Das Steinhuder Meer ist ein beliebtes Ausflugsziel für die gesamte Region Hannover. Wir haben uns nun auch einmal Zeit genommen für den Westen und den Osten des Meeres. Die „B-Seiten“ sind nämlich wesentlich weniger überlaufen. Statt Tourismus-Trubel und Gastronomie spielt hier die Natur die Hauptrolle. Der weite blaue See geht in ausgedehnte Moore über. Hier kommen unsere Erfahrungsberichte von den beiden Moorlehrpfaden bei Mardorf und Winzlar.
Moor-Erlebnisweg Mardorf
Das Tote Moor bildet zusammen mit dem Neustädter Moor und dem Wunstorfer Moor das größte zusammenhängende Moorgebiet Niedersachsens. Im Nordosten des Steinhuder Meeres erstreckt es sich bis Neustadt am Rübenberge.
Zwischen dem Mardorfer Ortsteil Weißer Berg und Steinhude ist direkt in den Rundweg ums Steinhuder Meer ein Naturlehrpfad integriert. Der „Erlebnisweg Totes Moor“ führt durch das gleichnamige Naturschutzgebiet.
7 Stationen im Moor und am Meer
Zunächst einmal möchte ich feststellen: Uns hat der Moor-Erlebnispfad gut gefallen. Wir hatten hier bei unserem Familienausflug einen wunderschönen Tag.
Drei Aussichtstürme erlauben den Blick in Richtung Meer. Drei weitere Abstecher führen über hübsch gestaltete Holzbohlenwege ins Moor hinein. Eine Schutzhütte direkt am Weg thematisiert den Torfabbau in früheren Zeiten.
Alle Stationen sind schön zurechtgemacht. Die Infotafeln sind so gestaltet, dass wir die Texte gerne lesen mögen. Und obwohl wir wirklich schon so manchen Moorlehrpfad abgewandert sind, lernen wir immer noch etwas Neues.
Besonders toll sind die Abenteuerpfade, die vom Hauptweg zu den einzelnen Stationen führen. Auf den schmalen Holzstegen entwickelt selbst unser jüngstes Familienmitglied schon echte Wanderlust.
Die Natur ist wunderschön und umfasst mehr als Moor. Zu Beginn des Naturlehrpfads haben wir freien Ausblick auf die Wasserfläche des Steinhuder Meeres mit seinen weißen Segelbooten. Unterwegs treffen wir auf den Seerosenteich, der sich in einer Sandkuhle gebildet hat. Später wandern wir auch an Kuhweiden vorbei. Dort grasen alte Rassen des benachbarten Biobauernhofs. Der Bereich des baumlosen Hochmoores ist klein. Die meiste Zeit verläuft der Hauptweg schattig durch einen jungen Laubwald.
7 Kilometer und kein Rundweg
So ganz ohne Nachteile ist der Moorlehrpfad bei Mardorf allerdings nicht. Gerade für Familien mit kleinen Kindern gibt es einige Herausforderungen.
Da ist zunächst einmal die schiere Länge. Sieben Kilometer zieht sich die ausgewiesene Strecke am Ostufer vom Steinhuder Meer entlang. Und es handelt sich nicht um einen Rundweg. Wir müssen die gesamte Strecke also auch wieder zurück. 14 Kilometer sind nicht nur für Kinder eine echte Ansage. Seit dem Grundschulalter laufen wir mit unseren Jungs vier bis acht Kilometer ohne größere Probleme an einem Nachmittag. Alles darüber hinaus bedarf guter Planung und Motivation. Für 14 Kilometer ist mit rund zweieinhalb Stunden reiner Gehzeit zu rechnen. Kleine Kinder brauchen da oft noch eine Zeitzugabe oben drauf (die ganz individuell verschieden sein kann). Stopps an den Stationen sind in dieser Zeitplanung noch gar nicht eingerechnet.
Andererseits: Kein Rundweg bedeutet natürlich auch, dass wir problemlos jederzeit umkehren können. Nichts spricht dagegen, den Spaziergang einmal in Mardorf und einmal in Steinhude zu beginnen. So ließen sich gleich zwei Sonntagnachmittage füllen.
Moorlehrpfad mit dem Fahrrad
Die zweite Problematik liegt in der Beschaffenheit des Hauptweges. Der Rundweg um das Steinhuder Meer ist von jeder eine beliebte Fahrradtour. Ein breiter Kiesweg zieht sich rund um das Gewässer. Im Sommer sind die Fahrradfahrer deshalb in der Überzahl. Wir fünf laufen daher die komplette Zeit auf dem Hauptweg im Gänsemarsch.
Und die Etappen zwischen den Stationen des Lehrpfades ziehen sich. Wir Erwachsenen füllen die Laufpausen problemlos mit Unterhaltungen. Für Kinder ist es schon schwieriger, auf den teils schnurgeraden Strecken die Motivation zu bewahren.
Eine gute Lösung könnte es sein, den Moor-Erlebnisweg selbst mit dem Fahrrad zu absolvieren. Dann passen die 14 Kilometer auch bequem in einen Nachmittag. Unbedingt mitnehmen sollte man dann allerdings Fahrradschlösser. Auf den Abstechern der Holzbohlenwege sind Fahrräder nämlich nicht erlaubt. Es gibt jedoch an allen Erlebnisstationen extra Fahrrad-Parkplätze.
Industrieller Abbau bis heute
Eine Sache noch möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Das Tote Moor wird – leider – immer noch industriell abgebaut. In Neustadt am Rübenberge steht nach eigenen Angaben Europas größtes Blumenerde-Werk. Die Firma ASB Grünland mischt aus diversen Grundstoffen das ideale Substrat für Pflanzen im Erwerbsgartenbau. Einer dieser Hauptbestandteile ist Hochmoortorf. Der Hersteller wirbt mit nachhaltiger Produktion und Renaturierung der Abbauflächen. Außerdem sei der Torf-Anteil in der Blumenerde bereits um mehr als die Hälfte reduziert worden. Dass kommerzieller Torfabbau überhaupt noch erlaubt ist, ist aus ökologischer Sicht und mit Blick auf den Klimaschutz trotzdem ein Wahnsinn. Auch das Torfwerk Neustadt baut immer noch ab. Erst 2008 hat es die Genehmigung für weitere Flächen erhalten, die „somit der Firma für weitere Jahrzehnte die nötigen Rohstoffe“ liefert, wie es auf deren Homepage heißt.
Darüber verliert der Naturlehrpfad freilich kein Wort. Und das, obwohl der Abbau in unmittelbarer Nähe stattfindet. Tatsächlich hätte auch ich überhaupt nichts davon mitgekriegt, wenn mich nicht meine Kollegin Andrea vom Blog indigoblau darauf gestoßen hätte. Sie hat den verlogenen Widerspruch zwischen touristisch schmeichelhaftem Naturschutz auf der einen und wirtschaftsorientierter Arbeitgeberfreundlichkeit auf der anderen Seite in einem Beitrag ausführlich thematisiert: Mardorf – Blaues Meer und schrumpfendes Moor.
Meerbruchwiesen bei Winzlar
Im Südwesten des Steinhuder Meeres breitet sich mit dem Hagenburger Moor und den Meerbruchwiesen gleich das nächste ausgeprägte Feuchtgebiet aus.
Auch hier gibt es einen Erlebnisweg. Er hält Informationen zum Lebensraum Meerbruchwiesen und über die hier ansässigen Vögel bereit.
Kleine Wanderung von Winzlar aus
Der Erlebnisweg Meerbruchwiesen ist gerade einmal 600 Meter lang. Da er mitten im Naturschutzgebiet beginnt, muss man allerdings erst einmal dort ankommen. Wir haben deshalb unseren Spaziergang direkt in Winzlar begonnen. Das Dorf ist ausgesprochen hübsch und schon die erste Sehenswürdigkeit an sich. Es gibt einen Bio-Bäcker mit Café und im Wohngebiet einen sehr schönen kleinen Spielplatz.
Auch hier ziehen sich die Wege dann eine ganze Weile schnurgeradeaus. Wer mit kleinen Kindern unterwegs ist, nimmt vielleicht lieber ein Laufrad oder das Fahrrad mit.
Erlebnisweg mit Aussichtsturm
Am Beginn des Erlebniswegs befindet sich ein großer Fahrradparkplatz. Von hier aus laufen alle zu Fuß. Der Weg ist gekiest. Im Gegensatz zum Moorerlebnispfad bei Mardorf ist er weiterhin kinderwagentauglich und barrierefrei.
Vorbei an zwei Schutzhütten geht es nun Richtung Seeufer. Die Häuschen dienen hier nicht nur dem Wetterschutz. In ihrem Inneren befinden sich große Tafeln mit Informationen über die Vögel, die in den Meerbruchwiesen leben. Große Fenster lenken den Blick auf ihre bevorzugten Aufenthaltsorte.
Im zeitigen Frühjahr sind hier riesige Mengen verschiedener Zugvögel zu sehen. Dann sitzen manche Hobby-Ornithologen stundenlang in den Beobachtungshütten. Aus der zweiten Hütte haben sie sogar brütende Seeadler im Visier. Mit schweren, meterlangen Objektiven fotografieren sie die weit entfernten Tiere. Netterweise teilen sie ihre Begeisterung gerne mit ahnungslosen Spaziergängern wie uns.
Besonders schön ist dann das allerletzte Stück des Stichwegs. Über eine lange Holzbrücke geht es durch den Meerbruch. Hier stehen die Bäume den Großteil des Jahres im Wasser. Wir sind ja nie dort gewesen, müssen aber trotzdem an amerikanische Mangrovensümpfe denken.
Schließlich erreichen wir den Aussichtsturm. Hier endet der Mangrovenwald abrupt. Vor uns liegt die freie Wasserfläche des Steinhuder Meeres. Von oben haben wir eine gute Aussicht auf die kleine Insel Wilhelmstein.
Fahrradroute „Von Moor zu Moor“
Gleich sieben verschiedene Moorgebiete verbindet die Nordhannoversche Moorroute. Wir haben sie noch nicht ausprobiert, aber im Zuge meiner Recherchen hat sie es auf meine ganz persönliche Bucketlist geschafft. Vom Altwarmbüchener Moor geht es über das Oldhorster Moor und das Bissendorfer Moor. Das Otternhagener Moor ist mit seinem hochgelobten (und leider sehr überlaufenen) Moor-Erlebnispfad natürlich auch dabei. Vorbei am kleinen Schwarzen Moor geht es dann zum Steinhuder Meer. Hier stehen noch die beiden oben vorgestellten Moorgebiete auf dem Plan.
Ja, die Moorroute ist eine dieser eigentlich eher unpraktischen Vorschläge aus der Tourismusförderung. Die Fahrradtour, die die Region Hannover auf ihrem Faltblatt anpreist, umfasst mehr als 100 Kilometer. (Downloadmöglichkeit besteht hier.) Links und rechts des Weges gibt es dabei reichlich Vorschläge für Zwischenstopps nicht nur im Moor. Es sind so viele, dass man gleich eine ganze Woche auf dem Fahrrad verbringen kann. Und genau das würde ich total gerne mal tun! Gedacht ist die Tour für vier Etappen. Jede umfasst 20 bis 45 Kilometer. Einheimische können jeweils mit dem ÖPNV anreisen und sie so auf mehrere Wochenenden verteilen.
Ich hätte große Lust, einfach mal einen echten Fahrrad-Roadtrip ohne lange Anreise daraus zu machen. Stichwort Urlaub in der Heimat. Mal sehen, vielleicht wird es ja was. Meine Moor-Lust ist nach unseren beiden Erlebnissen rund ums Steinhuder Meer jedenfalls ungebrochen.
Mehr Moorlehrpfade in ganz Deutschland
Wir sind große Moor-Fans. Hier im Blog habe ich deshalb eine Sammlung angelegt: Die schönsten Wege durchs Moor. Viele Reiseblogger haben ihre Lieblingsrouten beigesteuert. Auf diese Weise sind über 20 Erfahrungsberichte und Empfehlungen für Moorlehrpfade in ganz Deutschland und Österreich zusammengekommen.
Die schönsten Wege durchs Moor
Mehr Ausflugstipps rund ums Steinhuder Meer
Mehr Tipps für die Region Steinhuder Meer und die weitere Umgebung gibt es im Blog zum Beispiel hier:
- Wandern in Schaumburg: Touren zwischen Deister und Steinhuder Meer
- Steinhude: Mit dem Dalai Lama auf der Badeinsel
- Tretboot fahren auf dem Steinhuder Meer: Nichts für schwache Beine
- Rehburg-Loccum: Romantik auf Knopfdruck
- Wiedensahl: Zu Hause bei Max und Moritz
- Bad Nenndorf: Sagenhafte Süntelbuchen und andere Schätze
- Giebichenstein Stöckse: Kleingebirge in der norddeutschen Tiefebene
- Hannover: Ausflug in die Herrenhäuser Gärten
- Hannover mit größeren Kindern: Ausflug mit Höhepunkt im GOP-Varieté
Insgesamt haben wir im family4travel-Blog mehr als 180 Reise- und Ausflugstipps für Deutschland parat. Eine Übersicht gibt es – mit Karte, auf der alle eingezeichnet sind – hier:
Familienurlaub in Deutschland: Unsere gesammelten Tipps und Erfahrungen
Danke für deinen tollen Beitrag. es ist wirklich interessant und lesenswert. Ich weiß es wirklich zu schätzen. mach weiter so mit der tollen arbeit.