten.
Auch in England sind Schulferien, und so gab es am Eingang von Polesden Lacey einen ernstzunehmenden Andrang. Einen Platz im Café bekamen wir nicht, aber wir nutzten den Außer-Haus-Verkauf des Bio-und-fair-und-außerdem-chick-Hofladens und deckten uns mit Picknick-Utensilien ein. Wider besseren Wissens entschied ich mich für einen Doppelpack Sandwichs für 3,75 £. Erwartungsgemäß schmeckten sie, als habe man in Remoulade ertränkten Käse in dünne Papierservietten eingewickelt. Ich liebe Großbritannien, aber mit diesen Sandwichs bin ich nie richtig warm geworden.
In den wirklich nett gemachten Luxus-Klimbim-Laden im Pferdestall durfte ich leider nur einen kurzen Blick werfen, da die Jungs nach ihren sausage rolls gierten.
Um einen Platz zum Essen zu finden, wollten wir das Besucher-Gewimmel so schnell wie möglich hinter uns lassen. Wir öffneten ein Gatter, das genauso aussah wie die anderen, die zu öffentlichen Fußwegen führten. Hier aber waren überall Menschen, die bunte Aufkleber auf der Kleidung trugen, und der Rasen war gemäht, nicht von Schafen abgeweidet. Ansonsten sah es hier eigentlich aus wie draußen, aber uns war klar, dass wir im kostenpflichtigen Park gelandet waren. Kurz überlegten wir, ob wir zum Essen hier bleiben sollten, bevor unsere Pasteten kalt würden. Aber nein, das ist einfach nicht unsere Tasse Tee, wie der Brite sagt. All diese Leute. Und schon gar nicht, wenn nur ein paar Meter weiter die einsame Weite mit Hügeln, Schafen und großen Bäumen lockt.
Und genau da sitzen wir jetzt. Unser Picknick haben wir verputzt. Der göttliche Orangenkuchen aus dem Hofladen hat mich wieder mit der britischen Küche versöhnt. Die Jungs liegen im Gras, an ihren Papa gekuschelt, und schauen sich die Wolken an, die über den Himmel ziehen. Kein Mensch um uns herum. In der Ferne blöken Schafe. Ich strecke mich aus, streichele über Janis’ knubbelige Knie, und der würzige Geruch nach Klee und Kräutern steigt mir in die Nase. Genau so liebe ich meinen Urlaub. Herrlich!
Diesen Eintrag meines Reisetagebuchs habe ich am 13. August 2013 verfasst. Mehr England-Reiseberichte aus jenem Familienurlaub inklusive Karte gibt es in unserem England-Inhaltsverzeichnis. Chronologisch geht es hier weiter:
Soliebe ich meinen Urlaub auch – wenn auch mit etwas kleinerer Besetzung.
Eine sehr schöne Beschreibung… auch der „wenig schmackhaften“ Seiten Englands. ;-)
Herzlich, Katja
Och, wie gesagt: Der Kuchen war großartig! :)