Völlig planlos stolpern wir in die Yorkshire Dales und landen zufällig am Schauplatz meines Lieblingsfilms.
Wir sind um acht aufgestanden, aber bis wir zusammengepackt, gefrühstückt, unser Picknick vorbereitet und uns von unseren Couchsurfing-Hosts verabschiedet hatten, war es elf. Da es ohnehin regnete, verspürten wir keine Eile. Schon kurz nachdem wir Sheffield hinter uns gelassen hatten, klarte es jedoch auf, und die Temperatur stieg auf gut 20 Grad. Über den wunderbar blauen Himmel tanzten Schäfchenwolken. Wir sausten über den Motorway, der passenderweise einfach nur „The North“ heißt, und hörten etliche Kapitel vom „Herrn der Diebe“. Zwei Stunden später fuhren wir ab, um uns die Yorkshire Dales anzusehen. Dort waren wir noch nie, und so gewann diese Gegend diesmal gegen den Lake District, der ebenso (halbwegs) auf dem Weg gelegen hätte und ebenfalls bildschöne Landschaften bereithält.
Wir fuhren auf gut Glück einfach quer durch den Nationalpark und bestaunten die langgezogenen Hügelketten, die nach obenhin seltsam platt sind. Überall weiden Schafe, die Häuser sind komplett aus Feldsteinen erbaut, und es gibt noch mehr Mäuerchen als im Rest des Landes. Sehr hübsch. Außerdem gibt es massenweise Campingplätze und Attraktionen für Touristen. Als wir Hunger bekamen, entschieden wir uns, einem der braunen Schilder zu folgen, die zu den Aysgarth Falls wiesen und außerdem ein „national park visitor centre“ versprachen. Dort gab es nicht nur saubere Toiletten, sondern neben Souvenirshop und tea room (beides offenbar unverzichtbare Einrichtungen) auch in Spielstationen verpackte Informationen für Kinder. Ein hoch frequentierter Wanderweg führt einen knappen Kilometer bis zu den Wasserfällen, die schon den hochgelobten britischen Maler William Turner entzückt haben. Sonderlich atemberaubend sind sie freilich nicht, weder die Lower noch die Upper Falls, aber doch so mächtig, dass man nicht reinfallen möchte.
Hier war es, wo Kevin Costner als Robin Hood gegen Little John gekämpft hat – eine Schlüsselszene meiner Jugend, deren Dialog ich immer noch Wort für Wort mitsprechen kann. Nachdem ich davon auf der Informationstafel gelesen habe, lasse ich mir natürlich nicht nehmen, genau das zu tun, und gemeinsam mit meinen Jungs den dazugehörigen Spottvers von Will Scarlett zu schmettern: „Ein reicher Mann aus Nottingham, der wollte über den Fluss. Aber er war nicht schlau, fiel über ein Tau, da war mit der Reise Schluss…“
Unsere Mit-Touristen sehen uns etwas befremdet an, aber auf ihre Gesellschaft legen wir ja bekanntermaßen ohnehin wenig Wert. Wir entkommen ihnen, indem wir einen public footpath über eine distelbewachsene Weide nehmen und einen der vielen Hügel hinaufklettern. Oben haben wir eine fantastische Aussicht. Die Wasserfälle sehen wir zwar nicht, weil sie sich hinter den Bäumen verbergen, aber wir hören sie rauschen, als wir unser Picknick verputzen. Das besteht inzwischen bedauernswerterweise aus dem, was die Briten so euphemistisch „bread“ nennen, während wir es eher als „pappiges Toastbrot“ titulieren würden. Leider sind die zwei Laibe importiertes Vollkornbrot bereits aufgebraucht. Nun gut, wer A sagt, muss auch B sagen, und wenn in Rom oder eben auf der Insel…
Diesen Eintrag meines Reisetagebuchs habe ich am 16. August 2013 verfasst. Mehr England-Reiseberichte aus jenem Familienurlaub inklusive Karte gibt es in unserem England-Inhaltsverzeichnis. Chronologisch weiter geht es hier:
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