Immer wieder habe ich Fotos von der spektakulär anmutenden Kunst-Installation „Tiger & Turtle“ im Internet gesehen und mir vorgenommen: Das will ich mir auch mal aus der Nähe angucken! Aber letztlich ist es „nur“ ein begehbares Kunstwerk, das frei in der Gegend herumsteht. Kein tagesfüllendes Ausflugsziel. Wie wir aus der Stipp-Visite an der Fußgänger-Achterbahn einen Tagesausflug im Ruhrpott gemacht haben, gebe ich hier für alle potenziellen Nachmacher zu Protokoll.
Unser Besuch bei „Tiger & Turtle“ fällt auf den ersten Tag der Sommerferien im Jahr 2018. Wir sind auf dem Weg in unser Irland-Abenteuer, die Jungs und ich. Da wir auf dem Hinweg ein Date mit Harry Potter in London haben, haben wir uns entschlossen, am nächsten Morgen die Frühfähre von Boulogne nach Dover zu nehmen und in Frankreich eine Zwischenübernachtung einzulegen. Die erste Ortschaft hinter der Grenze ist eine Industriestadt, offenbar ohne echte Sehenswürdigkeiten. Weil wir von unserer Einladung zur Extraschicht im Sommer noch gültige Ruhr.Topcards besitzen, komme ich schnell auf die Idee, den Anfahrtstag Richtung Fähre für einen Tagesausflug ins Ruhrgebiet zu nutzen und mir bei der Gelegenheit endlich „Tiger & Turtle“ anzusehen.
Was IST „Tiger & Turtle“ eigentlich?
Mit vollem Namen heißt das Kunstwerk „Tiger and Turtle – Magic Mountain“. Der Entwurf stammt von den deutschen Künstlern Heike Mutter und Ulrich Genth, die zum Teil in Duisburg leben und arbeiten. Als 2010 Essen stellvertretend für das gesamte Ruhrgebiet zur europäischen Kulturhauptstadt ernannt wurde (Ruhr.2010 war damals das Schlagwort), wurde auch ein Wettbewerb für ein großes bleibendes Kunstwerk ausgeschrieben, welches das Motto „Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“ sichtbar machen sollte.
Über ein Jahr dauerte der Bau des Sieger-Entwurfs, rund zwei Millionen Euro kostete er. Im November 2011 kam es zur feierlichen Eröffnung der Fußgänger-Achterbahn.
Die Skulptur ist 40 Meter hoch. Komplett begehen kann man sie natürlich nicht. Da die Schwerkraft auch für Kunst keine Ausnahme macht, ist der Looping abgesperrt. So läuft man als motivierter Besucher von jedem Ende aus bis zum Gitter und wieder zurück. Dabei kommt man bis auf 13 Meter (was sich angesichts der durchsichtigen Stahlkonstruktion unter den Füßen schon recht hoch anfühlt).
Wie kommt man hin zum „Magic Mountain“?
Obwohl ich die Sehenswürdigkeit als „Tiger & Turtle“ kennengelernt und immer nur unter diesem Titel von ihr gelesen habe, ist vor Ort eher der „Magic Mountain“ ausgeschildert. Ich bin mir nicht sicher, ob es funktioniert, einfach nach Duisburg zu fahren und dann den Schildern zu folgen. Da ich bei sowas immer skeptisch bin, habe ich vorher auf GoogleMaps die Lage gepeilt.
In der Tat ist das Parken bei „Tiger & Turtle“ nicht ganz unproblematisch. Ich habe gelesen, dass neue Parkplätze in Planung sind. Fürs erste gibt es eine kostenlose Parkbucht an der Ehinger Straße, wo sich auch die nach dem Kunstwerk benannte Bushaltestelle befindet.
Von dort sehen wir schon den Looping auf dem Berg (der eigentlich eine Abraumhalde der benachbarten Zink-Zeche ist, die 2005 geschlossen wurde). Ein breiter, asphaltierter Weg scheint direkt darauf zuzuführen. Wir fallen darauf rein, werden aber netterweise von einem Radfahrer gewarnt, der uns entgegenkommt. Mit der Straße im Rücken müssen wir zunächst nach rechts gehen, wohin auch die braunen Wegweiser zeigen. In einem weiten Bogen, der sich schließlich zur Spirale formt, nähern wir uns dann der Achterbahn an.
Meine Wanderkinder motzen ein bisschen angesichts des wenig attraktiven Teerwegs, der, abgesehen von rechtwinkligen Kurven, schnurgerade bergauf führt. 1,5 Kilometer sind es, unter diesen Umständen schon eine gewisse Strecke. Es gibt mehrere Möglichkeiten, querfeldein abzukürzen, aber bei den vielen Besuchern hinterlässt das unschöne Trampelpfade, an deren Entstehung wir uns nicht beteiligen wollen. Immerhin gehört die Spirale mit zur Aussage des Kunstwerks. Neufindung des Standorts Ruhrgebiet und so, Neuschöpfungen aus Althergebrachtem, Bewegung und Stillstand. Der letztgenannte Gegensatz ist es wohl, der zum Titel des Kunstwerks geführt hat.
„Gehste hoch, kannste runtergucken“
Und was macht man so, wenn man bei „Tiger & Turtle“ endlich angekommen ist? Die Wahrheit ist: So richtig viel machen kann man da natürlich nicht. In einer halben Stunde ist man durch mit der Angelegenheit.
Aber die (kostenlose!) Besteigung des Kunstwerks ist natürlich eine spannende Sache, auch und gerade für Kinder. Auf und ab geht es über die Stufen, und praktisch nach jeder Kurve bietet sich ein neuer Blickwinkel auf die Stahlkonstruktion selbst und auf die unter uns liegende Industrielandschaft.
Wir sehen den Rhein, die Schlote der Schwerindustrie, die Hüttenwerke von Krupp Mannesmann. Und erstaunlich viel Grün (das verblüfft mich am Ruhrgebiet immer wieder, wo ich doch immer Klischee-Grau erwarte).
Besonders schön soll auch der Besuch bei Dunkelheit sein, wenn die Skulptur beleuchtet ist und vor allem auch die Lichter Düsseldorfs inklusive Flughafen was her machen.
So lange wollen wir an diesem Sommertag aber nicht warten. Einen Geocache fischen wir noch auf dem Rückweg aus den Hecken (einen von vielen, Geocaching lohnt sich schon, wenn man mehr Zeit auf dem „Magic Mountain“ verbringen möchte). Auch ein Getränk im Pappbecher am Kaffeestand verzichten wir.
Nach etwa einer Stunde stehen wir wieder am Parkplatz.
Was gibt’s in der Nähe von „Tiger & Turtle“?
Zum Glück war uns das schon von vornherein klar, dass die durchaus amüsante Zeitlupen-Achterbahnfahrt kein tagesfüllendes Programm darstellen würde. Wir haben also im Vorfeld schon geschaut, was für Sehenswürdigkeiten und Attraktionen das Ruhrgebiet in der Nähe des „Magic Mountain“ für uns bereithält.
Unser Schlüssel sind, wie gesagt, unsere noch gültigen Ruhr.Topcards (das sind – Achtung, unbezahlte Werbung! – in meinen Augen sehr attraktive Sammel-Eintrittskarten bzw. Ermäßigungskarten für viele, viele Attraktionen des Ruhrgebiets; in diesem Post hier habe ich das Konzept ausführlicher erklärt). Die Jungs dürfen sich also einfach was aus der Liste aussuchen. Die einzige Bedingung, die ich ihnen stelle, ist, dass es nicht zu weit von unserer Fahrstrecke entfernt sein darf.
Aquapark Oberhausen
Silas wählt den Aquapark Oberhausen aus, ein Spaßbad im Zechen-Design. Er liegt quasi direkt neben der A42, und wir kommen auf unserem Weg zu „Tiger & Turtle“ fast genau dran vorbei (eine knappe halbe Stunde Fahrzeit ist es dann noch zur Kunstinstallation). Also verbringen wir dort den Vormittag, bevor wir unsere Achterbahn antreten.
Dass wir nur drei Stunden Zeit haben, erweist sich als kein Problem. Das Bad ist ziemlich nett gemacht. Das Dekor mit Förderturm unter der Glaskuppel und Bergwerksloren, die sich mit Wasser füllen und dieses bei einem bestimmten Füllstand über die quietschenden Badegäste ausschütten, ist wirklich mal was anderes. Aber besonders groß ist es nicht. So haben die Jungs zwar eine Menge Spaß, sind aber nicht traurig, als ich nach relativ kurzer Zeit zur Weiterfahrt pfeifen muss.
Moonlight-Minigolf in Duisburg
Janis‘ Wahl fällt auf die Moonlight-Minigolf-Anlage in Duisburg, die Inhabern der Ruhr.Topcard 50 Prozent Rabatt gewährt. Normalerweise machen wir um solches „organisiertes Amüsement“ eher einen Bogen. Aber gut, für den reduzierten Preis nehmen wir den Spaß einfach mal mit. Außerdem ist die Anlage wirklich nicht weit vom „Magic Mountain“ entfernt.
Die Minigolf-Partie in der Dunkelheit ist dann tatsächlich eine witzige Angelegenheit. Der Kunstfaktor der bunten Neonbilder, die überall um uns herum im Schwarzlicht leuchten, bleibt natürlich hinter der „echten“ Kunst von vorhin zurück. Aber ein Erlebnis ist das Eintauchen in die verschiedenen Themenwelten der Bilder doch. Und Minigolf schult die Motorik und die Hand-Auge-Koordination und ist alleine deshalb schon immer eine gute Idee mit Kindern.
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Transparenz-Hinweis: Unser Aufenthalt im Ruhrgebiet war diesmal ganz unsere eigene Sache, unsere eigene Idee. Der Zugang zu „Tiger & Turtle“ ist ohnehin völlig kostenlos und frei. Wir haben aber – wie ja deutlich im Text erwähnt – die Ruhr.Topcard benutzt, die uns von RuhrTourismus im Rahmen einer anderen Aktion kostenlos zu Recherchezwecken zur Verfügung gestellt wurde.
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