Wollt ihr euch vor (oder auch statt) einem Schottlandurlaub nach Schottland träumen? Ich habe ein paar Tipps für Romane gesammelt, die in Schottland spielen: Krimis, Liebesromane, Fantasy. Ergänzt mir gerne eure eigenen Lesetipps per Kommentar!
Ganz ursprünglich habe ich mit den Vorbereitungen zu diesem Beitrag mal angefangen, weil ich zusätzlich zu unserem Naturzeit-Reiseführer „Schottland mit Kindern“* noch einen weiteren Reiseführer empfehlen wollte, der ganz Schottland samt kulturellen Sehenswürdigkeiten umfasst. Und außerdem, dachte ich mir, kann ich dann ja auch noch die zwei, drei Romane mit Schottland-Handlung empfehlen, die ich so gelesen habe.
Dann wuchs mir wie so oft das Projekt unter den Händen. Immer mehr Bücher fielen mir zu, sowohl Reiseführer als auch Romane. Und dann auch noch →Kinderbücher über Schottland, die inzwischen schon ihren eigenen Beitrag haben. Insgesamt werden es jetzt drei unabhängige Beiträge. (Am Reiseführer-Beitrag sitze ich tatsächlich immer noch…)

Lesen geht immer. (Dieses Foto stammt eigentlich aus meinem Reisebericht von der dänischen Insel →Bornholm – auch schön da. ;) )
Romane über Schottland mit einem Schuss Magie
Ich bin von Haus aus absoluter Fan von Fantasy-Literatur. Am liebsten mag ich dabei Geschichten, die in der realen Welt spielen, die logisch nachvollziehbare Handlung aber mit magischen Elementen würzen. Je nach Gemengelage nennt der Buchhandel das Urban Fantasy, Magical Realism oder Contemporary Fantasy. Das gibt es auch vor der wunderbaren Kulisse Schottlands. Und weil das mein liebstes Genre ist, fangen wir gleich damit an.
„Eilean Mhaigh. Muscheln, Zauber und ein Stein“ von Kristina Maria Dahl und Stefanie Biermann
Der Debüt-Roman der beiden deutschen Autorinnen spielt in St. Andrews an der Ostküste. In erster Linie, könnte man sagen, ist das Buch eigentlich ein Liebesroman. Hier geht es aber endlich mal nicht um die immer gleichen Klischees. Das gilt auch für die Schottland-Kulisse, obwohl Kultur, Natur und lokale Eigenheiten wunderbar präsentiert werden. Vor allem das übliche Lovestory-Strickmuster „Frau trifft tollen Typen und verliebt sich, es gibt ein paar Hindernisse, dann Happy End“ wird amüsant durchbrochen.

Da ich das Buch auf dem Kindle gelesen habe, hab ich mir das Coverfoto dankenswerterweise bei den Autorinnen besorgen dürfen.
Liebe, Mystik, Umweltthemen an der schottischen Ostküste
Dabei beginnt der Roman wie jede 08/15-Chick-Lit: Meeresbiologie-Studentin Maggie geht aus, trifft den wahnsinnig gutaussehenden Gavin. Sie vermasselt die Begegnung, aber trifft ihn unvermittelt in anderer Rolle wieder. Während sie sich schwer in ihn verliebt, erscheint gleichzeitig der mürrische Vogelkundler Johnathan auf der Bildfläche. Die Sorge um die lokale Seerobbenpopulation macht die drei zu einem Team. Während es zunächst noch so aussieht, als sei die einzige Frage, wen von beiden sie denn nun langfristig abkriegt, nimmt die Handlung sowohl auf romantischer als auch auf Plot-Ebene überraschende Wendungen. Es geht ein bisschen um Umweltthemen, vor allem aber um Mystik und eine gute Portion Magie. Obwohl diese Elemente manchmal auf mich ein bisschen willkürlich zusammengewürfelt wirken, ergeben sie am Ende ein interessantes Potpourri. Ein Fantasy- und Liebesroman über Schottland abseits des Mainstreams. Ich lieb’s und warte schon sehnsüchtig auf Band 2, der im Herbst 2025 erscheint.
Link zu „Eilean Mhaigh“ bei Amazon.*
„Der magische Besen des Ian McCormack“ von Lilly Labord
Fantasy plus Schottland – da greife ich schnell zu. Die Autorin hat im Dark-Contemporary-Fantasy-Genre mit ihrer Reihe um Mr. Dalton schon etliche Bestseller abgeliefert. Entsprechend routiniert schreibt sie. Handwerklich ist der eher kurze Roman praktisch perfekt.
Es geht um Sylvie, Anfang 30, die nach gescheiterter Ehe eine Wanderung durch die Highlands unternimmt. Dabei stößt sie unversehens auf das leerstehende Cottage von Ian McCormack, dem lokalen Hexer eines wunderbar porträtierten Dorfes, der vor sechs Jahren spurlos verschwand. Nur sein Besen ist noch da, dem die Einheimischen magische Kräfte zuschreiben. Wo ist Ian hin? Was passierte in der Nacht, als er verschwand? Und was hat der Besen für Pläne mit Sylvie?
Obwohl Fantasy-Elemente durchaus eine Rolle spielen, liest sich der Roman über weite Strecken eher wie ein Lokal-Krimi. Das fiktive Highland-Dorf samt Einwohnerschaft ist so großartig gezeichnet! Natürlich kommt es auch zur unvermeidlichen Romanze, die sich aber nicht in den Vordergrund drängelt. Die Handlung nimmt ein paar unverhoffte Wendungen und am Ende ist alles gut. Tolle Urlaubslektüre für die Schottlandreise für alle, die realistische Geschichten mit einem Schuss Magie mögen.
Link zu „Ian McCormack“ bei Amazon.*

Mangels Coverfoto – da auf Kindle gelesen – musste ich jetzt aber ganz tief in mein Foto-Archiv greifen, um eine allzu lange Textwüste zu verhindern. Das einzige Bild, das ansatzweise einen Besen zeigt, stammt immerhin aus einem →Schottlandurlaub vom Boden unserer Ferienwohnung in →Helensburgh! :)
Die absoluten Klassiker
Ach ja: Dass wir an dieser Stelle weder über Harry Potter noch über Diana Gabaldons „Feuer und Stein“* (die Romanvorlage zur Outlander-Serie) sprechen müssen, darüber sind wir uns hier einig, oder? Letzteres habe ich schon vor 20 Jahren verschlungen und geliebt. Und dass wir riesige →Harry-Potter-Fans sind (auch wenn die Autorin den moralischen Kompass leider verloren hat), ist auch kein Geheimnis.
Zu den Drehorten der Harry-Potter-Filme gibt es übrigens einen eigenen Reiseführer*, dem ich hier in meinem Reiseblog ebenfalls eine →Rezension gewidmet habe.
Liebesromane über Schottland
In diesem Genre bin ich selbst immer ein bisschen bigott unterwegs. Ich belächele die leichte Unterhaltung für Frauen, die meistens einem bekannten Strickmuster folgt. Dann greife ich doch zu – und verschwinde mitunter komplett in der Story. Auch wenn es oft Massenware ist, gibt es eben durchaus gut gemachte Unterhaltungsliteratur.
Die folgenden Titel habe ich alle in meiner heimatlichen Bücherei aufgespürt. Dabei habe ich mit dem Vorlieb genommen, was eben da war. Entsprechend ist es nicht das Neueste und vielleicht auch nicht das Allerbeste, was der Markt in Sachen Liebesromane mit Schottland-Bezug zu bieten hat. Wir starten mit zwei überschaubaren Taschenbüchern, die es jeweils auch als Hörbuch zu kaufen gibt. Und eine Urlaubslektüre habe ich noch, die ich mir vor Ort selbst gekauft habe. Je nachdem, wie viel Notwendigkeit zum romantischen Wegträumen sich in naher Zukunft so ergibt, erweitere ich diese Sektion möglicherweise. Der Markt gibt noch so einiges her.
„Das kleine Schloss in Schottland“ von Julie Caplin
„Romantic Escapes“ heißt passenderweise der Titel der Serie, in der Julie Caplin gleich reihenweise in beliebte Feriengebiete entführt. Nach „Die kleine Patisserie in Paris“, „Die kleine Bucht in →Kroatien“ und „Das kleine Cottage in →Irland“ ist nun also Schottland dran. Dort gibt es natürlich ein kleines Schloss, klar.
Renovieren, kochen und Weihnachten feiern in den Highlands
Der Roman spielt in Kinlochleven an der schottischen Westküste, zwischen →Glencoe und Fort William. Die Schottin Izzy hat von ihrem Großonkel ein (fiktives) Schloss in den Highlands geerbt. Leider muss es dringend renoviert werden. Da wäre es toll, wenn die legendären Saphire auftauchten, die der Sage nach irgendwo im Schloss versteckt sind. Da an die niemand so recht glaubt, vermietet Izzys Mutter ein Zimmer an einen unfreundlichen Schriftsteller, während Izzy einen Kochkurs in Irland belegt, um aus dem Schloss ein Hotel mit eigenem Restaurant machen zu können. Nach ihrer Rückkehr bahnt sich freilich die unvermeidliche Romanze mit Hindernissen an. Außerdem sammelt sich eine kleine found family aus netten Helfenden im Schloss. Da die ersten stinkreichen Gäste schon für Weihnachten gemietet haben, muss bis dahin alles renoviert sein.
Erhebliches Aufkommen von schottischer Kochkunst, viele Details über Inneneinrichtung und ein regelrechter Einkaufsführer für →Edinburgh sind in die Handlung inkludiert. Ansonsten passiert auf oft amüsante Weise eigentlich nicht viel. Das Ende verrate ich nicht, aber es ist die Sorte Buch, bei der das gar nicht nötig ist. Ein echter Feel-good-Roman der Bestseller-Autorin mit Weihnachtsflair vor Highland-Kulisse.
Link zu „Das kleine Schloss in Schottland“ bei Amazon.*
„Der kleine Strickladen in den Highlands“ von Susanne Oswald
Noch mehr Feel-good-Unterhaltung gibt es im ersten Band der Reihe um den Strickladen von Mairghread. Er spielt in einem fiktiven Highland-Dorf am Ostufer des →Loch Lomond.
Stricken, verlieben und Hunde streicheln am Loch Lomond
Nach einer gescheiterten Beziehung und einem Streit mit ihrer Mutter zieht die 30-Jährige aus der Großstadt in die Highlands. Im Dorf ihrer Großeltern muss sie sich mit ihrer verzwickten Familiengeschichte auseinandersetzen. Währenddessen kommt sie auf die Idee, dort einen Strickladen aufzumachen. Natürlich ist auch Mr. Right dabei, in Gestalt des Schlossbesitzers Joshua. Der muss für sein detailliert beschriebenes Sixpack nur ein paar Schafe scheren und gewinnt dann die Highland-Games, jawohl. Und auch sonst ist er einfach perfekt, kann alles, weiß alles, tut alles für die unverhofft aufgetauchte Fremde im Dorf. Wie sich die beiden unsterblich ineinander verlieben und dann die unvermeidlichen Missverständnisse langsam aus dem Weg räumen, erfahren wir nicht nur aus Mairghreads, sondern teils auch aus Joshuas Sicht.
Streckenweise geht es detailliert ums Stricken, worüber ich mich bei dem Titel wohl kaum beschweren darf. Und auch die Hunde der beiden Liebenden kommen immer wieder sehr ausführlich vor. Reichlich Herzschmerz, einfühlsam und ausgesprochen ausführlich aus den Perspektiven aller Beteiligten beschrieben, regiert dabei nicht nur in Sachen Liebe, sondern auch bei Freundschaften und Familienbeziehungen.
Um all diesen Baustellen zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es offenbar noch mindestens drei weitere Bände. In denen wird, soweit ich das den Klappentexten entnehmen kann, dann das Schicksal der Nebencharaktere in den Fokus gestellt, während auch Mairghreads und Joshuas Geschichte weitererzählt wird. Unterhaltungsliteratur, die sich mal eben so locker wegliest.
Link zu „Der kleine Strickladen in den Highlands“ bei Amazon.*
„Der Gesang der Wellen nach dem Sturm“ von Kirsty Wark
Der Roman der schottischen BBC-Journalistin heißt im englischen Original „The Legacy of Elizabeth Pringle: a story of love and belonging on the Isle of Arran“*. Wenn die →Insel Arran auf eurer Reiseroute steht (was sie durchaus sollte, hier ist →meine Empfehlung für eure Routenführung) und ihr auf Frauenliteratur steht, ist das die richtige Urlaubsvorbereitung für euch.
In der Vergangenheit suchen und sich selbst finden auf Arran
Die Handlung begleitet das Leben einer mittelalten Journalistin auf den Spuren einer kürzlich verstorbenen alten Dame. Natürlich geht es auch hier um ein Schloss, aber immerhin um das reale und sehr sehenswerte →Brodick Castle. Und logisch, dass es auch hier zur unvermeidlichen Romanze kommt, sowohl für Journalistin Martha als auch in den Rückblenden für die verstorbene Elizabeth.
Im Vergleich mit den anderen beiden Unterhaltungsromanen oben ist diese Geschichte ein bisschen ernster, glaubwürdiger, tiefgehender (aber nicht viel). Solide Unterhaltung für weibliches Zielpublikum und ideale Urlaubslektüre für alle, die nach Arran reisen.
Link zu „Der Gesang der Wellen nach dem Sturm“ bei Amazon* (auf Deutsch nur gebraucht erhältlich).
Schottland-Krimis: Mord und Todschlag vor Highland-Kulisse
Ich sage es gleich: Mit Krimis habe ich es nicht so. (Außer mit den witzigen Fantasy-Krimis von Ben Aaronovitch, die in einem magischen England spielen. Und mit Sherlock Holmes, sowohl im ACD-Original als auch in der modernen BBC-Adaption.) Aber natürlich hat das Genre viele Fans. Und es bietet sich absolut an, auch um tiefe Lochs und schroffe Berge ein paar blutrünstige Geschichten zu stricken.
Ich habe mir speziell für diesen Blogbeitrag einen Schottland-Krimi vorgeknöpft, den ich aus Eigeninteresse wohl nicht gelesen hätte. Gestoßen bin ich auf ein ziemlich gutes Buch mit erstaunlich viel Tiefgang – und die Erkenntnis, dass ich vielleicht doch öfters mal Krimis mit (schottischem) Lokalbezug lesen könnte. Diese Rubrik ist also ausbaufähig.
„Das Unrecht von Inverness“ von Douglas Skelton
Den Titel habe ich recht willkürlich ausgewählt, weil der Titel definitiv nach Schottland klang. Erst beim Hören des Hörbuchs habe ich gemerkt, dass es sich um den dritten Teil der Reihe um die investigativ ermittelnde Journalistin Rebecca Connolly handelt. Obwohl der Inverness-Fall auch für sich gelesen werden kann, macht es wahrscheinlich mehr Sinn, mit Teil eins zu starten: „Die Toten von Thunder Bay“.*

Den Schottland-Krimi habe ich mir als Hörbuch in der Onleihe ausgeliehen. Voll gutes System, übrigens! Mit meinem ganz normalen Bücherei-Ausweis erstelle ich mir einen Account und habe Zugriff auf unglaublich viele Hörbücher, die ich mir direkt am Handy anhören kann – mit einem dazugehörigen Player (per App), der richtig gut funktioniert! Ich bin sehr begeistert.
Organisiertes Verbrechen, gleichgeschlechtliche Liebe und Mord
„Das Unrecht von Inverness“ jedenfalls handelt von einem Justizirrtum, bei dem vor mehr als zehn Jahren ein junger Mann für den Mord an seinem Geliebten verurteilt wurde, einem unbequemen Rechtsanwalt und Umweltaktivisten. Mit dem posthumen Geständnis eines Kleinkriminellen kommen all die Verwicklungen aus dem organisierten Verbrechen und der Politik wieder ans Tageslicht, die damals schön unter den Teppich gekehrt wurden.
Als Nicht-Krimi-Fan gefällt mir die sorgsam konstruierte Geschichte mit ihren fein gezeichneten Charakteren richtig gut. Dass das Liebespaar im Zentrum des Falles aus zwei Männern bestand, ist anfangs nur ein unbedeutender Fakt, den ich als Freundin einer diversen und aufgeklärten Gesellschaft beifällig zur Kenntnis nahm. Ich will nicht zu viel verraten, aber zwischenzeitlich war ich dann doch mal ein bisschen irritiert, weil plötzlich irgendwie mehr homosexuelle Charaktere vorkamen als andere. Mich stört das zwar nicht per se, aber das geballte Aufkommen nicht nur im Kreis der Verdächtigen (nicht unlogisch, bei der Sachlage), sondern auch auf Seiten der Ermittelnden hatte für mich dann schon wieder was Konstruiertes, Unrealistisches. Aber hey, als Ausgleich zu den ganzen Schnulzromanen oben, in denen jeder Charakter ausnahmslos straight liebt, lebt und schmachtet, schon in Ordnung.
Was die Schottland-Kulisse angeht, ist der Krimi von Douglas Skelton absolut passend für die Urlaubsvorbereitung. Wie der Titel erwarten lässt, spielt →Inverness als Stadt eine Rolle (wenn auch keine tragende). Daneben verschlägt es Teile der Handlung auch an die Westküste und in kleine Highland-Gemeinden. Skandalös: Es kommt kein einziges Schloss vor! (Ach doch, das Stadtschloss von Inverness als Sitz des Gerichts, aber das zählt ja nicht wirklich.) Immerhin wird Nessie am Rande erwähnt.
Link zu „Das Unrecht von Inverness“ bei Amazon.*
„Hinter diesen Türen“ von Ruth Ware
Als zuverlässige Bloggerin (und mit dem neu entdeckten ernormen Fundus der Onleihe im Rücken) dachte ich mir, ich sollte vielleicht auch noch einen Thriller dazu packen, der in Schottland spielt. Oh weh, da habe ich mich ein bisschen überschätzt. Obwohl ich mir extra eine nicht allzu blutige Story mit nur sehr subtilem Horror ausgesucht habe, hat mich die wohl durchdachte Geschichte der britischen Autorin ziemlich verstört zurückgelassen.
Familie, Technik und Psychoterror in den Cairngorms
Es geht um vielschichtige Familienprobleme in einem problematischen Smart-Home in den einsamen Highlands der Cairngorms. (Als nächste Stadt wird →Pitlochry genannt.) Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der Nanny, die sie ihrem Anwalt einmal von vorne bis hinten ausbreiten will, da die Öffentlichkeit sie als Kindsmörderin bereits vorverurteilt habe. Die Charaktere sind wirklich gut gezeichnet, vor allem auch die vier Kinder der Familie (vom Baby bis zum Teenager) sind glaubwürdig dargestellt. Die Atmosphäre in dem krass modernisierten alten Herrenhaus schwankt immer wieder zwischen nervenaufreibendem Spuk, liebevoll beschriebenem Nanny-Alltag und psychologischen Abgründen. Mehrere Zickzack-Wendungen und rote Heringe lassen absolut keine Langeweile aufkommen. Am Ende hatte ich sie alle so liebgewonnen, dass ich mich echt zwingen musste, mir den schlimmen Schluss anzuhören. Über den allerletzten Plot-Twist bin ich immer noch nicht hinweg. Für Mütter (nicht nur von Fünfjährigen, wie mich) eine dicke Triggerwarnung.
Link zu „Hinter diesen Türen“ auf Amazon.*
Noch mehr Bücher mit Schottland-Bezug
Es folgen noch ein paar Romane und ein Sachbuch, für die ich keine rechte Rubrik gefunden habe.
„Schotten dicht“ von Reiner Luyken
„Nachrichten aus Schottland und Achiltibuie“ lautet der Untertitel des erzählenden Sachbuchs, das schon im Jahr 2015 erschienen ist. Der Autor war Korrespondent für die ZEIT und lebt mit seiner schottischen Frau in einem abgelegenen Dorf an der schottischen Nordwestküste. Von diesem Leben erzählt er auf amüsante, manchmal auch gehässige Weise in allen Einzelheiten.
Bissige Beschreibungen, Charakterbilder und nordschottischer Lokalkolorit
Der Blick des Außenseiters hilft ihm dabei, denn so richtig dazugehören kann er als deutscher Fremdling natürlich nie. (Nachdem er dermaßen schonungslos mit seinen Mitbürger*innen öffentlich abgerechnet hat, ganz bestimmt nicht mehr. Denn auch wenn die beschriebenen Charaktere wahrscheinlich nicht unter den angegebenen Namen in Achiltibuie wohnen, wissen vor Ort bestimmt alle, wer für wen reales Vorbild war. – Oder es ist am Ende alles erfunden und erlogen?)
Ich habe mir das Buch vor unserer →ersten Recherchereise nach Schottland gekauft, weil ich mir so etwas ähnliches wie →„McCarthys Bar“ über Irland erhofft hatte: eine ausführliche und unterhaltsame Sozialstudie über Land und Leute. Das ist „Schotten dicht“ auch, schon. Von seinem Blickwinkel aus der schottischen Peripherie heraus streift der Autor immer wieder die große Politik des Landes, die Geschichte, alles. Seine bissige Art ist mir dabei nur leider überhaupt nicht sympathisch. „In echt“ kenne ich so viele nette Schottinnen und Schotten. Reiner Luyken scheint in all den Jahren kein*e einzige*r davon untergekommen zu sein.
Andererseits: Eine bessere Zusammenfassung dessen, was Menschen in Schottland bewegt und ausmacht, habe ich anderswo noch nicht gefunden.
Link zu „Schotten dicht“ bei Amazon (gedruckt nur noch gebraucht erhältlich).*
„Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit“ von Natasha Pulley
Das ist eines meiner Lieblingsbücher, obwohl ich gleichzeitig seitenweise Kritik daran üben könnte. Aber ich liebe die Story, wie ich das meiste von der britischen Autorin liebe.
Komplizierte Zeitreisen auf die Äußeren Hebriden
Es geht um einen komplizierten Zeitreise-Plot und parallele Wirklichkeiten. Napoleon hat die Schlacht von Trafalgar und alle folgenden gewonnen und England erobert. Der britische Adel wurde in Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit exekutiert, seine Nachkommen versklavt. Einer davon ist Joe Turnier, der eines Tages am Bahnhof von Londres steht und nicht mehr weiß, wer er ist. Visionen von Straßenschildern und Graffiti in englischer Sprache plagen ihn, und von einem Mann, der an einem felsigen Strand auf ihn wartet. Während er sich trotz seiner anhaltenden Amnesie ein Leben aufbaut, erreicht ihn eines Tages eine fast hundert Jahre alte Postkarte aus dem aufständischen Schottland, die ihn zu einem Leuchtturm auf den →Äußeren Hebriden zitiert.
Dass Lewis and Harris eine prominente Rolle in dem Fantasy-Roman spielt, hat ihm in meinen Augen schon mal viele Vorschusslorbeeren verschafft. Allerdings werden die Insel und auch der plotwichtige →Leuchtturm von Eilean Glas so rudimentär beschrieben, dass ich Zweifel habe, ob die Autorin jemals dort war. Die Inselhauptstadt →Stornoway wird (zumindest in der englischen Erstauflage) konsequent falsch geschrieben (und nein, nicht auf französische Schreibweise, das habe ich überprüft). Schade. Der Großteil der Handlung spielt in →London und später auf dem Meer. Und der mutige Zeitreise-Parallelwelten-Plot ist ambitioniert gestrickt, fällt aber beinahe zwangsweise in etliche Logiklöcher. Wie gesagt, es gibt reichlich Kritik. Ich liebe das Buch vor allem für die grandiosen Charaktere und die fein gesponnene Beziehung der beiden Protagonisten.
Für die Urlaubsvorbereitung eignet sich dieser Roman also leider nicht wirklich. Aber wer Bock auf mutige Fantasy mit interessanten Alternate-History-Ideen hat, sollte sich das Buch ruhig mal ansehen!
Link zu „Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit“ bei Amazon.*
„Der singende Stein“ von Helga Glaesener
Die Autorin schreibt historische Romane, unter anderem eine Trilogie über die Toskana und dann so Titel wie „Die Rechenkünstlerin“ und „Die Safranhändlerin“, wie sie um die Jahrtausendwende so in Mode waren. „Der singende Stein“ ist 1999 erschienen. Er ist jedoch etwas anderes als die typische Frauenliteratur, die die deutsche Bestsellerautorin sonst verfasst hat. Mit nur 222 Seiten eher schmal, würde ich das Büchlein fast schon als Coming-of-Age-Roman bezeichnen. Er ist eines von ganz wenigen Büchern, das ich mehr als zwei Mal gelesen habe.

So sieht mein Buch auch aus. Die letzte Auflage hatte dann noch ein anderes Cover (mit einer Halskette drauf, die im Buch überhaupt nicht vorkommt).
Wikinger, Kelten und Freundschaft quer durch Schottland bis nach Irland
Wahrscheinlich liebe ich das Buch so sehr, weil es auf der Handlungsebene die nordschottischen →Orkney-Inseln, die Halbinsel →Kintyre und →Tara Hill in Irland miteinander verwebt. (Alles Lieblingsorte von mir.)
Es geht um Kari, einen jungen Wikinger im 11. Jahrhundert. Von einer Beutefahrt bringt sein Vater den irischen Sklaven Aedan mit, den ein dunkles Geheimnis umgibt. Zaghaft freunden die beiden Jungen sich an und entwickeln nach und nach Verständnis für ihre unterschiedlichen kulturellen Hintergründe. (Und wäre das Buch 20 Jahre später erschienen, hätte sich aus der innigen Freundschaft bestimmt ein bisschen mehr entwickeln dürfen als die zarten Andeutungen, bevor Kari mit dem Holzhammer dann doch eine vorbildliche Herzensdame verpasst kriegt.) Historische Fakten scheuchen die Jungs quer durch Schottland und bis auf die grüne Insel. Ein ganz klein bisschen Magie kommt auch noch ins Spiel.
Wer etwas über die hochmittelalterlichen Verhältnisse in Schottland erfahren will (ohne Anspruch auf absolute historische Korrektheit), kann diesen nett geschriebenen Roman mal eben so weglesen.
Link zu „Der singende Stein“ bei Amazon (nur noch gebraucht erhältlich).*
Transparenz-Hinweis: Die Auswahl der Bücher ist ehrlich gesagt hauptsächlich dem Vorhandensein in meiner heimatlichen Bücherei sowie der niedersächsischen Onleihe geschuldet. So einen Literaturartikel wie die →über Irland und →Frankreich wollte ich schon ewig schreiben. Dass ich es jetzt endlich gemacht habe, liegt vor allem daran, dass mir „Eilean Mhaigh“ so gut gefallen hat und ich es empfehlen wollte, auch aus Sympathie und Schicksalsgemeinschaft für die Autorinnen.
Kommt über die mit * gekennzeichneten Affiliate-Links ein Kauf zustande, bekomme ich eine kleine Provision. Für euch ändert sich nichts, auch weil es in Deutschland eine Buchpreisbindung gibt. Das geht vom Anteil für Amazon ab, und die haben eh das größte Stück vom Kuchen. Wenn ihr die Bücher lieber über eine anständige Buchhandlung bestellen oder aus der Bücherei ausleihen wollt: nur zu!
Hinterlasse einen Kommentar