Wie an alle unsere alten Reiseberichte aus Polen, müsste ich mich an diesen unbedingt mal ransetzen und ihn etwas lesbarer und übersichtlicher gestalten. Fürs erste bleibt unser Besuch der Wolfsschanze ein „authentischer Reisebericht“. Will heißen: simpel abgetipptes Urlaubstagebuch. Sorry!
Dienstag, 14. Juli 2012
Gestern Abend haben wir noch mal leckeren Fisch im Hotel gegessen, dann E-Mails gecheckt und den Wikipedia-Artikel über die Wolfsschanze gelesen, während die Kinder auf dem Trampolin sprangen und mit den Katzenkindern spielten.
Heute Morgen haben wir es langsam angehen lassen. Gegen elf sind wir abgefahren.
Etwas mulmig war mir schon bezüglich unseres Trips zum Führerhauptquartier. Die Schilder, die dorthin wiesen, sahen arg nationalromantisch aus, und ich machte mir Sorgen, in eine Art Nazi-Ferienparadies zu geraten. Es waren dann aber doch deutlich weniger Springerstiefel unterwegs als weißköpfige Pauschalreisegruppen und polnische Schülertrupps.
Der Ort selbst war sehr beeindruckend. Wir sahen Betonmauern, die bis zu acht Metern dick waren. Die Trümmer der Bunker liegen in pittoresker Weise verstreut und sind mit Moos und Bäumen bewachsen.
Betreten sollte man keines der zerstörten Gebäude, überall wurde vor Lebensgefahr gewarnt. Anfangs nahmen wir das noch ernst, aber dann folgten wir doch den ausgetretenen Pfaden der anderen Touristen und wandelten fröhlich durch die Anlagen.
Fröhlich ist dabei natürlich das falsche Wort. Die Konfrontation mit der Geschichte des Dritten Reichs macht mich immer ziemlich fertig. Hier am Ort des missglückten Attentats des Oberst von Stauffenberg zu stehen, durch die Ruine der Baracke zu laufen und sich bewusst zu machen, wie viele Leben gerettet worden wären, wenn Hitler und seine komplette Führungsriege an jenem Tag im Jahr 1944 tatsächlich gestorben wären –
Ich habe versucht, den Kindern die geschichtliche Tragweite des Ortes zu vermitteln, und sie stellten auch viele kluge Fragen. Hauptsächlich sahen sie die Ruinen natürlich trotzdem als Abenteuerspielplatz.
Abenteuerlich war auch die Fauna: Abertausende Mücken haben uns trotz des teuren Mückensprays bei lebendigem Leibe aufgefressen.
Als wir über die unbefestigte Straße weiter Richtung Litauen hoppelten, fiel die Klimaanlage aus. Nun, ich schätze, es gibt Schlimmeres, auch wenn die Temperatur mittlerweile auf 27,5 Grad geklettert ist, und das um sieben Uhr abends.
Jetzt überqueren wir gerade die Grenze zu Litauen. Wir müssen die Uhr eine Stunde vor stellen. In der Gegenrichtung sehen wir viel Polizei, mehrere Laster werden kontrolliert. Ansonsten wirkt der Ort ähnlich unspektakulär wie jede andere EU-Binnengrenze, die ich gesehen habe.
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