Weimar ist nicht groß, aber hier konzentriert sich deutsche Geschichte quasi in Sirupqualität. Außerdem ist es ein hübsches Städtchen – ein Tages- oder Wochenendausflug lohnt sich hier nicht nur für Goethe-Romantiker und Freizeit-Historiker, sondern auch für Familien wie uns. Unser Erfahrungsbericht über Weimar mit Kindern.
Kurztrip durch die Geschichte Weimars
Der heute rund 63.000 Einwohner fassende Ort in Thüringen ist buchstäblich schon seit Urzeiten besiedelt. Im Mittelalter erhoben die Grafen zu Weimar und Orlamünde die Ansammlung von Ortschaften dann zur Stadt.
Als Hauptstadt des Herzogtums Sachsen-Weimar gab sie im 18. Jahrhundert Goethe, Schiller und Konsorten ein Zuhause und der Weimarer Klassik ihren Namen.
Gleich zwei Mal verabschiedeten Volksvertreter hier die erste deutsche Verfassung – einmal 1816 die eines Kleinstaats innerhalb des Deutschen Reichs. Und dann konstituierte sich 1919 hier im Nationaltheater die erste deutsche Demokratie – die Geburtsstunde der Weimarer Republik.
Auch im traurigen Kapitel des Nationalsozialismus spielte die Stadt mit dem nahe gelegenen Konzentrationslager Buchenwald eine Rolle.
Rundgang durch Weimar mit Kindern
Wir tasten uns mit einem Spaziergang beim erweiterten Familienausflug an das historische Schwergewicht heran. Tante Kristina hat ein prima Hilfsmittel dafür im Internet organisiert: Das bunte Heftchen „Weimar für Kinder mit dem Gänsemännchen“ führt uns an vielen interessanten Orten vorbei und gibt uns ein paar erklärende Stichworte. [Leider scheint das Heft inzwischen nicht mehr aufgelegt zu werden und vergriffen zu sein.]
Der Rundgang durch Weimar mit Kindern beginnt am Platz der Demokratie. Janis liest den Vorstellungstext des Gänsemännchens vor, das unser Reiseführer für die Weimar-Wanderung sein möchte und eigentlich den Brunnen vor Schillers Wohnhaus ziert.
„Warum fängt der Rundgang denn dann nicht da an?“ fragt Janis irritiert. Gute Frage.
Da wir sowieso noch auf Oma, Opa, Tante Kristina und die kleine Emily warten müssen, schauen wir uns den Rundgang durch Weimars Innenstadt auf der Karte im Heftchen mal genauer an. Wir kommen zu dem Schluss, dass den Machern aus dem Stadtmarketing wohl mehr der Zielpunkt des Rundgangs am Herzen lag: das große Atrium-Einkaufszentrum, wo den Eltern ein ausgiebiger Bummel empfohlen wird, während die Kinder sich im Kino oder im Indoor-Spielplatz vergnügen. Hm.
Die ganze Strecke von mehreren Kilometern schaffen wir heute sowieso nicht. Zu unterschiedlich sind die Interessen unserer kleinen Reisegemeinschaft.
Vor allem für den 9-jährigen Janis erweist sich das Heftchen für Weimar mit Kindern aber doch als prima Motivation. Geschäftig nimmt er sich den bunten Stadtplan vor und führt uns nicht ganz treffsicher, aber doch sehr bemüht den Weg am Residenzschloss vorbei und über die Ilm in den Goethe-Park.
Entdeckungen im Park an der Ilm
Im Sommer muss es hier herrlich sein! Im Moment sind die Bäume zwar kahl und der Himmel ist grau, aber die Kinder haben trotzdem einen Heidenspaß an dem klaren Leutra-Bach, der die geheimnisvolle Grotte der Sphinx umspült. Vom Gänsemännchen lernen wir, dass die kreisrunde Quelle nebenan Ochsenauge heißt.
Goethes Gartenhaus macht im Februar ebenfalls einen leicht trostlosen Eindruck, aber wir entdecken Schneeglöckchen und Winterlinge in den Beeten zur Südseite hin.
„Können wir da mal reingucken?“ fragt Janis.
Wir entscheiden uns dagegen, denn von einer Besichtigung vor Jahren kann ich mich – abgesehen von Goethes Stehpult – an nichts wirklich Beeindruckendes erinnern, und ohnehin haben die Jungs zum großen Dichterfürsten noch herzlich wenig Bezug. Außerdem ist unsere Thüringer Verwandtschaft pünktliches Mittagessen gewohnt, und die 5-jährige Emily findet, dass der Spaziergang jetzt wirklich lange genug gedauert hat.
Römisches Haus und Schlangenstein lassen wir also schweren Herzens links liegen. Das Borkenhäuschen wollen sich die Jungs aber nicht entgegen lassen – ein Haus aus Baumrinde, in dem der Herzog Carl August „gezeltet“ hat, wann immer ihm im Palast die Decke auf den Kopf fiel, das muss man schon gesehen haben, finden sie.
Und auch die künstliche Ruine lockt, die die romantischen Geister zu Goethes Zeiten haben errichten lassen. Noch romantischer wirkt heute die echte Ruine des Tempelherrenhauses, die damals noch eine intakte Örtlichkeit für ausgelassene Feste war und erst durch eine Bombe im zweiten Weltkrieg ihre heutige pittoreske Form erhielt.
Mittagspause in Weimar mit Kindern
Nun eilen wir aber auf schnellstem Wege in die nächste Gastwirtschaft. In der schlichten Pizzaria La Perla direkt am Frauenplan und schräg gegenüber von Goethes Wohnhaus kriegen wir problemlos einen Tisch für sieben Personen und werden für wenig Geld satt.
Wir begleiten die Verwandtschaft noch ein Stück Richtung Auto und zählen auf dem Marktplatz nicht weniger als drei Verkaufsstände für Thüringer Rostbratwürstchen. Auch das gehört hier zum Kultur-Erlebnis, klar.
Ohne Goethe und Schiller geht in Weimar nichts
Den Rest der Stadt erkunden wir zu dritt. In der Schillerstraße finden wir dessen Wohnhaus und endlich auch unser Gänsemännchen. Wie wir inzwischen wissen, gibt es denselben Brunnen in Nürnberg noch einmal; dieser hier ist eine Kopie, die wie so vieles in dieser Stadt wohl auf Goethes Initiative zurückgeht.
Das Heftchen macht uns auf das Wittumspalais aufmerksam, in dem Herzogin Anna Amalia nach dem Tod ihres Gatten gelebt hat. Zu jeder Sehenswürdigkeit gibt es maximal eine Handvoll Sätze zu lesen, was uns ein bisschen wenig ist. Zum Glück ist es nicht schwer, sich zusätzliche Informationen zu besorgen (und wenn es nur der Wikipedia-Artikel übers Smartphone ist).
Vor dem Nationaltheater begegnen wir den beiden Gestalten, von denen ich den Jungs schon die ganze Autofahrt über erzählt habe. Sich vor dem Dichterpaar fotografieren zu lassen, scheint für jeden Touristen hier zum guten Ton zu gehören.
Im Theater dahinter wird täglich Weimarer Klassik geboten, oft sind auch Aufführungen für Kinder dabei (sagt zumindest das Gänsemännchen). Auch diese Institution war eine Idee des Geheimrats Goethe, der den Großteil seiner langen Lebenszeit in der Stadt verbrachte. In diesem Gebäude hat später die Nationalversammlung der Weimarer Republik ihre Verfassung gegeben.
Zum Abschluss noch auf den Spielplatz
Auf der Suche nach einem Spielplatz stellen wir fest, dass die vom Gänsemännchen angegebenen Orte nicht notwendigerweise Spielgeräte bereithalten und sich der Umweg zur Weimar-Halle nicht lohnt.
In den Altstadtgassen hinter dem Bauhaus-Museum finden wir schließlich immerhin ein Klettergerüst, auf dem Handy-daddelnde Jugendliche und meine Rabauken eine friedliche Koexistenz führen.
Nette kleine Boutiquen laden überall zum Stöbern ein (wenn man keine zwei Jungs dabei hat). Ich könnte jetzt auf einen Cappuccino, aber damit haben wir kein Glück. Das Café Mamo in der Marktstraße, das sich mit Spielecke und Speisekarte ganz auf Familien eingestellt hat, ist ebenso voll wie die drei anderen Etablissements, in die wir unsere Nase stecken. Merke: Wer sich erst um vier Uhr zum Kaffeetrinken entschließt, hat in Weimar schlechte Karten.
Unser Fazit zu Weimar mit Kindern
Den Weimar-Reiseführer für Kinder empfehle ich für Kinder ab ca. 8 Jahren, zusätzlich zu umfangreicheren Informationsquellen für die Eltern.
Bei mehr Zeit hätte ich uns noch einen Besuch im Stadtmuseum verordnet, der wahrscheinlich mehr Bezug zur Geschichte dieses Ortes geschaffen hätte.
Der günstigste Parkplatz für den Kinder-Rundgang ist das Parkhaus am Goethehaus, das 1,40 Euro pro Stunde kostet.
Mehr Ausflugsziele für Familien in Thüringen
Obwohl wir der Verwandtschaft halber häufiger in Thüringen sind, bleibt eben aufgrund der Familienbesuche selten Zeit für echte Ausflüge und um darüber zu bloggen.
Immerhin drei weitere Ziele habe ich hier im Blog beschrieben:
- Unterkunft: „Harzer Gastlichkeit“ im „Braunen Hirsch“
- Die Barbarossa-Höhle im Kyffhäuser: Des Kaisers unterirdischer Palast
- Planetarium Jena: Weißt du, wieviel Sternlein stehen?
Noch mehr Infos direkt zu Sehenswürdigkeiten in Weimar haben die North Star Chronicles.
Ausflugsziele in ganz Deutschland
Noch viel mehr Reise- und Ausflugsziele – aktuell mehr als 120 – haben wir in ganz Deutschland ausprobiert. Die komplette Liste, ständig aktualisiert und nach Bundesländern geordnet, inklusive Karte, gibt es hier:
Familienurlaub in Deutschland: Unsere Tipps und Empfehlungen von den Bergen bis ans Meer
Wir waren vor einigen Jahren zu Ostern in Weimar…haben quasi einen Osterspaziergang ala Goethe unternommen…Mir hat es super gefallen! Sehr lohnenswert ist auch das Schloss! LG Lotta.
War ich auf Hochzeitsreise! :-)