Wenn wir in den Urlaub fahren, gerade jetzt mit Baby, dann brauchen wir auf der Strecke regelmäßig eine Pause. Dabei meiden wir überfüllte Rasthöfe. Lieber suchen wir uns schon im Vorfeld ein paar Orte raus, die ganz nah an der Autobahn liegen, uns aber trotzdem eine Pause im Grünen ermöglichen. In Reinfeld zwischen Hamburg und Lübeck, direkt an der A1, hat das kürzlich so wunderbar geklappt, dass ich das Zwischenziel hier im Blog empfehlen möchte.
Autobahn fahren mit Baby
Spätestens alle zwei Stunden braucht der Babyrücken eine Pause vom Autofahren, fordern Kinderärzte. Und der Mamahintern eigentlich auch, sagt mein solcher.
Wenn wir vom Schaumburger Land an die Ostsee fahren, versuchen wir es immer so einzurichten, dass der Löwenanteil der Fahrtzeit in den Mittagsschlaf fällt. Dann wecken wir unser jüngstes Familienmitglied natürlich nicht pünktlich nach zwei Stunden, sondern sehen zu, dass wir in ihrer Schlafzeit möglichst viele Kilometer machen.
Aber unser Baby hat einen ganz guten inneren Kompass und wacht meist pünktlich von alleine auf. Irgendwo zwischen Hamburg und Lübeck müssen wir dann abfahren. Auf die harte Tour haben wir gelernt, dass wir dann besser schon einen guten Ort für eine Pause im Hinterkopf haben.
Den richtigen Ort für eine Pause finden
Tatsächlich bin ich diesmal im Vorfeld unsere Fahrstrecke auf GoogleMaps abgefahren und habe jede einzelne Ausfahrt unter die Lupe genommen: Wo könnte man zwischen Hamburg und Lübeck eine Pause machen? Auf diese Weise habe ich eine längere Liste erstellt mit Orten nahe der Autobahn, die – zumindest dem Satellitenbild nach – einen Parkplatz sowie eine nette Möglichkeit zum Spazierengehen und/oder zum Picknick bieten.
Als es dann soweit ist und sich nach dem Mittagsschlaf in der Babyschale Protest regt, haben wir es diesmal tatsächlich bis zu meinem Wunschort geschafft. Reinfeld liegt schon ein gutes Stück hinter Hamburg, nur 20 Kilometer vor Lübeck.
Keine zwei Kilometer müssen wir uns von der Autobahnabfahrt entfernen. Hier haben wir mit dem Herrenteich nicht nur viel Grün, sondern auch die komplette Infrastruktur einer Kleinstadt vor der Nase. Perfekt!
Reinfeld an der A1
Reinfeld liegt in Schleswig-Holstein, gehört aber noch zur Metropolregion Hamburg. Mit 9000 Einwohnern ist der staatlich anerkannte Erholungsort überschaubar. Gegründet wurde er – das muss ich als Lokalpatriotin an dieser Stelle natürlich erwähnen – im 12. Jahrhundert auf Veranlassung des Grafen von Schauenburg und Holstein, dessen Stammsitz bei uns im Schaumburger Land lag. Von 1762 an stand es gut hundert Jahre unter dänischer Herrschaft. Gesprochen wurde hier früher das Reinfelder Platt, das auch Eingang in Thomas Manns Roman „Buddenbrooks“ gefunden hat.
Parken in Reinfeld
Unser Besuch fällt auf einen Sonntag. Somit parken wir mitten in der Stadt längs der Hauptstraße. Hier muss man unter der Woche einen Parkschein lösen.
Später finden wir in direkter Nähe des Herrenteichs einen großen kostenlosen Parkplatz am Karpfenplatz. Hier gibt es auch einige Wohnmobilstellplätze (die Stellplätze an sich sind ebenfalls kostenlos; Strom, Wasser, Entsorgung gegen Gebühr, hab ich gelesen).
Einkehr am Herrenteich: Café Mocca
Unser erster Weg führt uns am Rathaus vorbei zum Herrenteich. Dass es dort einen netten Naturlehrpfad gibt, habe ich bereits recherchiert. Dass der direkt an einem Café mit Seeblick beginnt, habe ich ebenfalls in Erfahrung gebracht. Eigentlich hatte ich aber ein kostengünstiges Picknick geplant. Nur: Das haben die hungrigen Teenager bereits auf der Fahrt verspeist. Und durch Corona waren wir in der letzten Zeit so selten Kaffeetrinken. Also gebe ich den hoffnungsvollen Anfragen der Jungs nach. Auf der Terrasse ist noch ein Platz für uns vier frei.
Von außen wirkt das klotzige Café Mocca nicht eben bildschön. Der Ausblick von hier auf den Teich ist dafür umso schöner. Die Inneneinrichtung sehe ich nur kurz auf dem – ordnungsgemäß maskierten – Weg zum Klo. Sie ist – ich sag mal: durchaus Hamburger-Hipser-geeignet. Noch schöner sind aber die Außenplätze mit direktem Seeblick.
Kaffee und Kuchen gibt es ebenso wie frisch zubereitete warme Kleinigkeiten. Mein Schokoladenkuchen schmeckt himmlisch schokoladig. Silas verpasst dem elterlich bewilligten Stück Kuchen ein Upgrade mit seinem Taschengeld und bestellt einen Burger, mit dem er höchst zufrieden ist. Die Preise entsprechen der Lage am Wasser und in der Metropolregion. Aber wir sind ausgesprochen glücklich.
Naturlehrpfad am Herrenteich
Über eine Stunde nach unserer Ankunft in Reinfeld wenden wir uns dann aber endlich dem zu, was ich die ganze Zeit hier vorhatte: der Wanderung um den Herrenteich.
Der See im Stadtgebiet umfasst knapp 40 Hektar. Der obere Teil ist Naturschutzgebiet und darf nicht betreten werden. Der Naturlehrpfad führt also nicht ganz rings herum, sondern über eine Brücke. Insgesamt sind es rund vier Kilometer. Wir haben eine gute Stunde gebraucht. Je nachdem, ob man kleine Kinder dabei hat, die selber laufen, jede Infotafel lesen will oder ein Picknick einlegen möchte, muss man natürlich mehr Zeit einplanen.
Der Fußweg ist angenehm breit, durchgehend barrierefrei und ohne Steigung. Für Kinderwagen ist er bestens geeignet. Auch Fahrradfahrer sind hier unterwegs. An diesem frühen Sonntagnachmittag ist für alle mehr als genug Platz da. Wir begegnen etlichen anderen Spaziergängern, aber überlaufen ist es nicht.
Naturschutz lernen und anwenden
Der Weg um den Teich ist ein mit Bedacht angelegter Naturlehrpfad. Alle paar hundert Meter erzählt eine Infotafel über Flora und Fauna. Die meisten Dinge davon sind für meine Jungs alte Hüte: Jahresringe bei Bäumen etwa. Aber es gibt doch auch für sie noch Neues zu fahren. Und einige Tafeln haben interaktive Elemente, die nicht nur kleine Kinder locken.
Der Natur rund um den Wanderweg sieht man an, dass sie viel von Menschen genutzt wird. Das Ufer ist teilweise ganz schön „abgenutzt“ und die Böschungen kaputtgeklettert. So ist wohl das Schicksal von Naherholungsgebieten. Wer Punkte auf der Karmaliste sammelt, sollte für sein Picknick lieber eine der zahlreichen Bänke oder Schutzhütten entlang des Ufers nutzen und auch sonst auf den Wegen bleiben.
Die Sehenswürdigkeiten in Reinfeld und am Herrenteich
Der Herrenteich selbst ist sicherlich die Hauptattraktion der kleinen Stadt. Das untere Drittel etwa liegt direkt im Stadtgebiet. Ein paar Anlaufpunkte haben wir aber außer dem Naturlehrpfad noch gefunden, die ich weiterempfehlen möchte.
Die Fasanerie
Nach gut der Dreiviertelstrecke rund um den Teich lockt uns ein hölzernes Schild vom Ufer weg. Noch während wir den kurzen Anstieg zur Fasanerie meistern, hören wir schon einen Pfau rufen. Am Waldrand entdecken wir dann mehrere Volieren, die wir uns direkt vom öffentlichen Weg aus ansehen können. Hier gibt es Goldfasane, Diamantfasane und noch mehr Fasane in schillernden Farben. Auch andere Vögel sind vertreten. Außer dem Pfau, den wir schon gehört haben, wohnen hier unter anderem Kanarienvögel, Seidenhühner und verschiedene Taubenarten.
Groß ist dieser „Zoo“ freilich nicht. Aber unser Baby ist angemessen fasziniert und bestimmt eine Viertelstunde lang mit Gucken beschäftigt.
Badeanstalt
Noch ein Stück weiter, bereits wieder im Stadtgebiet, treffen wir auf die Badeanstalt. Hier könnte man im Herrenteich baden. Wenn sie denn geöffnet wäre. Wegen Corona und wohl vor allem, weil kein Bademeister gefunden werden konnte, bleibt das Bad einem Aushang zufolge 2020 geschlossen.
Wer unbedingt trotzdem im Herrenteich baden will, findet direkt neben dem verschlossenen Tor einen schmalen Zugang zum Wasser. So richtig gemütlich ist es da aber nicht. Und überall sonst wird es im dichten Schilf schwierig.
Kunst am Herrenteich
Auf die letzten Meter unserer Seeumrundung stoßen wir auf einige interessante Kunstwerke. Hier verläuft der Fußweg ziemlich nah an einer Durchgangsstraße. Die bunten – oder rostigen – Gestalten am Wegesrand trösten darüber hinweg. Der Seeblick zur anderen Seite sowieso.
Wer mit kleinen Kindern in Reinfeld Pause macht, könnte entgegengesetzt der ausgeschriebenen Richtung um den Herrenteich und nur bis zur Fasanerie spazieren. Dann wären Scratch und Co das erste Zwischenziel, der kleine (öffentliche) Spielplatz an der Badeanstalt das zweite.
Stadtbummel durch Reinfeld
Nach unserer kleinen Wanderung sind alle noch so gut drauf, dass ich zurück zum Auto einen Umweg anberaume. Wir überqueren den Parkplatz am Karpfenplatz und laufen dann noch einmal am wesentlich kleineren Neuhofer Teich entlang. Aus touristischer Sicht ist das kein Muss. Aber wir sehen ein paar hübsche Häuser und bekommen einen Eindruck, wie es sich hier im Hamburger Speckgürtel wohl leben lässt.
Gleichermaßen ausgeruht und ausgepowert setzen wir uns dann wieder ins Auto und schaffen den Rest unserer Tagesetappe problemlos.
Mehr Ausflugstipps und Reiseziele in Deutschland
Wie wir Urlaub an der Ostsee machen und welche Tipps und Ausflugsziele wir dort parat haben, fasst dieser Artikel zusammen: Bad Doberan – beste Basis für den Familienurlaub.
Mehr familientaugliche Reiseziele in ganz Deutschland gibt es bei GoogleMaps auf der Karte verlinkt (hier klicken) oder wahlweise hier nach Bundesländern aufgelistet: Familienurlaub in Deutschland – unsere gesammelten Erfahrungen. Dieser Beitrag hier hat die Ehre, Nummer 140 zu sein!
Liebe Lena, das klingt ja nach einem herrlichen Pausenziel und vielleicht sogar noch mehr. Das ist so ganz nach unserem Geschmack. Und als ich dann auch noch von den Wohnmobilstellplätzen gelesen habe, die ihr zufällig entdeckt habt, da war mir klar: Reinfeld und der Herrenteich werden uns auch noch kennenlernen oder wir sie. Vielen Dank dafür!
Wie schön, das freut mich!
Liebe Lena, ich wohne in Reinfeld und geniesse unsere kleine Wohlfühloase Herrenteich immer wieder in vollen Zügen. Es ist ein Genuss und ich werde nicht müde. Danke für diesen schönen Einblick in unseren kleinen Ort. Deine schönen Fotos, der liebevolle Text und die netten Anmerkungen sind großartig. Reinfeld ist keine Weltstadt, aber wer gerne spazieren geht ist hier definitiv richtig. Das Hünengrab ist ebenfalls ein schönes Ziel (für Wohnmobilübernachtungsgäste zum Beispiel) und als Belohnung gibt es ein Eis von Eis Witt (sehr zu empfehlen).
Viele Grüße aus dem sonnigen Reinfeld,
Alexandra
Vielen lieben Dank für die Rückmeldung! Und für die Empfehlung, die wir bei der nächsten Gelegenheit bestimmt ausprobieren werden.