Wellness mit Kindern ist ja immer so eine Sache. Schließt sich das nicht gegenseitig aus? Als wir kürzlich in Familie die Rasul-Zeremonie im Center Parcs testen durften, kamen mir einige Zweifel. Dabei fiel mir unser Hamam-Abenteuer in Bursa wieder ein. Da haben wir nämlich ausprobiert, wie Kinder und Wellness in der Türkei zusammengebracht werden (können). Unsere Jungs schwärmen heute noch davon.
Die türkischen Badezeremonien kannte ich nur aus Erzählungen. Ich wusste, dass viele Spas und Wellness-Bereiche in Thermen und Hotels auch bei uns über ein Hamam verfügen (z.B. im Blog MS WellTravel gibt es einen Bericht von einem Hamam-Besuch in Hamburg). Da die aber meist nur mit extra gebuchter Behandlung zugänglich sind, bin ich noch nie drin gewesen, bis wir auf unserer großen Reise schließlich in der Türkei eintrudeln.
Zunächst habe ich auch dort nicht die Absicht, mir einen Besuch zu gönnen, denn wir sind ja mit Familie unterwegs, und das ist doch nichts für Kinder. „Oh, aber Kinder lieben Hamam-Besuche!“ ruft Gonca überrascht aus, als wir unsere Pläne für unseren Besuch bei ihrer Familie in Bursa besprechen. Es herrscht Mistwetter, Schnee ist angesagt, und Gonca empfiehlt uns Wellness statt Sightseeing. Sie erklärt uns, wie die Badehauskultur in der Türkei funktioniert. Öffentliche Hamams sind nach Geschlechtern getrennt und haben Gemeinschaftsbereiche, in denen die Besucher sich selbstständig mit warmem und kaltem Wasser abgießen, zwischendrin in Thermalwasser baden – falls ein solches Becken vorhanden ist – und sich in Ruhebereichen entspannen. Die Zeremonie mit dem Abseifen, die wir Westeuropäer fest mit dem Hamam-Begriff verbinden, ist für türkische Badegäste ein zusätzliches Extra, das man sich längst nicht jedes Mal gönnt.
Generell dürfen Kinder mit in solche Einrichtungen. „Aber ein richtig schöner Familienausflug wird es, wenn man sich ein privates Hamam bucht“, sagt Gonca. „Dann sind alle zusammen, die Kleinen dürfen ruhig spielen, und es kostet kaum mehr, als wenn jeder einzeln Eintritt zahlt.“ Das klingt verlockend. Goncas Mann Emin mobilisiert ein paar Bekannte, die sich in Bursas Hamam-Szene besser auskennen, und präsentiert uns schließlich das Hotel Kervansaray als bestes Angebot in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis und Familientauglichkeit. Für 90 Lira (entspricht aktuell etwa 27 Euro) buchen wir dort unser privates Mini-Hamam. Das Gebäude mit den typischen Kuppeln ist historisch, hier badeten schon in vergangenen Jahrhunderten wohlhabende Händler auf der Durchreise.
Durch die tanzenden Schneeflocken – die für die Westküste der Türkei auch im Januar nicht eben typisch sind – stolpern wir in das Badehaus, aus dem uns gleich warme, wohlriechende Luft entgegenschlägt. An der Rezeption melden wir uns an. Das Mädchen hinterm Tresen spricht kein Englisch und muss erst einen Kollegen rufen, aber nachdem wir mir dem kurz die Formalitäten geregelt haben, führt sie uns mit einem strahlenden Lächeln in unser kleines Paradies. Alles Nötige erklärt sie uns problemlos mit Gesten: Hier umziehen und relaxen, da im Marmorbecken planschen, dort mit kaltem Wasser abkühlen. Beschriftungen auch in englischer Sprache weisen uns den Weg zu Handtüchern und Badeschlappen im Schrank. Wenn wir wollten, könnten wir sogar den Hotel-Zimmerservice ins Hamam rufen und Getränke und Kleinigkeiten zu Essen bestellen – nur in den Loungebereich, versteht sich. Der ist genauso opulent ausgestattet wie das Bad selbst. Wir benutzen ihn sträflicherweise nur als luxuriöse Umkleidekabine, denn wir wollen unser Badevergnügen auskosten. Im Nassraum ist alles aus Marmor, auch die übergroße Badewanne, in die bequem die ganze Familie hineinpasst. Das Thermalwasser, für das Bursa bekannt ist, plätschert in rauen Mengen aus dem Maul eines Löwen.
Es ist ein großartiger, zauberhafter Ort. So ähnlich habe ich mir das Badezimmer der Vertrauensschüler in Hogwarts vorgestellt, in dem Harry Potter auf den Geist der Maulenden Myrthe trifft. Natürlich sind auch die Kinder begeistert, genau wie Gonca es versprochen hat. Sie planschen und juchzen und lenken den Spuckestrahl des Löwen quer durch den Raum. Und motzen, wenn wir sie in regelmäßigen Abständen unter den Hahn mit dem kalten Wasser schicken, denn unser Badewasser hat bestimmt 40 Grad, und in kürzester Zeit sind wir alle krebsrot im Gesicht. Einziger Minuspunkt der Angelegenheit: Durch all den Mamor ist der kleine Raum nicht eben schallisoliert, jeder glückliche Juchzer hallt, und das Rauschen des Wassers tut ein Übriges. Wer sich ruhig unterhalten möchte, muss entweder die Kinder zu Hause lassen oder einfach in die private Lounge nach nebenan gehen.
90 Minuten reichen für uns völlig aus. Genau als bei den Jungs die ersten Langeweilegefühle entstehen, ist es Zeit zum Abspülen und Anziehen.
Praktische Hinweise fürs Hamam mit Kindern
Wer im Türkei-Urlaub die Möglichkeit hat, ein privates Familien-Hamam zu buchen, sollte sich den Luxus unbedingt einmal gönnen! Die Angebote sind besonders in den Regionen mit Thermalquellen vielfältig. In Afyon in Westanatolien haben wir zwei Wochen später sogar eine Ferienwohnung mit eigenem Hamam gemietet, in dem das Thermalwasser unbegrenzt aus dem Boden quoll. In Deutschland werden Badezeiten in heilkräftigem Mineralwasser oft begrenzt, weil einige Inhaltsstoffe in Überdosis nicht mehr so gesund wirken. In der Türkei hat zumindest uns niemand solche Empfehlungen ausgesprochen, deshalb ist im Zweifelsfall eigene Recherche ratsam, vor allem bei Babys und Kleinkindern, die das Badewasser vielleicht auch noch schlucken.
Spezielle Ausrüstung ist nicht nötig für den Hamambesuch, man muss nichts mitbringen. Handtücher werden gestellt. Gebadet wird nackt (wobei es auch nicht verboten ist, sich Badesachen anzuziehen, wenn man das möchte). Und zumindest unser Separee in der Kervansaray war üppig ausgestattet mit kleinen Fläschchen von Shampoo und Bodylotion, Seife und sogar Duschhauben.
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