In Warburg landen wir wie in so vielen kleinen deutschen Städten: Auf der Autofahrt von A nach B brauchen wir ein Zwischenziel. Wir gucken uns die Strecke auf der Karte an und wählen irgendwas, das auf der Route liegt und interessant klingt. Mit Warburg haben wir dabei einen echten Glücksgriff getan.
Idealer Zwischenstopp
Es ist der letzte Tag unserer Herbstferien. Eine gute Woche lang sind wir quer durch Bayern getourt und haben im Bayerischen Wald, in Bad Reichenhall und München eine spitzenmäßige Zeit gehabt. Eine letzte Übernachtung haben wir uns in Fulda gegönnt (auch so eine tolle Zufallsentdeckung). Jetzt sind wir auf dem Heimweg ins Schaumburger Land. Aber bevor wir das erreichen, brauchen wir noch mal eine Pause, um unsere Beine auszustrecken und eine Kleinigkeit zu essen.
Warburg liegt direkt an der A44. Und auch wenn das bei weitem nicht sein größter Vorteil ist, so ist es doch der Punkt, der für uns den Ausschlag eines Kurzbesuchs gibt.
Warburg – was ist das eigentlich für eine Stadt?
Als allererstes schmeißen wir Wikipedia an. Schließlich wollen wir wissen, wohin es uns hier verschlagen hat.
Wir befinden uns im Kreis Höxter am südöstlichen Rand von Nordrhein-Westfalen. Das Städtchen hat 24.000 Einwohner, war früher Hansestadt und darf mit reichlich erhaltener mittelalterlicher Bausubstanz protzen.
Warburg in Mittelalter und früher Neuzeit
Schon seit dem 13. Jahrhundert teilt sich Warburg in Altstadt und Neustadt. Beide hatten ihr eigenes Rathaus mit eigenem Bürgermeister. Ein halbes Jahr hatte der eine, ein halbes Jahr wieder der andere das Sagen. Erst 1568 wurde ein „Rathaus zwischen den Städten“ gebaut, in das dann ein einziger Vollzeit-Bürgermeister einzog.
Im 30-Jährigen Krieg litt Warburg sehr. Die Bevölkerung sank von 16.000 auf unter 2.000 Einwohner im Jahr 1648. Die letzten Schulden aus dieser Zeit konnte die Stadt erst Ende des 19. Jahrhunderts begleichen.
Warburg im Dritten Reich
Der Nationalsozialismus brauchte lange, um in Warburg Fuß zu fassen. 1928 entfielen nur acht einzelne Stimmen auf die NSDAP. Auch 1933 lag sie nur bei knapp 22 Prozent, während die Zentrumspartei (ein Vorläufer der CDU, kann man vereinfachend sagen) immer noch satte 67 Prozent besaß. Die Nazis drückten trotzdem einen der Ihren als Bürgermeister durch. Die Zentrumspolitiker wurden eingeschüchtert oder kaltgestellt. Die bedeutende jüdische Gemeinde verstreute sich. Wer nicht rechtzeitig floh, wurde deportiert und starb im KZ.
Warburg heute
Gute Nachricht für Familien mit Kinderwagen und andere, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind: Nach langer Zeit der Bauarbeiten ist der historische Stadtkern von Warburg inzwischen zu einem Modellprojekt der Barrierefreiheit geworden.
Interessant auch: Warburg ist deutscher Sitz der syrisch-orthodoxen Kirche. Die christliche Minderheit des arabisch geprägten Staates hat im Jahr 1997 in einem aufgelösten Dominikaner-Kloster in Warburg Quartier bezogen und zu einem Bischofssitz ausgebaut. Von hier aus kümmert sie sich nun um jene ihrer Schäfchen, die es nach Deutschland verschlagen hat. Etwa 60 syrisch-orthodoxe Familien leben heute in Warburg, sagt Wikipedia. (Vermutlich sind es seit Ausbruch des Syrien-Krieges mehr, würde ich schätzen.)
Sehenswürdigkeiten in Warburg
Wir haben bei unserem Kurzbesuch kein ernsthaftes Sightseeing betrieben. Im Café Blome (siehe unten) haben wir aber einen sehr guten Flyer erhalten, der einen Rundgang entlang aller Highlights beschreibt. Das Faltblatt mit 32 Sehenswürdigkeiten in Warburg gibt es kostenlos auch in der Tourist Information auf dem Marktplatz der Neustadt (Hauptstraße 55).
Vor allem alte Bauwerke hat Warburg demnach vorzuweisen. Ein paar Highlights:
- Burg Desenberg lohnt sicher einen Abstecher. Die Burgruine ist frei zugänglich. Es gibt einen begehbaren Burgfried.
- Der Sackturm mit dazugehörigem Sacktor stammt aus dem Jahr 1443. Er ist der höchste der fünf erhaltenen Warburger Türme.
- Der Chattenturm ist noch älter (13. Jahrhundert) und bietet eine wunderbare Aussicht auf die Altstadt. Um zu ihm zu gelangen, schlendern wir über den ebenfalls hübschen und sehenswerten Friedhof.
- Die übrigen drei Türme heißen Johannisturm, Frankenturm und Biermannsturm. Wir haben sie nur aus der Ferne gesehen. Dann gibt es noch den Efeuturm, der nur noch als hübsch bewachsener Stumpf erhalten ist.
- Das Museum im „Stern“ zeigt die Stadtgeschichte. (Wir haben es uns leider nicht ansehen können, da die Zeit nicht reichte.) Der Eintritt ist sogar frei, alles weitere zu Öffnungszeiten etc. steht auf der Homepage.
Schönes Café in Warburg: Café Blome
Ich bin bekennende Kaffeetante (obwohl ich nur Cappuccino und Tee trinke). Eine Einkehr in einem schönen Café gehört für mich zu einem gelungenen Ausflug dazu. Ein besonderes Faible habe ich dabei für plüschig-altmodische Cafés.
Eins von der Sorte, in dem vor 30 Jahren die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, hat Warburg zu bieten. Das Café Blome ist eine traditionelle Konditorei mit reichlich Sitzplätzen. Die Einrichtung erinnert mich an die alten Kaffeehäuser in Wien und Prag: schlicht, viel Holz, ganz viel Geschichte. Auf der Tischdecke steht eine kleine Vase mit echten Blumen neben dem altmodischen dickbauchigen Zuckerstreuer. An der Garderobe hängt die aktuelle Lokalpresse an Zeitungsstöcken. Die Toiletten sind tiptop sauber, aber Zeitmaschinen in die späten 70er.
Und der Kuchen ist der Hammer: richtig lecker und eben auch ganz wie zu Omas Zeiten. Janis kriegt leuchtende Augen, als er den Frankfurter Kranz in der Auslage entdeckt. „Ich liiiebe Frankfurter Kranz“, verrät er der Inhaberin im besten Oma-Alter – und bekommt prompt ein besonders großzügiges Stück abgeschnitten.
Adresse: Café Blome, Sternstraße 39, Warburg.
Fazit unseres Kurzbesuchs in Warburg
Wir sind wirklich froh, dieses hübsche kleine Städtchen entdeckt zu haben! Für eine Pause abseits der Autobahn ist Warburg ideal. Einen halben – oder mit Museumsbesuch vermutlich sogar ganzen – Tag kann man hier bestimmt gut verbringen.
Wenn es mal wieder passt, kommen wir gerne noch mal nach Warburg!
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[…] bei Lena von Blog Family4travel gibt es auch eine Betrachtung der Stadt […]
[…] Marie schreibt über Warburg – und war tatsächlich im gleichen Café wie ich […]
Marie verwechselt Alt- und Neustadt. Ganz einfach: Die Altstadt liegt unten im Tal der Diemel, die Neustadt oben auf dem Berg
Zum Glück gibt es promovierte weise Männer, die Dummerchen wie mich auf solche Fehler aufmerksam machen. Sogar wenn der Herr Doktor so beschäftigt ist, dass ihm keine Zeit für den wesentlichen Teil meines Vornamens bleibt.
Danke für den informativen Bericht über Warburg. Lesenswert auf jeden Fall💚
Vielen Dank für das Feedback!